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Wie kauft man in Pakistan Kondome?

Theoretisch ist es kein Problem, Kondome und Verhütungsmittel in Pakistan zu erwerben. Doch außerehelicher Sex ist illegal und die Strafe für jemanden, der für Sex außerhalb der Ehe verurteilt wird, beträgt bis zu fünf Jahre Gefängnis.

Ein Straßenverkäufer in Karatschi, Pakistan.

Als ich das erste Mal in Karatschi Kondome kaufen wollte, starrte mir der Verkäufer auf meinen ringlosen Finger. Als ich ihn auf seinen missbilligenden Blick hin fragend ansah, wollte er wissen, ob ich einen Ehemann hätte. „Nein“, gab ich zu. Daraufhin behauptete er, dass er mir keine Kondome verkaufen könne. „Ich würde nicht wollen, dass meine kleine Schwester sie so einfach kaufen könnte“, erklärte er. Ich nickte, wenngleich ich ihm nicht zustimmte. „Aber würden Sie nicht wollen, dass Ihre Schwester sicheren Sex hat?“, fragte ich ihn. Denn wenn sie schon selbst Kondome kaufen geht, so führte ich aus, ist es wahrscheinlich unvermeidbar, dass sie Sex haben wird. „Würden Sie es nicht besser finden, wenn sie nicht schwanger wird?“ Er schüttelte den Kopf und sagte, dass er es besser finden würde, wenn sie gar keinen Sex hätte. Bevor ich auch dieses Argument anfechten konnte, winkte er mich fort. „Versuchen Sie es in einem anderen Laden“, sagte er nachdrücklich. Der Grund, warum ich den Straßenverkäufer nach Kondomen gefragt hatte, war vor allem meine Neugierde. Bei einer Dinnerparty hatte mir eine Freundin vor Kurzem erzählt, wie leid sie es sei, dass ihr Freund ständig ohne Kondome bei ihr aufkreuze. „Und dann will er Sex haben“, sagte sie und verdrehte die Augen. Ich lachte und fragte sie, warum sie nicht einfach eine Packung im Haus habe. Sie riss ihre Augen übertrieben weit auf und kicherte: „Wie um alles in der Welt soll ich mir denn eigene Kondome besorgen? Frauen können nicht einfach in einen Laden marschieren und sie kaufen!“ In dem Moment wurde mir klar, dass ich keine Ahnung hatte, wie man in Pakistan Kondome kauft. Afshan von der Family Planning Association of Pakistan erzählte mir, dass 80 Prozent der pakistanischen Läden Kondome verkaufen und dass Kondome das meistbenutzte Verhütungsmittel des Landes seien. Für 12 Prozent der verheirateten Paare sei es das Hauptverhütungsmittel. Man bekomme sie überall, an maroden Ständen auf den Bürgersteigen oder an Apothekenschaltern in größeren Kaufhäusern. Das seien nichtmal die einzigen Möglichkeiten. Die Beschäftigten der kommunalen Gesundheitsfürsorge würden sie immer dabeihaben, vor allem bei ihren Seminaren zur Familienplanung. Die Fürsorger, mit denen ich sprach, vertrauten mir jedoch an, dass es in ländlichen Gebieten die Aufgabe der Frauen sei, sich um die Geburtenkontrolle zu kümmern und ihre Partner zu überzeugen, Kondome zu benutzen. Außerdem erklärten sie mir, dass viele Organisationen bei der Vergabe von Verhütungsmitteln an unverheiratete Frauen streng seien. „Wir dürfen sie nicht an unverheiratete Leute geben. Aber ich glaube, das ist unfair und falsch“, erzählte mir einer der Fürsorger.

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Afshan erzählte mir auch, dass das Gleiche für mehrere Zentren für Familienplanung gilt. Theoretisch seien sie dazu verpflichtet, Kondome und Verhütungsmittel an jeden herauszugeben, der danach fragt. Doch sie erinnerte mich daran, dass außerehelicher Sex in Pakistan illegal ist. Die Strafe für jemanden, der für Sex außerhalb der Ehe verurteilt wird, beträgt bis zu fünf Jahre Gefängnis. „Das hält die Leute zwar nicht davon ab, außerhalb der Ehe Sex zu haben“, erzählte mir Afshan. „Aber viele junge Frauen klagen darüber, dass sie beweisen müssen, dass sie verheiratet sind, bevor man ihnen irgendein Verhütungsmittel gibt.“

Zarmina, eine Studentin, mit der mich vor der Szabist-Universität unterhielt, erzählte mir, sie wisse nicht einmal, wo man in Pakistan Kondome kaufen kann. „Gibt es die wirklich in normalen Geschäften?“, fragte sie. „Ich habe noch nie irgendwo Kondome rumliegen gesehen und in einem Laden würde ich niemals danach fragen.“ Bei dem Gedanken schüttelte sie sich. „Stell dir vor, sie wüssten, dass ich Sex habe!“ Ich fragte sie, was dann ihrer Meinung nach geschehen würde. „Keine Ahnung. Vielleicht denkt der Verkäufer, dass ich eine Prostituierte sei, und verfolgt mich, um Sex mit mir zu haben. Vielleicht erzählt er jedem im Geschäft, dass ich eine unmoralische Frau sei. Er könnte die Polizei rufen und mich verhaften lassen. Das Risiko würde ich niemals eingehen.“ „Ein Freund aus den Vereinigten Staaten hat mir erzählt, dass es verschiedene Kondomgrößen gibt“, gestand mir ihr Freund (der nicht namentlich genannt werden möchte), als ich ihn fragte, wie er an seine Kondome kommt. „Es ist peinlich genug, überhaupt nach Kondomen zu fragen. Ich kann mir nicht vorstellen, den Verkäufer auch noch um eine bestimmte Größe zu bitten.“ Er erklärte, dass er immer zu einem anderen Stand geht und dass es ihm zu peinlich ist, mehr als ein Kondom auf einmal zu kaufen. Er ist dabei nicht der Einzige. Sogar verheiratete Paare geben zu, dass sie es furchtbar finden, Kondome zu kaufen. „Einmal verkündete der Mann am Schalter dem gesamten Laden, dass ich meine gottgegebene Pflicht, Kinder zu zeugen, nicht erfülle und in die Hölle kommen werde“, erzählte mir ein Mann. Er lachte und sagte, dass er die Kondome am Ende trotzdem gekauft hat. Ich beschloss, zum nächsten Kaufhaus zu gehen und herauszufinden, ob ich am Apothekenschalter mehr Glück hätte. Die Kondome waren zwischen Cholesterintabletten und Lebertran versteckt. Ich fragte den Apotheker, ob ich einen davon haben könnte, woraufhin er mich verstört ansah. Auch er warf einen Blick auf meine nackte Hand, reichte mir dann aber eine 12er-Packung Durex. „Sie sind gerippt und haben eine Gleitbeschichtung“, erklärte er mir. „Aber eine bessere Qualität gibt es nicht.“ Meine Wangen brannten und ich wünschte mir in diesem Augenblick nichts mehr, als die Diskussion über Kondomsorten zu beenden. „Ich brauche eigentlich nur eines“, stotterte ich und zeigte auf die einzeln verpackten Kondome, von deren Namen ich noch nie zuvor gehört hatte. „Nein“, beharrte der Apotheker. „Nehmen Sie bitte einfach diese hier. Dann müssen Sie zumindest nicht so schnell wiederkommen.“ Als ich merkte, dass ihm das Gespräch genauso peinlich war wie mir, willigte ich ein. Doch statt mir die Packung zu geben, druckte er nur eine Quittung aus. „Sie müssen erst an der Kasse bezahlen“, sagte er entschuldigend. Ich hatte gedacht, das Schlimmste sei überstanden. Doch als ich die Quittung dem Kassierer reichte, musterte dieser mich von oben bis unten und verweilte mit dem Blick auf meinen Brüsten. Dann grinste er mich mit seinen tabakbefleckten Zähne an. „Ohhh, Kondome“, sagte er, den Mund voller Kautabak. Mit den Fingerspitzen hielt ich ihm das Geld hin und versuchte, jeden Kontakt mit ihm zu vermeiden, als er mir das Wechselgeld zurückgab. Der Apotheker überreichte mir die Kondome, die er diskret in einen braunen Papierbeutel gesteckt hatte.

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