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Sex

Wie es war, als Frau zum ersten Mal mit einer Frau zu schlafen

"Beim Sex mit Männern achte ich darauf, möglichst vorteilhaft auszusehen. Die Nacht mit Anaïs war viel natürlicher."

Foto: Marco Gomes | Flickr | CC BY 2.0

Steht ein gebrochenes Herz an ihrem Anfang, kann eine Geschichte eigentlich nur spannend werden. Mein Freund hatte sich kürzlich von mir getrennt und mein Herz fühlte sich an, als hätte man es schockgefroren und dann mit einem Hammer zertrümmert.

Meine beiden Busenfreundinnen sind die besten Menschen der Welt und wissen, was sich in solchen Augenblicken gehört: Schnulzen, Saufen und Schluchzen. Also verbrachten wir den Samstagnachmittag gemeinsam flennend und Liebeslieder plärrend in unserer WG in Bern. Nachdem alle Adele-Lieder durchgeheult waren, assen wir Curry und fingen an Bier zu trinken.

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Auf Bier folgte Pimm's, auf Pimm's folgte die Entscheidung, diese Party in die Öffentlichkeit zu verlegen. Mit Wegbier und Kippe bewaffnet, machten wir uns auf zum Tram. Die Fahrt verkürzten wir uns mit Gymnastik an der Haltestange und tauschten kurz darauf ein 20er-Nötchen gegen einen Eintrittsstempel des Dachstocks.

Dort war noch nichts los. Unsere ins Leere laufende Ausgangswut nötigte uns zu teuren Drinks im Sous le Pont, dem Restaurant gleich neben dem Club. Vodka-Mate: Tschüss hart erarbeitetes Geld! Hallo rettender Rausch!

Etliche Drinks später tanzten wir sternhagelvoll auf dem Vorplatz der Reitschule, kletterten wiederum die Treppen zum Dachstock hoch und packten direkt vor der Bühne unsere besten Dance-Moves aus. Meine Freundin gab mir irgendwann eine Pille, 20mg Ritalin. "Das wird voll geil, glaub mir!"

An die nächsten paar Stunden erinnere ich mich kaum. Ich weiss nur noch, dass ich massenweise Leute kennengelernt habe. Jedenfalls hatte ich am nächsten Morgen ein halbes Dutzend neue Kontakte auf meinem Handy gefunden. Vermutlich wurde mir das Nummerntauschen irgendwann zu langweilig und ich bettelte einen Freund, der zufälligerweise ein Freund der Band ist, an, ob er mich Backstage nehmen könne.

Auf der versifften Couch hinter der Bühne quetschte ich mich neben meinen Kumpel und eine süsse Welschländerin namens Anaïs. Wir unterhielten uns auf Französisch über Musik, Bands und das Welschland. Wir hatten extrem viel Spass zusammen und verstanden uns auf Anhieb super. Plötzlich fingen wir an rumzuknutschen. Soweit war das kein Neuland. Ich habe ab und zu mal auf einer versifften Party mit einer Frau rumgemacht—es gibt mir einen klitzekleinen Kick, in einem sonst zuweilen langweiligen Umfeld.

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Eine Frau die im Bett liegt; symbolisch für eine Frau, die an Sex mit einer Frau denkt

Foto von Pixabay

Doch mit Anaïs fühlte es sich an, als wäre es das Normalste der Welt, als ob wir uns schon etliche Male geküsst hätten. Ich empfand eine tiefe Vertrautheit, obwohl ich sie erst vor maximal zwanzig Minuten kennengelernt hatte. Vielleicht lag es am Alkohol, der vermutlich auch dabei geholfen hatte, dass ich in diesen zwanzig Minuten das beste Französisch meines Lebens sprach. Gemeinsam tranken wir den Schnaps der Band, aßen deren Früchte und lachten viel und herzhaft.

Wir gingen wieder hoch in den Club, ich stellte Anaïs meinen Freunden vor und wir tanzten und knutschten den Rest der Nacht. Irgendwann ging das Licht an—die Party war zu Ende. Mein erster Impuls war, sie mit nach Hause zu nehmen. Was ich auch tat. Sie mit nach Hause zu nehmen fühlte sich einfach absolut selbstverständlich und natürlich an. Wir pfiffen ein Taxi herbei, purzelten auf die Rückbank und trällerten während der Fahrt mit den Radiosongs mit. Es war, als hätten wir uns schon ewig gekannt—wir waren auf einer Wellenlänge.

Gierig knutschten wir auf der Rückbank des Taxis, bis wir vor meiner WG ankamen. Wir knutschten stürmisch durch den Hausflur, bis wir vor meinem Bett standen. Plötzlich fühlte ich mich nüchtern, es wurde mir flau im Magen. Ich empfand ein mir eher fremdes Gefühl: Schüchternheit! Ich war im Begriff ein neues Ufer zu betreten, ich würde zum ersten mal Sex mit einer Frau haben—Neuland. Und es gab eine Frage, die meine kompletten Gedanken einnahm: Wie zur Venus befriedige ich eine Frau?! Was, wenn ich völlig versage? Ich versuchte, meine Unsicherheit zu verstecken und nahm meinen ganzen Mut zusammen. Ganz oder gar nicht, dachte ich.

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Eine Frau in Unterwäsche lehnt an einem bett, symbolisch für eine Frau, die an das erste Mal mit einer anderen Frau denkt

Foto von Pixabay

Anaïs übernahm zum Glück die Oberhand, und ich musste mich im ersten Moment nur gehen lassen: Sie zerrte mich aufs Bett, küsste mich auf die Lippen und auf den Hals. Sie zog mir mein T-Shirt aus und küsste meine Brüste sanft. Sie knöpfte meine Hose auf, schälte mich aus den Hosenbeinen und küsste meinen Venushügel. Sie zog mir meine Unterhose aus und begann zärtlich meine Klitoris zu lecken.

Ich war total scharf und spätestens in diesem Moment hatte ich alle Zweifel beiseitegelegt. Zum perfekten Zeitpunkt schob sie mir zwei Finger in die Scheide. Ich stöhnte laut auf. Sie penetrierte mich, bis ich kam. Und ich kam, wie schon lange nicht mehr. Mir wurde schwindlig und ich vibrierte am ganzen Körper.

Brennend vor Lust packte ich sie an den Hüften, zog sie auf mich und küsste sie leidenschaftlich. Und wieder stand ich vor derselben Frage wie vor meinem eben erlebten Erdbeben von Orgasmus: Wie befriedige ich eine Frau?

Ich hatte mir noch nie viele Gedanken zu lesbischem Sex gemacht. Mit 14 Jahren hatte ich mit Freunden gegoogelt, wie das Ganze funktioniert, seitdem habe ich mich aber deutlich mehr für Heterosex interessiert, da ich bisher immer in Männer verliebt war. Mir wurde jedenfalls schnell klar, dass mir mein Wissen wenig helfen würde, also versuchte ich mein Hirn auszuschalten und mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren.

Ich wagte mich down under und fing an, ihren Kitzler in genau dem Rhythmus zu lecken, in dem ich mich jeweils selbst befriedige. Sie fing an zu stöhnen und sagte schmutzige Sachen auf Französisch. Es schien ihr also zu gefallen. Frischen Mutes wagte ich mich in ihr Inneres. Ich bemühte mich, möglichst sanft einzudringen und eine Kollision zwischen meinen Fingernägeln und ihrer Scheide zu verhindern. Sie keuchte. Ich versuchte ihren G-Punkt zu stimulieren und beugte meine Finger deshalb leicht nach oben. Nach gefühlten fünf Minuten kam sie zum Höhepunkt. Erschöpft und glücklich aneinander geschmiegt schliefen wir ein.

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Eine Frau liegt in Unterwäsche in einem Bett

Foto von Pixabay

Am nächsten Tag war ich am Flohmarktstand meiner Mitbewohnerinnen beim Tramdepot verabredet. Ich fuhr mit Anaïs zum Bahnhof, wir machten zum Abschied noch ein bisschen rum und tauschten Handynummern aus. Kaum war ich am Flohmarkt angekommen, begannen meine Mitbewohnerinnen mich auszuquetschen, welchen Typen ich vergangene Nacht denn abgeschleppt hätte. Sie hatten fremde Sneaker vor der Haustür entdeckt.

Ich erklärte ihnen, dass es eine Frau war, worauf sie in ein Gewusel eindeutiger Gesten (Peacezeichen vor dem Mund und durchgestreckte Zunge) und lauten Worten ("Scissorsister!!!!") verfielen. Da ich noch völlig zerstört vom Vorabend war, habe ich die Kommentare so stehen lassen und nuckelte in mir ruhend an einer Zigarette. Wenig später fuhr ich wieder nach Hause und masturbierte noch ein bisschen zu den "welschen" Erinnerungen.

Die feixenden Kommentare meiner Mitbewohnerinnen lösten nicht viel in mir aus. Die Erfahrung mit Anaïs ist eine, die ich in meinem Leben sowieso machen wollte und ich bin dankbar dafür, dass es eine so schöne geworden ist. Anaïs ist ein verdammt tolles Mädchen. Der Sex mit ihr war extrem aufregend und es war aussergewöhnlich. Ich denk gerne daran zurück, wie sie meinen Körper erkundete und liebkoste. Von ihr als Frau fühlte ich mich ganz anders wahrgenommen und konnte mich mehr gehen lassen.

Bei Männern achte ich darauf, möglichst vorteilhaft auszusehen (Arsch raus, Bauch rein), was den Sex mit ihnen deutlich weniger entspannt, weniger natürlich macht, als die Nacht, die ich mit Anaïs erleben durfte. Bei Anaïs fühlte ich mich von Anfang an wohl in meiner Haut, was vielleicht daran lag, dass ich seit 15 Jahren beim Sport die Dusche mit Frauen teile, Frauenkörper öfters nackt sehe als Männerkörper.

Ob ich bisexuell bin, weiss ich nicht. Ich habe jedenfalls Interesse an Anaïs und bin offen für Neues. Die Abwechslung von Mann zu Frau ist bestimmt eine bereichernde Erfahrung, welche ich jeder Frau wärmstens empfehlen kann. Das Verlassen der eigenen Komfortzone tut jedem gut und für die, die denken, sie könnten nichts mit einer Vagina anfangen, denkt zurück als ihr das erste Mal einen Penis in der Hand hattet. War das nicht auch extrem ungewohnt und teilweise überfordernd?

Anaïs ist eine wunderschöne Frau. Sie strahlte trotz ihrer Dominanz eine extreme Weiblichkeit aus, die ich überraschend anziehend fand. Wir haben uns seither oft hin- und hergeschrieben, da mein Herz aber zuerst noch bisschen heilen muss und ich noch auf Reisen ging, haben wir ein erneutes Treffen in die ferne Zukunft verschoben. Nun sind wir uns zufälligerweise letzte Woche in Zürich über den Weg gelaufen und haben kurz geplaudert. Wir kamen zum Schluss, dass wir uns nächsten Mittwoch wieder treffen werden. Was mich da erwartet, weiss ich noch nicht, aber ich freue mich riesig auf unser Date.