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Popkultur

„Grenze im Kopf“: Wir haben das geheime Script zu Til Schweigers Flüchtlingsfilm gefunden

Wenn es mit dem Flüchtlingsheim nichts wird, wird eben eine Familienkomödie gedreht. Wir haben uns da mal ein paar Gedanken gemacht.
Foto: imago | Horst Galuschka

Man kann Til Schweiger einiges vorwerfen, nicht aber, dass er nicht verstanden hat, was es für einen großen Kinohit braucht: große Emotionen, irgendwas mit Familie und den heimeligen Appeal warmer Brauntöne.

Neben seiner Funktion als Deutschlands omnipräsenter Kinogott trat der Schauspieler und Regisseur in den letzten Monaten vor allem als engagierter Asylbefürworter in Erscheinung. Ein Flüchtlingsheim wollte er bauen (hat nicht so geklappt), eine Hilfsorganisation gründen (ist passiert) … und jetzt scheint er sein Engagement auch auf sein Stammgeschäft ausweiten zu wollen: die Filmbranche.

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„Wir sind dabei, einen Film um das Thema Flüchtlinge zu entwickeln", äußerte Schweiger laut N24 in der Dezemberausgabe des Magazins Zeozwei. Statt einem aufklärerischen Sozialdrama möchte der 51-Jährige das Thema allerdings mit einer gewissen Leichtigkeit aufgreifen, schließlich erreicht man über Unterhaltungsfilme bedeutend mehr Menschen. Orientieren möchte er sich dabei an seinem letzten Kassenhit Honig im Kopf, in dem er sich auf ebenso familienfreundliche wie locker-flockige Art und Weise mit dem Thema Alzheimer auseinandersetzte.

Das gute, alte Schweiger'sche Erfolgsprinzip—nur mit Flüchtlingen also. Wir haben uns da mal ein paar Gedanken gemacht, wie das Ganze schlussendlich aussehen könnte.

‚Grenze im Kopf' (Alternativer Titel: ‚Falafäääääl')

Arno (Til Schweiger) ist alleinerziehender Vater, der sich mit Gelegenheitsjobs als Werbetexter über Wasser hält. Seine ebenso ungestüme wie herzensgute Tochter Trudi (Emma Schweiger) sieht er nur jede zweite Woche. Das Verhältnis zwischen den Beiden ist angespannt. Auch weil Arno und Trudis Mutter („Sandra", Karriere-Frau, sehr bodenständig aber auch ein bisschen zickig, von irgendeiner Mittdreißigerin gespielt, die für ihre Rolle eigentlich ein bisschen zu jung ist) sich nicht gut verstehen. Sie wirft ihm vor, endlich mal erwachsen werden zu müssen, zu viel Alkohol zu trinken und sich von einem Abenteuer ins nächste zu stürzen. Er befindet sich nämlich in einer Art popkulturell romantisierten Midlife-Crisis, die ihn als liebenswerten Chaot charakterisiert—obwohl er sich eigentlich verhält wie ein verantwortungsloses Arschloch. Noch!

Til Schweiger baut jetzt doch kein Flüchtlingsheim—und ist trotzdem cooler als du.

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Als Trudi im Rahmen eines Schulprojekts in einem Flüchtlingsheim aushilft, lernt sie Youssef kennen. Einen 63-jährigen Syrer, der seine Familie zurücklassen musste und in dem aufgeweckten jungen Mädchen eine Art Ersatztochter findet. Als die Situation im Flüchtlingsheim für den alten Mann zunehmend schwieriger wird, beschließt Arno, ihn bei sich aufzunehmen. In seinem weiträumigen, immer etwas unordentlichen Industrieloft mit Echtholzmöbeln und viel weißer Baumwolle ist genug Platz für eine zweite Person.

Während sich Arno durch diese Aktion anfangs vor allem erhofft, die Zuneigung seiner Tochter zurückzugewinnen und seiner Exfrau zu zeigen, dass er sehr wohl Verantwortung übernehmen kann, entwickelt sich zwischen den ungleichen Mitbewohnern nach und nach eine respektvolle und tiefe Freundschaft. Visualisiert wird dieser Prozess des Zusammenwachsens durch sepiafarbene Zusammenschnitte davon, wie die Beiden verschiedene Dinge in Berlin unternehmen und Arno dem Asylbewerber die deutsche Kultur näherbringt. „Wenn wir wollen, können wir alles schaffen!" und „Kulturelle Unterschiede können durch Mitleidsgesten des privilegierten weißen Mannes überwunden werden!" vermitteln Bilder und der Song „Warum liebst du keinen Syrer? #nohomo", den Xavier Naidoo extra für den Film geschrieben hat.

Durch den Kontakt zum lebenserfahrenen Youssef wird Arno daran erinnert, was wirklich wichtig ist. Nicht die zynische, oberflächliche Werbebranche, in der es nur um Zahlen und Geld geht, sondern Nächstenliebe, Herzensgüte, Menschlichkeit. Der syrische Flüchtling ermutigt ihn, seinen Kindheitstraum wieder aufzugreifen und als Journalist zu arbeiten. Arno beginnt, die Geschichte von Youssef niederzuschreiben, als dem örtlichen Flüchtlingsheim plötzlich die Schließung droht. Der sozial engagierte Vater stellt mithilfe seiner ehemaligen Werbekollegen eine Initiative auf die Beine und kann das Unheil gerade noch so abwenden.

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thump: Wir haben alle Til-Schweiger-Clubszenen nach Bullshit sortiert.

Der Film endet mit der Veröffentlichung von Arnos Artikel in der auflagenstarken Wochenzeitung Leben, die so begeistert von dem ebenso feinfühligen wie tiefsinnigen Gesellschaftsporträt ist, dass ihm ein Job angeboten wird. Youssefs Asylantrag wird stattgegeben und er darf seine Familie ebenfalls nach Deutschland holen. Ein letztes Mal noch schließt sich die Patchworkfamilie auf Zeit (Arno, Trudi, Youssef und auch Sandra, die in Arno endlich den Mann wiedererkennt, in den sie sich damals verliebt hat) in die Arme, dann sehen wir Youssef in die untergehende Sonne schlurfen. Auf in die Zukunft, auf in ein neues Leben. „Warum liebst du keinen Syyyyyrer? Weil wir doch alle nur Menschen sind!", haucht Xavier Naidoo ein letztes Mal aus dem Off, dann kommt der Abspann. Das Publikum schluchzt, pult sich das Popcorn aus dem Pullover und verlässt emotional berührt den Kinosaal.

Danke, Til. Du hast es mal wieder geschafft.

Lisa freut sich schon auf den ersten Trailer. Folgt ihr bei Twitter.


Titelfoto: imago | Horst Galuschka