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The Noisey Guide to

Wie du dich auf einer Party als Musiknerd ausgeben kannst, ohne einer zu sein

Mit diesem Guide und einem gepflegt arroganten Blick wirst du auf der nächsten Party jedem vorgaukeln können, du wärst der größte Musiknerd aller Zeiten.

Foto © Nick Gazin

Die Annahme, dass soziale Gruppen wie Jus-Studenten, der Aufsichtsrat der Deutschen Bank oder westliche, in dritte Welt-Ländern stationierte Diplomaten eher unangenehm im Umgang und als Anwesenheit für eine abendlichen Veranstaltung wären, als beispielsweise Musikfans, liegt nahe. Doch weit gefehlt. Selbst wenn es von außen so scheint, als wären alle in der Musikszene coole Dudes, die vor Lässigkeit strotzen und deren Coolnessfaktor so summa cum laude ist, dass Jus-Studenten neidisch dreinblicken würden, gibt es bei Weitem Angenehmeres, als ein Gespräch mit einem richtigen Musiknerd zu führen—besonders wenn das Thema Musik ist.

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Du hast sicher auch diesen einen Musiknerd-Freund und warst bereits in der Situation, wenn du irgendeinen bescheuerten Musiker nicht kennst und von deinem Gesprächspartner angeschaut wirst, als hättest du soeben im gleichen Atemzug den Holocaust geleugnet und behauptet, dass Thom Yorke ein kommerzielles Arschloch ist. Präge dir den Gesichtsausdruck genauestens ein, denn mit ihm und diesem Guide wirst du auf der nächsten Party jedem vorgaukeln können, du wärst der größte Musiknerd aller Zeiten, und zwar ganz ohne dich durch 300 Jahre Musikgeschichte quälen zu müssen.

Sei todernst

Wenn du deine Sache richtig machen möchtest, solltest du fest davon überzeugt sein, dass Musik eher Wissenschaft als Kunst ist. Es gibt kein Geschmack. Es gibt keine Meinungen. Es gibt nur ,gut’ und ,schlecht’, nur ,richtig’ und ,falsch’. Hast du das verinnerlicht, kannst du leidenschaftlich diskutieren. Falls dir dafür die Expertise fehlt, widersprich dem Gesprächsverlauf einfach ständig und tu so, als wärest du zu Tode beleidigt, weil eben jemand gesagt hat, dass Schießmichtot kein gutes Album abgeliefert hat und Interessiertkeinesau wirklich keine gute Liveband ist. Dann schüttele vehement den Kopf und stottere so herum, als hätte dir die Aussage vor Empörung die Sprache verschlagen. Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, dreh dich einfach um und geh.

Sprich von intelligenter Musik

Jetzt, wo du weißt, dass Musik eine todernste Sache ist, kannst du auch endlich von oben herab mit Lehrer-Weisheiten um dich werfen. Vermeide Sätze wie „Musik macht mir Spaß“ oder „Ich weiß auch nicht, warum, ich höre es einfach gern“. Beharre viel eher darauf, dass es intelligente Musik gibt, die vor allem Akademiker und Singles mit Niveau hören. Musikrichtungen wie Avantgarde-,wahlloses Genre‘, Art-,wahlloses Genre‘, Jazz oder Intelligent Dance Music sind also genau deine Kragenweite. Wenn der Name der Musik bereits suggeriert, dass die Musik intelligent ist, wie bei eben genannten, umso besser. Wenn das nicht der Fall ist, musst du etwas nachhelfen. Beispiel: Wenn dir jemand erzählt, er könne mit dieser einen Band oder gar einem ganzen Genre nichts anfangen, entgegne Sätze wie „Früher habe ich das auch nicht verstanden“, „Da muss man erst reinkommen, bis man den Reiz versteht“ oder „Klar, das ist anspruchsvoll“ und vergiss dabei bloß nicht den selbstgefälligen Blick. Wichtig ist, dem anderen das Gefühl zu geben, er wäre noch nicht so weit.

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Denke dir ein seltsames Subsubgenre aus

Der Kern des Musiknerd-Spiels ist es, die Dinge zu kennen, die sonst keiner kennt, das zu feiern, das erst noch erfunden werden muss, und total genervt zu sein, wenn jemand anderes dasselbe kennt oder feiert wie du. Was ist also die Königsdisziplin des Musiknerdsein? Genau, etwas zu kennen, dass außer dir niemand sonst kennt. Also suche dir entweder ein Subsubgenre, das unfassbar bescheuert ist und sich nicht ohne Grund nicht durchsetzen konnte (besipielsweise Nintendocore), oder denk dir selbst eines aus und gib dem ein fancy Name. Sprich dann bei jeder Gelegenheit davon und betone, wie gut dieses Subsubsubgenregenre doch ist. Fragt jemand nach, wovon du denn sprichst, kannst du deinen geübt entsetzten Blick auspacken und ihm klarmachen, dass dieses Genre DAS neue Ding ist und die Kids voll darauf stehen.

Behaupte, du hörst Black Metal

Alle intelligenten Menschen und Musiknerds hören Black Metal. Du auch.

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Erzähl von deiner Vinylsammlung

Meine Güte, was sollst du nur ohne die Expedit-Regale machen. Es ist wirklich eine Schande, dass Ikea die aus der Produktion genommen hat, eine Tragödie möchtest du gar sagen. Letztens hast du als Ode das Produktfoto des Expedit-Regals als dein Chronikfoto auf Facebook aktualisiert. Klar, das hat viele Likes bekommen. Doch beim letzten Umzug ist dir beinahe das eine Expedit-Regal auseinandergefallen. Naja, das muss aber auch viel aushalten, ein Wunder dass es unter der enormen Last deiner Vinylsammlung überhaupt noch steht. Die Qualität ist ja nun nicht die allerbeste. Das war auch der Umzug, bei dem du deine Plattensammlung neu sortiert hast, statt alphabetisch jetzt also chronologisch. Und zwar nicht nach Erscheinungsdatum, das kann ja jeder, sondern chronologisch nach deinem persönlichen Erwerbsdatum, oder wie du es nennst: biographisch. Mensch, dein Freund/deine Freundin hat dich ja für verrückt erklärt. Haha. Hm.

Identifizier dich damit, lern die Geschichte auswendig, erzähl sie auf der Party. Hörst du jemand anderen, der diese oder eine ähnliche erzählt, halte dich von ihm fern. Er könnte dich enttarnen. Oder dein bester Freund werden. Und du willst beides nicht.

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Beherrscht du Photoshop? Das ist der Flur in deiner Wohnung.

Benutze viele Abkürzungen und englische Wörter

Um andere Leute zu verwirren und somit den Schein des Expertentums aufrechtzuerhalten, solltest du möglichst viele Begriffe benutzen, die fremdsprachlich oder abgekürzt sind. Denn wer vor Stagetime im Venue chillt und weiß, wer auf dem Event im Publishing, Booking und A&R arbeitet, der kennt wahrscheinlich auch den Host des Happenings und weiß, welcher Publication er den richtigen Gossip pitchen muss, um den ganzen Fame zu catchen. Wenn das alles zu verwirrend ist, sage in einem Gespräch über elektronische Musik einfach: „IDM ist doch inzwischen genau wie EDM total AC, oder stimmt etwa jemand nicht zu?“ Dann schmeiß dein Glas auf den Boden und zieh ab.

Lerne arrogant zu gucken

Dieser Punkt könnte der entscheidende Punkt sein, der dich entweder auffliegen oder zum King der Party werden lässt. Je arroganter du schauen kannst, desto besser. Wenn du es richtig machst, schaffst du es sogar, die echten Musiknerds von dir fernzuhalten. Schau arrogant, wenn du alleine herumstehst (denn echte Musiknerds stehen alleine rum), schau arrogant, wenn du mit Leuten über Themen sprichst, die nichts mit Musik zu tun haben (denn alle anderen Themen sind langweilig und belanglos), und schau vor allem arrogant, wenn du mit Leuten über Musik sprichst (denn die anderem haben bei Weitem weniger Ahnung als du und ihre Meinung ist nicht nur dumm, sondern schlichtweg falsch).

Behaupte, du liebst Jazz

Du musst dich natürlich nicht wirklich mit Jazz quälen, du musst auf besagter Party nur behaupten, du hörst abends bei einem Glas Rotwein gerne gepflegten Jazz. Jazz ist immerhin der Ursprung und Ausgangspunkt aller Musik, auch von Straßenrap, denk mal drüber nach. Falls du in eine verzwickte Situation kommst, sag einfach selbstverständlich und nonchalant: „Darüber müssen wir ja nicht sprechen, das versteht sich wohl von selbst.“

Trinke viel. Lache laut.

Am besten abwechselnd.

Bizarre love triangle!

Ein von @pohlmannstyle gepostetes Foto am Aug 8, 2014 at 2:05 PDT

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DOs & DON’Ts

Sage folgende Sätze:

Kennst du nicht? Ernsthaft?
Episch.
Das erste Album war besser.
Das ist ja alt.
Früher habe ich das auch nicht verstanden, aber jetzt liiiiebe ich es.

Vermeide folgende Sätze:

Musik macht Spaß.
Ich weiß auch nicht, warum, aber ich höre es einfach gern.
Das ist voll der Ohrwurm.
Kenne ich nicht.
Ach, das kommt immer im Radio.

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