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Wir haben Leute gefragt, was sie schon alles gestohlen haben

Beliebte Diebesgüter: Lego-Figuren, Geld und batteriebetriebene Hornhauthobel.

Eine Drogeriekette hat kürzlich bekannt gegeben, welches Produkt in ihren Läden am meisten gestohlen wird: Nicht etwa Deo, Shampoo oder Kaugummis. Dinge, die man vielleicht dringend braucht oder die quasi danach schreien, in einem unbeobachteten Moment in der Jackentasche zu verschwinden. Nein, es sind Hornhauthobel. Ich bin kein Experte, aber Hornhauthobel könnten unter Umständen die unsexiesten Artikel sein, die im Drogeriebetrieb jemals über die Ladentheken wandern.

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Weil ich moralisch überlegen bin und Diebstahl verwerflich finde (eigentlich bin ich nur ein sehr ängstlicher, sehr schlechter Lügner), habe ich keine eigene Thug-Life-Gangstergeschichte, die ich hier zum Besten geben kann. Aber der Hornhauthobel hat mich stutzig gemacht: Gut, wir sprechen hier nicht von einem Hornhauthobel-Einsteigermodell, sondern von einem sicherlich sehr effektiven 40-Euro-Gerät, aber warum ist es der Spitzenreiter unter den Diebesgütern? Haben die Leute Angst davor, was die Verkäuferin oder die anderen Menschen an der Kasse über die eigenen Füße denken könnten?

Stehlen hat auch immer etwas mit Scham zu tun—man hat schließlich jemandem etwas unrechtmäßig weggenommen und lügt die Person zumindest indirekt an, wenn man unbemerkt bleiben will. Damit ist der Hornhauthobel gleich im doppelten Sinne der Inbegriff von Scham. Um zu erfahren, für welche langfingrigen Jugendsünden sich andere schämen, habe ich Leute gefragt, was sie schon gestohlen haben.

Dana, 22 und Joschka, 23

Dieses und alle weiteren Fotos vom Autor

VICE: Dana, hast du gestohlen, als du jünger warst?
Dana: Ja, öfter. [Lacht] Erzähl von was Lustigem.
Ich weiß noch, dass ich einmal ein Parfum bei meinen Nachbarn gestohlen habe, als ich noch klein war. Nicht im Laden!

Wie bist du auf die Idee gekommen?
Keine Ahnung, ehrlich gesagt. Das war eine ganz spontane Aktion. Die hatten uns schön nett zum Essen eingeladen und natürlich haben sie es hinterher gemerkt, dass da was gefehlt hat. War ein bisschen peinlich, aber ich war noch elf oder zwölf damals. Wie war die Reaktion?
Sie haben mich am nächsten Tag darauf angesprochen und die Reaktion war natürlich relativ beschissen. Unser Verhältnis hinterher würde ich als etwas angespannt bezeichnen. Unsere Nachbarn hatten auch ein bisschen Stress mit meinen Eltern. Meine Eltern haben mir hart Druck gemacht, mich zu entschuldigen. Wie hast du dich gefühlt, als du das Parfum gerade in der Tasche hattest?
Bevor ich erwischt wurde gut, hinterher natürlich sehr schlecht. Zuerst war das aber ganz witzig. Was hast du schon gestohlen, Joschka?
Joschka: Da war ich noch sehr klein und habe bei meinem damals besten Freund eine Lego-Figur gestohlen. Ich schäme mich bis heute dafür. Er hatte gerade das Zimmer verlassen und ich dachte mir "Jetzt ist der richtige Zeitpunkt!", hab mir den Lego-Mann in die Tasche gesteckt und ihn mit nach Hause genommen. Ich habe eine Weile damit gespielt, bis ich irgendwann von einem Nachbarsjungen verraten wurde. Der hat das meinem Kumpel zugetragen, nach dem Motto "Der hat eine neue Figur und ich glaube, das ist deine!". Wie hat dein Freund reagiert, als er es erfahren hat?
Als mein Kumpel mich fragte, habe ich ein bisschen rumgestammelt und es zugegeben. Er war ganz konsequent und wollte dafür eine von meinen Figuren haben. Da hat er sich natürlich die geilste Figur ausgesucht, die ich hatte, und ich war am Boden zerstört wegen der Geschichte. Aber danach war alles wieder cool, wir sind auch weiterhin Freunde geblieben.

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Hast du auch schon was im Laden gestohlen?
Nein, da noch nicht. Ich habe aber mal von den Eltern eines anderen Kumpels Geld gestohlen. Was war denn bei dir los?
Das lag da so rum und ich dachte mir: "Woah, geil, meins!" Weder er noch seine Eltern wissen davon. Da habe ich mich auch ziemlich scheiße gefühlt. Aber warum brauchst du so dringend Geld als kleiner Junge, dass du von den Eltern deines Freundes stiehlst?
Das war einfach die Gelegenheit. Davon konnte ich mir Süßigkeiten kaufen—oder Lego-Figuren, die ich noch nicht hatte und noch niemand anderem gestohlen hatte. Kanntest du bei Lego-Figuren irgendein Schamgefühl?
Eigentlich nicht. Wenn sie geil aussahen, waren sie meine.

Josi, 17

VICE: Hast du schonmal was gestohlen?
Josi: Ja, Kinderspielzeug aus dem Kindergarten. Als ich selbst noch drin war. Welches Spielzeug verleitet ein kleines Kind zum Diebstahl?
Arztspielzeug: Ein Thermometer und ein Stethoskop. Ich wollte das haben und eine Freundin meinte zu mir: "Nimm's doch einfach mit, fällt niemandem auf." Gesagt, getan. Wurdest du erwischt?
Nein, ich habe das einfach mit nach Hause genommen. Aber ein paar Jahre später bekam ich ein schlechtes Gewissen, erzählte es meiner Mutter und musste es dann vor allen Leuten zurück in die Gruppe bringen. Wie haben die reagiert?
Fanden die in Ordnung, ich habe mich ja entschuldigt. Wie hast du dich direkt nach dem Stehlen gefühlt?
Schön, ich hatte ja was Verbotenes gemacht und hatte außerdem ein neues Spielzeug.

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Patty, 20

VICE: Erzähl uns von deinen jugendlichen Sünden.
Patty: Ich habe damals mehrmals gestohlen, aber ich habe eine Geschichte, bei der ich erwischt wurde. Da habe ich in einem Modeladen Schmuck gestohlen. Was für eine unnötige Aktion. Da war ich einfach in diesem Alter, in dem man sowas macht. Wie alt warst du und warum hast du diesen Schmuck gestohlen?
Ich war 15, aber warum ich gestohlen habe, ist eine gute Frage. Das hat in der Phase jeder gemacht und ich bin mit der Welle mitgegangen. Ich fand den Schmuck einfach schön und wollte nicht besonders viel Geld dafür ausgeben. Für so kleine Dinge verlangt man heute so viel Geld, das sehe ich nicht ein. Wie lief das ab, als du schließlich erwischt wurdest?
Da habe ich verstanden, was "Sich vor Angst in die Hose scheißen" heißt. Ich erkläre der Jugend jetzt mal nicht, wie ich das genau gemacht habe, aber ich habe das eingesteckt, war in der Umkleide, bin raus und habe den Schmuck präpariert, damit der durch die Kontrolle kommt. Als ich herausspazieren wollte, ist der Ladendetektiv hinter mir her, hielt mir seinen Ausweis vor die Nase und meinte, er habe mich gesehen und ich solle mitkommen. Da hatte ich ein Gefühl in meinem Magen, das ich vorher überhaupt nicht kannte—eben so, als könnte ich mich jeden Moment einscheißen.

Lukas, 17, (ohne Foto)

VICE: Welche Diebstahlgeschichten hast du auf Lager?
Lukas: Ich habe in einem Klamottenladen verschiedene Dinge gestohlen und sie später billiger verkauft. Davor hatte ich das Kameraobjektiv meines Vaters zerstört und konnte so am schnellsten das Geld zusammenbekommen, um es ihm zu ersetzen.

Wurdest du nie erwischt?
Nein, aber einmal wurde ich darauf angesprochen. Ich konnte mich rausreden, obwohl der Alarm gepiepst hat. Da habe ich der Verkäuferin erzählt, dass das schon seit drei Geschäften andauernd passiere und dass der Pullover einfach nicht richtig entsichert sei. Sie hat mir das geglaubt und meinte nur, ich solle mich mal darum kümmern. Dreist. Hattest du dabei nicht einen riesigen Druck?
Es ging. Irgendwann war ich drin—die ersten Male habe ich schon den Druck gespürt. Mittlerweile würde ich das auch nicht mehr machen, aber in der Situation hat es das Geld leidlich reingebracht. Hat sich dein Vater nicht gewundert?
Nein, nicht wirklich. Ich habe einfach gesagt, ich hätte es gespart.