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Wenn Feiern zum Problem wird: So habe ich mit Drogen und Alkohol aufgehört

Ich war vielleicht nicht direkt dabei, mich umzubringen, aber mein Party-Lifestyle hatte wirklich einen unheimlich negativen Einfluss auf alles in meinem Leben.

Ich sollte gleich vorweg schicken, dass ich es hasse, wenn sich Leute in Kolumnen über ihre Lebensweise auslassen, die weder besonders außergewöhnlich noch besonders interessant ist. Es ist der Höhepunkt einer ganzen Wagenladung schrecklicher Dinge: Nabelschau, Selbstherrlichkeit und verwöhnte Arschlöcher, die keine echten Probleme haben, aber die Medien kontrollieren.

Natürlich kommt jetzt die Pointe des obigen Absatzes: Ich werde jetzt weit über tausend Wörter darüber erzählen, wie ich aufgehört habe zu trinken, weil es mich ein bisschen fertig gemacht hat. Sorry. Falls es irgendwie hilft, ein Teil meiner Absicht ist es, eine umfassendere Geschichte darüber zu erzählen, wie du die dummen Vorstellungen, die du in deiner Jugend vom Leben hast, überwinden kannst, um irgendwann richtig glücklich zu sein.

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MUNCHIES: Ein mutiertes Gen könnte Schuld sein, wenn du dich betrunken wie ein Vollidiot benimmst

Das letzte Mal, als ich getrunken habe, war um 3 Uhr morgens am 15. Juni auf einem Metal-Festival. Ich war dort, um darüber für die Arbeit zu schreiben, aber es war regnerisch und ich hatte jede Menge Koks und einen Wohnwagen, also saß ich das ganze Wochenende mit meinen Freunden im Wohnwagen und habe Koks genommen und dabei eine Chief-Keef-Playliste über meine iPhone-Lautsprecher angehört. Es hat echt Spaß gemacht, keine Frage. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt, dass ich eine Zeit lang Pause von meinem Ekel-Dasein machen wollte, und ich dachte mir, ein viertägiges Gelage mit Koks und Alkohol—Lines ziehen, während ein dickbäuchiger Marilyn Manson die alten Hits spielt—wäre der beste Abschluss meiner Exzesse. Ich hatte Spaß, doch am Ende jenen Wochenendes war ich ziemlich sicher, dass es aus und vorbei war.

Der Autor (mit Hund auf dem Arm) 2011 während seiner wilden Jahre in Texas

Ich bin seit meinem Cleanwerden ein paar Mal bei einem Therapeuten gewesen, und der scheint zu meinen, dass ich ein Problem habe—aber ich glaube, das muss er sagen. Ich kenne viele richtige Abhängige—Leute, die zu den Anonymen Alkoholikern und den Anonymen Drogenabhängigen gehen—, und ich war schon bei ein paar Beerdigungen, die mit Sucht zu tun hatten. Diese Leute sind wirklich in die Vollen gegangen. Aber auch ich habe an drei oder vier Abenden die Woche aggressiv viel getrunken und mit meinen Freunden Witze durch die Gegend geschrien.

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Ich habe auch jeden Freitag kranke Summen für Koks ausgegeben, bin bis Samstagvormittag aufgeblieben und habe den Rest meines Wochenendes in Paranoia und Traurigkeit verbracht. Natürlich habe ich meinen Job, meine Gesundheit und meine Beziehungen für all das leiden, welken und verkümmern lassen. Tun das nicht alle? Das gehört doch dazu! Und außerdem ist Nihilismus so ein duftes Gesprächsthema unter Freunden: „Letzte Nacht hab ich mein ganzes Geld für Koks ausgegeben und eine in die Fresse bekommen!" ist eine großartige Geschichte.

Der Unterschied zwischen mir und den Leuten, die genau so viel trinken und Drogen nehmen, wie ich es tat, und die dennoch glücklich und lebensfähig waren, ist, dass Nihilismus schon immer mein Ding war. Ich war ein wütender, idealistischer Teenager, in dem Leidenschaft für vieles brannte (eigentlich hauptsächlich für Punk und Mädchen), aber als ich in die 20er kam, änderte sich etwas. Ich hatte eine seltsame depressive Episode und war eine Zeit lang in einer psychiatrischen Anstalt.

Danach hörte ich vollständig auf, an irgendetwas zu glauben—Beziehungen, Jobs, Politik, die Zukunft. Es fühlte sich so an, als sei nichts es wert, dass ich mich darum kümmerte. Irgendwie denke ich, dass das daher gerührt haben muss, dass ich eine verwöhnte Göre war, die in den Bereichen, für die sie Leidenschaft hatte, keine unmittelbaren Erfolge verzeichnete und deswegen als Verteidigungstaktik aufhörte, sich um diese Dinge zu scheren. Doch damals glaubte ich, einfach nur dem Leben gegenüber ein gesundes Maß an Skepsis entwickelt zu haben. Allerdings war ich Anfang 20, also wurde daraus natürlich sofort ein ungesundes Maß an Skepsis.

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Meine schlechten Vibes wurden nur noch verstärkt, als ich merkte, dass ich ziemlich gut darin war, in schriftlicher Form ungesund skeptisch zu sein. Die Leute schienen meine gemeinen Musikrezensionen zu mögen. Auch anderes grausames, lustiges Zeug, das ich schrieb, schien gut anzukommen. Hauptsächlich nahm ich mir dabei einfach eine Band, eine Idee oder eine Person vor und zerlegte sie verbal. Ich stellte alles als sinnlos dar, denn im Kern ist doch sowieso alles sinnlos und nur ein schlechter Witz. Wenn jemand deine Texte und deine Meinung gut findet, dann bringt das wirklich sehr viel Bestätigung, also kam ich zu dem Schluss, dass ich mit dem Nihilismus recht haben musste. Das war ab dem Alter von 21 mein Ding, und das ist nun 11 Jahre her.

Der Autor nach einer 2CB-Überdosis

Wenn nichts einen Sinn hat und das Leben ein Witz ist, dann sind Alkohol und andere Drogen für zwei Dinge gut: Sie brechen auf unterhaltsame Art die unendliche Trübheit des Lebens in einer Linse des Drauf-Scheißens, und sie bieten einem die Möglichkeit, sich auf gezielte und humorvolle Art selbst zu zerstören. Nicht Selbstzerstörung im Sinne von Suizid. Mehr so Selbstzerstörung, bei der man seinen Job in den Sand setzt und sich aus Spaß wie ein Arschloch verhält—die Art eben, über die man am nächsten Tag Witze reißen kann.

Wenn du über längere Zeit hinweg auf diese Art trinkst und Drogen nimmst, passiert nie wirklich etwas—du stirbst nicht, du wirst nicht schwer krank, du verlierst keine Freunde (ein bisschen, aber nicht so richtig), du kriegst nie einen besorgten Anruf von deiner Schwester. Nein, du machst einfach weiter und bleibst genau gleich. Dein Leben wird weder besser noch schlechter. Du stagnierst—und zwar in einem versoffenen, grundlos gemeinen, faulen und beruflich minderwertigen Zustand.

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Und es ist diese Stagnation, die dir irgendwann zusetzt.

Also wurde ich ziemlich depressiv. Ich war schon immer ein ziemlich depressiver Typ gewesen, aber in den letzten drei Jahren habe ich immer wieder Antidepressiva genommen, hatte immer wieder Phasen mit Filmrissen, dreitägigen (Koks-)Katern, Panikattacken und paranoiden Episoden. Es gab keinen bestimmten Moment, als mir aufging, dass ich aufhören wollte—eigentlich hätten die Alarmglocken klingeln müssen, als ich mit 31 auf MDMA einen Treppenabsatz hinuntersprang, mir den Knöchel brach und eine siebenstündige Operation brauchte, aber ich glaube, am folgenden Wochenende bekam ich irgendwie ein Gramm in die Finger. Doch am Ende war ganz herkömmliche Eitelkeit sicherlich ein großer Faktor: Ich hatte angefangen, in Fotos alt, teigig, pummelig und traurig auszusehen, und ich wollte nicht, dass diese Adjektive auf mich zutrafen.

Der schlimmste Zustand, in dem ich mich je befunden habe—ich hatte zehn Tage lang durchgehend alle Drogen genommen und zwei Schläge ins Gesicht abgekriegt. Texas, 2011

Dann ging ich zu dem Metal-Festival und hörte danach auf. Leute, denen ich seitdem begegnet bin, haben mir erzählt, sie würden vielleicht auch gerne aufhören, aber sie wüssten nicht wie. Wenn du ein richtig echter Junkie bist, weiß ich nicht, was ich dir raten soll. Es gab in mir keinen chemischen Zwang zu trinken und Drogen zu nehmen. Ich habe sie genommen, weil ich es wollte und Spaß daran hatte. Aber wenn du dich in dem wieder erkennst, was ich hier bisher geschrieben habe, dann kann ich dir sagen, was ich getan habe, und vielleicht hilft dir das ja.

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Folgendes habe ich getan: Ich habe mir selbst—und auch meinen Freunden, was sehr wichtig ist—gesagt, ich würde eine Pause machen, und ich habe dafür drei Monate angesetzt. Ich habe mir diesen Zeitraum vorgenommen, damit ich nicht Panik bekam, weil es für immer war. So konnte ich eine Bierwerbung sehen oder eine lustige Drogengeschichte hören, ohne gleich von selbstmitleidigem Neid überwältigt zu werden. Stattdessen dachte ich mir: „Ach, egal, in ein paar Monaten mache ich das auch wieder." So bewahrte ich die Ruhe. Ich sagte meinen Freunden, ich würde eine Pause machen, damit ich mich zu sehr schämen würde, wenn ich es nicht durchhielt, denn es ist scheiße und peinlich, wenn man etwas ankündigt und dann nicht einhält. Tja, und dann habe ich einfach nicht getrunken, schätze ich. Drei Monate vergingen und schließlich wollte ich es gar nicht mehr anders haben.

Ich war überrascht, denn nach ein paar Wochen relativer (lähmender, magenumdrehender) Angstgefühle in sozialen Situationen, in denen ich nur wenige Leute kannte, balancierte sich alles irgendwie aus und jetzt geht es seit einer Weile eigentlich sehr gut. Ich glaube, die ersten Wochen sind immer die schlimmsten, aber in meinen ersten Wochen war mir das besorgniserregend fiese Runterkommen nach dem Metal-/Koks-Festival noch so frisch in Erinnerung, dass ich sehr entschlossen war, es durchzuziehen. In dieser Hinsicht hatte ich Glück.

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Wenn ich mir Sorgen über all diese Dinge mache, dann beruhigt es mich sehr, mir die Wikipedia-Liste der Alkohol-Abstinenzler anzusehen. Es ist ganz witzig, sich das durchzulesen, und es stehen eine Menge sehr cooler Leute auf der Liste, aber der Hauptgrund, warum ich es durchgehalten habe, ist der Unterschied, den die Nüchternheit in meinem Leben gemacht hat.

Als ich aufhörte, hoffte ein Teil von mir, die Veränderungen würden nicht zu drastisch werden. Auf diese Weise könnte ich es dann alles als völlig sinnloses Unterfangen abtun und wieder mittwochs Lines ziehen. Nervigerweise sind die Veränderungen in meinem Leben so riesig und unheimlich positiv, dass es offensichtlich eine furchtbare Entscheidung wäre, das cleane Handtuch zu werfen.

Der Autor nach mehr als drei Monaten Nüchternheit

Es dauerte etwa einen Monat, bis mein Geist klar wurde, doch als es geschah, fühlte ich eine gigantische Veränderung meiner geistigen Kapazitäten, meiner Stimmungen und Geisteszustände. Ich konnte diesen Unterschied sogar körperlich spüren. Ich konnte schneller und klarer denken. Ich wurde sofort besser in meinem Job, besser bei Unterhaltungen und besser darin, meine Gefühle auszudrücken. Meine Stimmung hob sich und ich wurde weniger impulsiv, weniger leicht von meiner Meinung abzubringen und selbstsicherer, was mich und meine Überzeugungen anging. Tatsächlich fing ich sogar an, Überzeugungen zu entwickeln—das ist eine wirklich große Sache. Ich mache jetzt tagsüber und an den Wochenende anständige Dinge.

Ich habe Hobbys entwickelt und meine Fotos werden veröffentlicht und ich mache Tattoos aus den Zeichnungen, an denen ich immer gearbeitet habe. Ich erinnere mich daran, meine Mutter anzurufen und meine Wäsche zu waschen. Ich habe abgenommen und bin fitter. Ich biete bessere Gesellschaft. Ich werde erwachsen. Im Grunde konnte ich einen Haufen seltsamer Gedanken loswerden, die ich schon seit ziemlich jungen Jahren mit mir herumgeschleppt hatte. Ich glaube, ich habe den Nihilismus endlich besiegt—oder ihn zumindest in einen Witz verwandelt statt in eine Lebensweise. Das Trinken und die Drogen und der Nihilismus waren alle miteinander verbunden und jetzt sind sie getrennt.

Ich denke, wir haben alle etwas, das wir mit uns herumschleppen, das wir wahrscheinlich nicht mit uns herumschleppen sollten. Es ist wirklich die Mühe wert herauszufinden, was diese Sache bei dir ist und sicherzugehen, dass sie dir nicht alles im Leben ruiniert, ohne dass du es überhaupt richtig bemerkst. Ich weiß nicht, ob ich wieder trinken oder Drogen nehmen werde. Vielleicht in ein paar Jahren, vielleicht nicht. Vielleicht war's das. Aber ich weiß ganz sicher, dass das Aufhören mich aus einer Endlosschleife des Elends geholt hat, in der ich seit über einem Jahrzehnt feststeckte.

Die ganze Sache hat meine Lebensqualität unheimlich verbessert. Mein Leben ist beileibe nicht perfekt—ich habe immer noch Dinge, mit denen ich klarkommen muss, aber wenn ich so weitergemacht hätte, dann hätte ich nicht einmal kapiert, dass es da etwas zum Klarkommen gibt. Ich will nicht lügen, ich vermisse es schon, mich mit meinen Freunden in Klokabinen einzuschließen, aber mein Leben ist unbeschreiblich viel besser ohne Drogen und Alkohol, obwohl ich kein „richtiges Problem" hatte. Ich glaube, das habe ich noch nicht genug betont: Es ist wirklich egal, dass ich mich nicht direkt umbrachte. Es ging mir hundeelend, und als ich aufhörte, ging es mir nicht mehr so.

Unglücklichsein allein war eigentlich schon ein ausreichender Grund, um aufzuhören. Wenn du das Gefühl hast, dass dich Alkohol und Drogen unglücklich machen, dann solltest du auch mal kurz aufhören und sehen, ob es dir damit nicht besser geht. Ich weiß nicht. Ich habe noch nie im Leben so etwas Aufrichtiges geschrieben und ich weiß nicht wirklich, wie ich abschließen soll, ohne scheinheilig oder moralisierend daherzukommen. Ich will nur sagen, wenn du traurig bist, finde heraus, warum du traurig bist, höre auf, die Dinge zu tun, die dich traurig machen, und von da an wird hoffentlich alles besser.