Noisey: In England gibt es noch immer Nazipunks, aber es läuft scheiße für sie
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Weil ich so geblendet war—zu sehr von meinem eigenen, aufgeblasenen Ego eingenommen war, um auf meine eigenen emotionalen Bedürfnisse achtzugeben, begann ich damit, die Schuld für persönliche Problem in meinem Leben auf andere zu schieben—Schwarze, Schwule, Juden und alle anderen, die anders schienen als ich selbst—Probleme, mit denen diese Menschen gar nichts zu tun haben konnten. Meine unbegründete Panik manifestierte sich schnell und unrechtmäßig in abgrundtiefem Hass. Ich wurde von denjenigen radikalisiert, die in mir einen einsamen Teenager sahen, der reif war, geformt zu werden. Und weil ich so verzweifelt auf der Suche nach einem tieferen Sinn war—nach einer Möglichkeit, der ganzen Banalität des Alltags zu entkommen—, verschlang ich begeistert jeden kleinen Krümel, der mir hingeworfen wurde und auch nur irgendwie etwas mit Größe zu tun hatte. Ich machte ihn zu einem Teil meiner Identität und ließ ihn meinen eigenen Charakter verdrängen. Eben den Charakter, der mir als Kind so leid geworden war. Durch meine fehlgeleitete Feindseligkeit wurde ich allmählich zu einem großen, fetten, rassistischen Bully—schwer übergewichtig von den unzähligen Lügen, die diejenigen in mich reingestopft hatten, die mein junges Alter, meiner Naivität und meine Einsamkeit auszunutzen wussten.Ein Drittel meines Lebens, fast jedes einzelne meiner prägenden Teenagerjahre, fraß und schluckte ich dankbar jeden einzelnen, widerlichen Bissen dieser verdrehten Weltanschauung. Und als ich dann endlich den Mut fand, um zu erkennen, dass jede einzelne „Wahrheit", die mir gefüttert—und von mir dann auch anderen aufgezwängt—worden war, eine absolute und kranke Lüge war, fühlte ich mich nur noch danach, mir die Finger in den Rachen zu stecken und die ganze Scheiße in das nächste Klo zu kotzen.Selbst jetzt, 20 Jahre nachdem ich die Bewegung verlassen habe, die ich selber mit aufgebaut hatte, blitzen Erinnerungen an diese sieben dunklen Jahre noch immer durch meinen Kopf und machen mich wütend. Wenn ich mir alte Fotos meines früheren Ichs anschaue, starrt mich die leere Hülle eines Mannes—eines Fremden—an, der voll mit diesem Gift ist. Weil aber krankes Unkraut noch immer aus der giftigen Saat sprießt, die ich all die Jahre zuvor verbreitet habe, habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, es auszureißen, sobald ich es aufkeimen sehe.Wenn ich mir alte Fotos meines früheren Ichs anschaue, starrt mich die leere Hülle eines Mannes—eines Fremden—an, der voll mit diesem Gift ist.
Als ich zu dieser Erkenntnis kam, begann für mich ein neues Leben. Als ich endlich an diesen Punkt gekommen war, an dem ich endlich all die Lügen von mir weisen konnte, die ich irgendwann mal geglaubt hatte, setzte auch der Wandel ein. Als ich wieder zu dem Mitgefühl wiederfand, das ich als Kind verspürt hatte, und Hilfe von anderen akzeptierte—als ich sie wohl am wenigsten verdient hatte—, verschwand auch der Hass wieder und mein verzerrtes Weltbild ergab keinen Sinn mehr. Nachdem ich sieben Jahre lang nicht ehrlich zu mir gewesen war, hatte ich endgültig die Nase voll davon, irgendwelche Lügen zu verbreiten und meine Ängste zu verstecken. Es war an der Zeit, mich der Wahrheit zu stellen. Also drückte ich das Gaspedal voll durch und fuhr metaphorisch über den Rand einer steilen Klippe. Und da ich Vollgas gab, war es unausweichlich, dass meine inneren Dämonen ihren Tod finden würden. Nur dann, also wenn ich diesen schmerzhaften, symbolischen Tod zulassen und mein altes Ich an den Felsen zerschellen würde, könnte ich auch dabei zusehen, wie der neugeborene Phönix aus der Asche emporsteigt und seine Flügel ausbreitet.Adaptiert aus Romantic Violence: Memoirs of an American Skinhead von Christian Picciolini. Picciolini ist ein ehemaliger Neonazi-Skinhead und Extremist; heute setzt er sich für den Frieden ein. 2010 gründete er die gemeinnützige Organisation Life After Hate, um die Öffentlichkeit über die Probleme von Rassismus, Radikalisierung und Entradikalisierung aufzuklären. Hier kannst du ihm bei Twitter folgen.