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​In Deutschland gab es eine Groß-Razzia gegen die "Osmanen Germania"

Es geht um mehr als um klassische "Rocker-Kriminalität".
Foto: imago | Becker&Bredel

Am frühen Mittwochmorgen stürmten SEK-Beamte über 50 Wohnungen und Clubhäuser der "Osmanen Germania" in ganz Deutschland. Insgesamt waren bei der Razzia gegen den Rocker-Club, der sich nicht Rocker-Club nennen will, 1.500 Polizisten im Einsatz. Die Einsätze konzentrierten sich auf Hessen, wo die Osmanen im 30.000-Einwohner-Städtchen Dietzenbach ihr sogenanntes "World Chapter" betreiben.

Die Einsatzkräfte nahmen insgesamt sieben Personen fest. Drei von ihnen, darunter dem Präsidenten der "Osmanen Saar", werfen die Ermittler unter anderem versuchten Mord vor. Außerdem, so der Vorwurf, seien sie an einem Handgranatenanschlag vor einem Shishacafé in Saarbrücken beteiligt gewesen. Die Beamten beschlagnahmten mehrere Schusswaffen und Munition, Drogen, Speichermedien und 53.000 Euro Bargeld.

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Rechts: Der "President" der Berliner Osmanen | Foto: Grey Hutton

Der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) bezeichnete die Razzia als "einen sorgfältig geplanten Schlag gegen die organisierte Kriminalität". Der Rechtsstaat sende eine klare Botschaft, zitiert die Hessenschau den Politiker: "Egal in welcher Kutte Kriminelle glauben, sich in unserem Land betätigen zu können, wir werden gemeinsam mit aller Härte des Rechtsstaats gegen sie vorgehen."

Die Razzia scheint aber noch andere Gründe zu haben als den Kampf gegen reine "Erwerbskriminalität". Offenbar haben die Osmanen Germania nämlich auch eine politische Agenda. "Den Ermittlungsbehörden liegen Erkenntnisse vor, dass Mitglieder der Osmanen enge Kontakte zum türkischen Geheimdienst pflegen sollen", erklärte ein Beamter einem Bild-Reporter. "Es bestehe die Gefahr, dass Waffen, die unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen (z.B. Maschinenpistolen), zum Nachteil von kurdischen Gegnern auf Bundesgebiet eingesetzt werden könnten."

Das hessische LKA, das die Razzia koordinierte, hat mittlerweile aber erklärt, man könne "Mutmaßungen über bevorstehende und zu verhindernde Anschläge nicht bestätigen", und auch nicht die Verbindungen zum türkischen Geheimdienst. In einer späteren Pressemitteilung ging die Staatsanwaltschaft mit keinem Wort auf solche Verbindungen ein.

Wahr ist: Die Osmanen sind in den letzten Wochen immer wieder in Konflikt mit einer kurdischen Gruppe namens Bahoz ("Sturm") geraten. Diese, sich offenbar ebenfalls aus dem Rockermilieu rekrutierende Gruppe, bezeichnet sich selbst als ein "antirassistisches, antifaschistisches Projekt" und wirft den Osmanen Verbindungen zu den türkischen Rechtsextremen von den "Grauen Wölfen" vor. Bahoz selbst soll wiederum Verbindungen zu den kurdischen Separatisten von der PKK haben.

Die "entschlossenen Männer" von Bahoz fordern die Osmanen seit einiger Zeit immer wieder zu Auseinandersetzungen heraus. Mitglieder der beiden Gruppen sind seitdem schon in mehreren Bundesländern aufeinander losgegangen. Im April verletzten ein paar Osmanen einen Kurden mit Baseballschlägern so schwer, dass er auf die Intensivstation kam. Danach griff eine große Gruppe Kurden zwei Osmanen-Mitglieder vor dem Krankenhaus mit Messern und Baseballschlägern an.

Beamte nehmen Bahoz-Mitglieder bei einer Razzia in Saarbrücken in Gewahrsam | Foto: imago | Becker&Bredel

Seinen vorläufigen Höhepunkt erreichte der Konflikt dann im Saarland mit dem Anschlag auf die Shishabar im August. Am Vortag hatten Unbekannte eine Osmanen-Party überfallen, dabei waren auch zwei Schüsse gefallen, am Ende traf die Polizei aber nur einen Verletzten an. Die Vergeltung ließ nicht lange auf sich warten: Am nächsten Tag warfen Unbekannte eine Handgranate in eine Shishabar, in der sich die Bahoz oft treffen. Danach sollen sich Osmanen und Bahoz-Anhänger aus ganz Deutschland auf den Weg ins Saarland gemacht haben. Das versetzte die Polizei in erhöhte Alarmbereitschaft und sie führte mehrere Razzien durch.

Ob sie Verbindungen zum türkischen Geheimdienst haben oder nicht: Dass die Osmanen Germania bald wieder mit Bahoz aneinandergeraten, ist also gut möglich.