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Was versucht der Iran mit seinen Space Monkeys zu verbergen?

Was führt der Iran nun wieder im Schilde? Atomwaffen? Oder den Mond mit einem islamischen Affen-Kalifat besetzen? Alles ist möglich.
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Vor ein paar Tagen hat der Iran vermeldet, einen Affen ins All geschossen und den Kleinen auch wieder sicher zurück zur Erde geflogen zu haben. Dabei handelte es sich ganz offensichtlich um einen ersten Schritt des Irans, ebenfalls das Weltall zu erkunden. Die erste bemannte Mission soll voraussichtlich 2020 stattfinden soll.

Hey Iran, Hut ab! Die Amis schießen hilflose Affen seit den 40ern ins All, und die Russen haben ihren ersten Mann vor 50 Jahren hoch befördert.

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Versteht mich nicht falsch, ich bin total dafür, dass die Vorherrschaft der Industrieländer, von Richard Branson und Red Bull im Weltall anzufechten ist. Aber es ist schwer zu verstehen, weshalb ein Land, das weitaus dringendere Probleme hat, Millionen verschwendet, um Tiere in das große Unbekannte zu senden. Ihr haltet mich vielleicht für einen Zyniker, aber ich rieche den Braten. Der Iran hat sich schon zuvor mit irgendwelchen PR-Katastrophen ins Aus katapultiert. Und ich habe das Gefühl, dass diese eher unspektakuläre Reise ins All ebenfalls ein leicht zu durchschaubares Ablenkungsmanöver von einem Land ist, das sich am Rande des Ruins befindet.

Aber was hat der Iran zu verheimlichen? 

Nun, eine ganze Menge. Nicht einmal Mahmud Ahmadinedschad würde den Zorn der Tierschutzorganisation PETA auf sich zu ziehen, wäre da nicht ein dicker Fisch am Haken—die „Reise ins All“ ist in Wahrheit nämlich ein Langstreckenraketentest. Seit Jahren werden der Iran und sein nukleares Bestreben von den internationalen Medien mit großem Interesse verfolgt. Und wenn du Atombomben willst, dann brauchst du Raketen, um sie abzuschießen. Aber jedes Mal, wenn der Iran neue Raketen getestet hat, schreit der Westen vehement auf und erhebt noch mehr Sanktionen.

Und wie kann man die heftigen Reaktionen besser vermeiden, wenn nicht den nächsten Raketentest als harmlosen, scheinbar grenzwertig amateurhaften Versuch einer Weltallerkundung zu tarnen? Die Rakete, mit der der Affe ins All befördert worden ist, soll eine Höhe von rund 120 Kilometern erreicht haben. Obwohl das nicht der weiteste Weg ist, den eine iranische Rakete gereist ist, ist jeder Raketentest, der keine Unterstützung von Photoshop benötigt, ein großes, Angst einflößendes, den Imperialismus zerquetschendes „Fick dich“ in Richtung USA. Daher kann ich mir vorstellen, dass es sie ziemlich befriedigt.

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Die ominöse Nuklear-Anlagen-Explosion

Obwohl der Raketentestverschleierungsversuch die zweckmäßig beste Theorie ist, kommt der Weltallerkundungsversuch nach einer langen Periode schlechter PR für das iranische Regime. Die letzte misslungene Aktion war eine weitere Explosion in einer Nuklearanlage. Bei der Explosion in der Fordow-Anlage letzte Woche wurden 240 Arbeiter tief im Schacht eingeschlossen. Die Behörden haben ein Verkehrsverbot im Umkreis von 24 Kilometern angeordnet, um zu vermeiden, dass irgendjemand die Flammen mitbekommt. Man konnte die Flammen und den Rauch jedoch trotzdem Kilometer weit sehen.

Wie gewöhnlich fallen die Informationen eher spärlich aus. Daher gibt es zahlreiche Theorien darüber, was die Explosion verursacht haben könnte—ein Unfall oder ein Erdbeben sind zwei der wahrscheinlichsten Vorschläge. Manche behaupten, es sei ein weiterer Akt der Sabotage (etwas ziemlich Gewöhnliches in der iranischen Atomindustrie) oder ein präziser Luftschlag der USA, dem einzigen Land, das zu so etwas in der Lage wäre und ein großes Interesse pflegt, die nuklearen Ambitionen des Irans zu verlangsamen. Eine weitere Möglichkeit ist, dass es überhaupt keine Explosion gegeben hat und die Geschichte vom israelischen Geheimdienst  erfunden wurde. Denn Länder, die sich gegenseitig öffentlich einen reindrücken wollen, sind das neueste Ding.

Was auch immer die Explosion ausgelöst hat—sogar wenn sie gar nicht erst passiert wäre—, es bleibt ein peinlicher Zwischenfall für das Atomwaffenprogramm des Irans. Und gerade im Moment, wo die Beziehungen zwischen Iran, USA und Israel denen des Kalten Krieges gleichen, möchte der Iran natürlich nicht als Schwächling dastehen.

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Im Juni sind im Iran wieder Wahlen

Der Oberste Rechtsgelehrter Ali Chamene'i hat den Begriff „freie Wahlen“ als „einen Slogan der Anstifter der Revolte“ gebrandmarkt. Das Regime versucht, eine Wiederholung der Gewalt, wie sie sich nach den Wahlen 2009 zugetragen hat, zu verhindern. Daher wird gegen alle mit abweichenden Meinungen hart durchgegriffen. Pro-demokratische Aktivisten haben Briefe aus den Gefängnissen heraus geschmuggelt, in denen sie berichten, zur Strafe von Mithäftlingen vergewaltigt zu werden. Mitglieder der arabischen Minderheit sind dem harten Durchgreifen zum Opfer gefallen. Nun erwartet fünf Ahwazi die Todesstrafe für das „unsagbar böse Verbrechen”, die arabische Kultur unterstützt zu haben.

Dazu kommt, dass elf Journalisten am Sonntag verhaftet worden sind, weil sie „Kontakte zu Ausländern” hatten. Obwohl das im Grunde notwendig für ihre Arbeit ist, wenn man nicht nur hohle Artikel fürs Lokalblatt verfasst. Iran muss der Welt zeigen, dass die Wahlen im Land wirklich frei und rechtmäßig ablaufen und dass sie nicht die Presse behindern—ob national oder international. Aber die Ereignisse der letzten Zeit deuten auf das direkte Gegenteil hin, nämlich dass versucht wird, die Kontrolle über das Volk zu erlangen.

Das andere große Problem: die schwache Wirtschaftslage im Iran

Ein altes und wahrscheinlich noch größeres Problem für den Iran ist die schleppende Wirtschaftslage. Das Regime macht kein Geheimnis aus ihrem Interesse an der Nuklearforschung, wobei sich die Vereinigten Staaten, die EU und Israel sicher sind, dass diese Forschung keineswegs nur der Energiegewinnung dient, sondern auf die Entwicklung von Atomwaffen abzielt.

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Dabei ist es nur fair, dass die EU und die USA Nuklearwaffen haben, während im Nahen Osten keiner welche haben darf. Der Iran hat wegen seiner illegalen Nuklearanreicherung international mit drastischen Wirtschaftssanktionen zu kämpfen. Zusätzlich liegt die Inflation bei 30 Prozent, die Öleinnahmen gingen um 50 Prozent zurück (das Öl ist für 50 bis 60 Prozent der Staatseinnahmen verantwortlich), und auch die Arbeitslosigkeit und die Preise für Nahrungsmittel haben sich verschärft.

Die wirtschaftliche Misere hat letztes Jahr schon zu Unruhen geführt, und bis jetzt hat die Regierung wenig getan, um die Sanktionen abzumildern. Wenn die wirtschaftlichen Probleme mit den heiß erwarteten und konfliktbeladenen Wahlen zusammenfallen, stehen der iranischen Regierung schwere Zeiten bevor. Deswegen ist es egal, welche Gründe wirklich hinter dem Weltraumabenteuer stecken: Der Vorstoß ins All wird als Triumph iranischer Ingenieursleistung gefeiert und könnte die Stimmung im Land verbessern. Das wäre ein starker Vorteil für das Regime.

Und wenn es nun tatsächlich nur um die Erforschung des Weltraums ging? x

Dem Iran ist an nichts mehr gelegen, als es den westlichen Schweinen zu zeigen—ob das jetzt die „Erbeutung” einer amerikanischen Drohne war oder das Entsenden eines Affen in den Weltraum. Vielleicht haben wir das alle missverstanden, und es geht den Iranern nur darum, den Mond mit einem islamischen Affen-Kalifat zu besetzen? Das wäre der aufwändigste Witz aller Zeiten. Ich hoffe echt, das es so ist.

Ob es jetzt ein Ablenkungsmanöver ist oder nicht; der Iran hat ernsthafte innenpolitische Probleme, die die Einheit des Landes bedrohen, und darum muss sich das Regime endlich mal kümmern. Am vernünftigsten wäre es, wenn der Iran seine Atomanlagen für die UN-Inspektionen zugänglich machen würde, um alle Befürchtungen des Westens zu zerstreuen. Dann könnten die Sanktionen gelockert oder beendet werden—die Wirtschaft könnte einen Kickstart erleben und sich von diesem kompletten beschissenen Desaster erholen. Oder lasst die Inspektoren eben nicht ins Land, sodass die Sanktionen die Wirtschaft noch weiter ruinieren. Das Risiko für noch mehr Unruhen wird steigen, und am Ende habt ihr eine Revolution wie im Arabischen Frühling, pünktlich zu den Wahlen.

Leider für die Regierung werden Affen im Weltall daran auch nichts ändern.