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Sex

Wegen Party-Fotos von besoffenen, fickenden Russen droht diesem Blogger Gefängnis

Anton Ilyushchenko repostete Fotos von einer wilden russischen Sexparty, nun drohen ihm bis zu sechs Jahren Haft.

Anton Ilyushchenko ist ein 27-jähriger Blogger aus Omsk in Russland. Eines Tages repostete er ein paar Bilder, die in einem Nachtclub in seiner Heimatstadt aufgenommen worden waren. Ich schätze, sie sind recht schockierend für jemanden, der noch nie zuvor im Internet unterwegs war, da die Menschen auf ihnen etwas härter zur Sache gehen als der durchschnittliche Partybesucher—man sieht schließlich nicht allzu oft, wie Menschen in einer Bar an eine Wand gelehnt Sex haben. Der Großteil besteht aber einfach aus nur lustigen Fotos von betrunkenen Menschen, die etwas tun, das sie wahrscheinlich am nächsten Morgen bereut haben. Um ehrlich zu sein, haben wir bei unseren Partynächten schon wildere Sachen gesehen.

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Diese Meinung scheint die russische Obrigkeit nicht zu teilen—Anton drohen jetzt nämlich sechs Jahre hinter schwedischen Gardinen. Obwohl er dabei bleibt, dass er sie nicht selbst aufgenommen hat, kamen die Bilder an die Öffentlichkeit. Die Polizei folgte den Links zurück zu Antons Blog und beschuldigen ihn jetzt der „Verbreitung von Pornografie“. Trotz der Tatsache, dass schon ein kurzer Ausflug zu Google zeigt, welch verdammte Menge Pornografie aus Russland kommt, steht darauf technisch gesehen noch immer eine Haftstrafe von zwei bis sechs Jahren. Anton hatte seinen Post zwar gelöscht, allerdings sind die Bilder auf einer Vielzahl von Internetseiten noch zu finden. (Darum stört es ihn auch nicht, dass wir sie hier zeigen.)

Letzte Woche informierte die Polizei Anton davon, dass das Verfahren gegen ihn auch weiterhin läuft, nachdem ein „Experte“ des Ministeriums für internationale Beziehungen drei der Bilder als Pornografie klassifiziert hatte. Gegen den ursprünglichen Fotografen wird übrigens nicht ermittelt, genau so wenig wie gegen den Nachtclubbesitzer—der, das sollte man erwähnen, wenn man Gerüchten glaubt, irgendwann mal für die Polizei in Omsk gearbeitet hat. Ich habe mich mit Anton in Verbindung gesetzt, um herauszufinden, wie es dazu kam, dass er womöglich sechs Jahre ins Gefängnis muss, weil er irgendwelche Fotos von einer Sauftour gepostet hat.

VICE: Hi Anton. Zu allererst kannst du mir ein bisschen von Omsk erzählen? Was ist das für eine Stadt?
Anton Ilyushchenko: Omsk ist eine ganz normale Provinzstadt mit einer Einwohnerzahl von etwas mehr als einer Million Menschen.

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Wie hast du diese Fotos gefunden?
Ich habe die Bilder durch einen Link in einem Internetforum für das Gebiet von Omsk gefunden. Der Link führte zu einer Gruppe bei VKontakte, Russlands beliebteste Social-Media-Seite.

Dachtest du, dass diese Fotos so einen Trubel auslösen würden, als du sie auf deinem Blog gepostet hast?
Nein, ich hatte keine Ahnung, dass es so einen Effekt haben würde. Ich wollte nur die Situation mit den Leuten diskutieren, die meinen Blog lesen. Und plötzlich gab es die ganzen Reposts überall im Land. Hätte ich gewusst, dass die Polizei gleich gegen mich ermitteln würde, hätte ich sie wahrscheinlich nicht gebracht.

Erzähl uns ein bisschen von dem Verfahren gegen dich. Was ist da mit der Polizei vorgefallen?
Ich bekam einen Anruf und wurde aufs Revier in Omsk beordert. Der Vorwand war, dass mein Name angeblich mit der Verbreitung von Betäubungsmitteln im Internet in Zusammenhang stand. So etwas habe ich aber nie getan. Nachdem ich dann auf der Wache war, bekam ich vom Ermittler einige Fragen zu dem Tumult gestellt, den die Fotos im Internet verursacht hatten. Sie hatten nie von den Drogenanschuldigungen gehört und zuckten nur die Schultern.

Wie bitte?
Ja. Ich habe gesagt: „Ein Kollege von dir hat mich angerufen und gesagt, ich müsste wegen dieser Drogensache auftauchen, aber du redest von etwas anderem.“ Der Polizist hat behauptet, er wüsste davon gar nichts. Ich verstehe immer noch nicht, warum die das so gemacht haben. Ich verstecke nichts. Wenn ich vorher davor gewarnt worden wäre, wie die Situation wirklich ablaufen würde, wäre ich trotzdem vorbeigekommen und hätte eine Aussage gemacht.

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Ich habe der Polizei erzählt, dass ich die Fotos im Internet gesehen habe und dass sie im Omsk-Forum diskutiert wurden. Sie haben mich gefragt, ob ich das Wort „Pornografie“ definieren könnte. Ich habe ihnen gesagt, dass ich keine exakte Definition parat hätte, und nicht geantwortet. Ich hab erzählt, dass mich die Bilder von den Nackten und Besoffenen schockiert hätten. Sie haben mich bereits dreimal aufs Revier bestellt, um Aussagen zu machen. Bisher war das allerdings nur als Zeuge.

Warum hat das Innenministerium Anzeige gegen dich erhoben und nicht gegen den Typen, der die Bilder geschossen hat, oder den Clubbesitzer?
Das Ministerium hat Anklage erhoben, weil Pornografie verteilt wurde. Die wissen immer noch nicht so wirklich, wem sie die Schuld geben sollen.

Stimmt es, dass der Besitzer vom Everest ein ehemaliger Polizist ist? Glaubst du, das könnte daran Anteil gehabt haben, dass Anklage erhoben wurde?
Ich hatte gehört, dass der Besitzer vom Everest vorher bei der Polizei gearbeitet hat. Wichtiger noch, sogar im selben Polizeirevier, in dem die Untersuchungen begannen. Die Polizei hat das geleugnet. Ich weiß nicht, warum die Anklage erhoben haben, aber das könnte ein möglicher Grund dafür sein.

Manche meinen, du lässt Omsk in einem schlechten Licht dastehen. Was sagst du dazu?
Ich habe Omsk nicht in einem schlechten Licht dastehen lassen. Ich habe einfach nur gezeigt, wie die Stadt wirklich ist.

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Was hältst du von den Fotos, die du aufgedeckt hast?
Die sind ekelhaft und abstoßend.

Warst du jemals selbst im Everest?
Ich war zweimal da. Aber ich habe nichts von der Anarchie gesehen, die auf den Fotos zu sehen ist.

Denkst du, die Fotos stellen Pornografie dar?
Nein. Nicht im geringsten. In jeder Definition von Pornografie in anständigen Quellen wird Erregung durch sexuelle Begierde erwähnt. Persönlich habe ich nicht diese Begierde, wenn ich mir diese Fotos anschaue. Und ich möchte auch keinen meiner Leser zu dieser Begierde anstiften. Ich sehe hier bloß Schmutz und Leute, die sich wie verfluchte Tiere verhalten. Diese Fotos erzeugen Abscheu, keine Erregung.

Was ist Pornografie dann?
Pornografie ist die Darstellung von Sex mit Nahaufnahmen der Genitalien. Davon gibt es nichts in diesen Fotos.

Denkst du, dass die Leute ein Recht darauf haben, Pornografie zu verbreiten?
Pornos zu verbreiten, ist nach unserem Gesetz illegal.

OK. Von deinem Blog weiß ich, dass du derzeit in Kasachstan bist. Hast du vor, nach Hause zu kommen? Russische Gerichte haben bei uns nicht den besten Ruf.
Ich bin tatsächlich schon zurück in Russland. Mir fehlen die Mittel, auf Dauer außer Landes zu sein.

Dir droht eine ziemlich lange Haftstrafe. Hast du Angst?
Ich habe keine Angst, für die Wahrheit zu kämpfen.

Welche Unterstützung hast du von anderen Russen bekommen?
Ich habe von einer Menge Leute Unterstützung bekommen. Sie haben mir gesagt, sie seien sogar bereit dazu, für mich auf die Straßen zu gehen. Ich möchte allen Leuten, die mich unterstützen, herzlich danken. Gemeinsam werden wir für Gerechtigkeit sorgen.

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