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Vice Blog

Wir haben mit dem YouTuber gesprochen, der sich während des Drogenrausches filmt

MDMA-, Koks- und LSD-Tests statt Schminktutorials und Games. Die andere Seite von YouTube.
Foto privat, mit freundlicher Genehmigung von Simon Rouane

YouTuber testen normalerweise eher Feuchtigkeitscremes, Lippenstifte oder Games. Anders läuft das auf Open mind, dem Kanal des 26-jährigen Simon Ruane. Dort findet man alles über Drogen: Wirkung, Gründe für eine Legalisierung oder die fünf besten Drogenfilme. Und dann noch was: Simon filmt sich selber dabei, wenn er Drogen nimmt. Die Videos heißen dann „Mein erster LSD-Trip" oder „Mein zweites Mal MDMA". Open mind hat nach rund einem Jahr Kanalbestehen über 100.000 Abonnenten.

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So interessant das auch alles sein mag, so sind doch die Chancen recht groß, dass auch Leute unter 18 diese Videos sehen und wer denkt denn bitte an die Kinder? Wir haben darüber mit Simon gesprochen und auch darüber, wie man überhaupt auf die Idee kommt, sich selbst im Drogenrausch zu filmen.

VICE: Wie fing es bei dir mit Drogen an?
Simon Ruane: Vor zwei Jahren habe ich einmal auf dem Oktoberfest Kokain probiert. Sonst hab ich nur mal Alkohol getrunken oder Gras-Muffins gegessen. Dann, vor ungefähr 1,5 Jahren habe ich aus generellem Interesse angefangen, verschiedene Drogen und deren Wirkung zu googeln. Von allen Drogen, bei denen ich Wirkung und Nebenwirkung abgewogen hab, haben mir da Pilze am besten gefallen. Ich dachte mir: „Das musst du unbedingt mal probieren." Es hat sich einfach lohnenswert angehört.

Wie kommt man dazu, einen Aufklärungskanal über Drogen aufzumachen?
Als ich mich über Pilze erkundigt habe, habe ich im Internet nach einem Video gesucht, in dem man jemanden sieht, der gerade mitten im Pilztrip ist, weil ich einfach wissen wollte, wie man sich da verhält, denn ich konnte mir das überhaupt nicht vorstellen. So ein Video habe ich aber nicht gefunden. Außerdem hatte ich davor auf meinem alten YouTube-Kanal Videos gemacht, warum Gras legalisiert werden sollte, obwohl ich zu der Zeit nur ein, zwei Mal pro Jahr Gras genommen habe. Die Videos kamen aber nicht so gut an, weil es gar nichts mit meinem Kanal damals zu tun hatte. Deswegen habe ich dann einen neuen Kanal aufgemacht.

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Bist du eher Aktivist für Drogenlegalisierung oder YouTuber?
Ohne Scheiß, da kann ich mich echt nicht festlegen. YouTube mache ich jetzt schon seit fünf Jahren und für Drogenlegalisierung setze ich mich erst seit kurz vor der Kanalgründung von „open mind" ein. Aber beide Aspekte sind für mich gleich wichtig.

Was sagen Familie und Freunde dazu, dass du offen mit deinem Drogenkonsum umgehst und Videos machst, in denen du zum Beispiel auf Pilzen bist?
Meine Freunde sind oft auch bei den Videos mit dabei. Vor allem meine besten Freunde haben zur gleichen Zeit ein Interesse für das Thema entwickelt wie ich und haben deshalb natürlich eine besondere Verbindung zu dem Kanal. Meine Eltern stehen auch voll hinter mir und dem Kanal. Mein Vater liest auch mehr Kommentare als ich und schickt mir die und rechnet aus, wann ich gewisse Abonnentengrenzen geknackt habe.

Manchen sagen, deine Videos seien drogenverherrlichend …
Drogenverherrlichung heißt für mich, Drogen besser darzustellen, als sie sind. Aber ich stelle sie ja genauso dar, wie sie sind. In den Drogeninfo-Videos zähle ich alle Vor- und Nachteile der jeweiligen Droge auf. Wenn ich einen Trip-Bericht mache, erkläre ich genau, wie der Trip war. Es ist ja nicht so, als würde ich den Trip-Bericht schöner oder schlechter machen, als es in Wirklichkeit war. Wenn es ein schönes Erlebnis war, kann ich nichts dafür, dann war es halt so. Ich weiß nicht, ob die Leute, die so etwas behaupten, wollen, dass ich irgendwelche negativen Seiten dazu erfinde oder sowas. Es ist eben so, dass der größte Teil der Drogenkonsumenten keine Probleme auf Grund des Konsums bekommen. Wobei ich teilweise auch einige dieser Kritiken verstehe. Vor allem bei einigen meiner älteren Videos hätte ich das ein bisschen besser machen können. Seit Kurzem gibt es aber zum Beispiel einen Disclaimer vor den Videos und vielleicht folgen in Zukunft noch mehr Veränderungen in diese Richtung.

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Glaubst du, deine Videos können Leute dazu bringen, Drogen zu nehmen?
Es kommt darauf an, was für ein Typ man ist, denke ich. Wenn man sich zum Beispiel die Kommentare unter meinem LSD-Tripbericht durchliest, gibt es manche Leute, die schreiben: „Das hört sich interessant an, da hätte ich Lust drauf." Andere schreiben aber unter genau das gleiche Video: „Jetzt habe ich da überhaupt keine Lust drauf." Es kommt immer darauf an, ob die Droge auch etwas für einen ist. Ich beschreibe ja die Wirkungen. Aber ich denke, die Leute, die da Bock drauf haben, kriegen auch Bock, wenn sie sich den Wikipedia-Artikel über die Droge durchlesen.

Besser man erfährt über meine Videos, dass gewisse Drogen einen interessieren könnten als über verrückte Freunde, die keine Ahnung von „Safer Use" haben. Bei mir erfahren sie wenigstens, wie man die Risiken möglichst klein halten kann.

Gibt es Videos über Drogenthemen, die du niemals machen würdest?
Es gibt keine Droge, wo ich sage, dass ich da keine Videos drüber machen würde, aber es gibt Drogen, die ich niemals probieren würde. Zu den Drogen würde ich dann aber trotzdem Videos machen und bei Zuschauern nach Erfahrungsberichten und Ähnlichem fragen oder mir Artikel dazu durchlesen.

Was für Drogen würdest du niemals nehmen?
Eine Droge mit einem fast unschlagbar schlechten Schaden-Nutzen-Verhältnis ist für mich die Zigarette. Ich habe noch keine Zigarette geraucht und habe das auch nicht vor. Bei Badesalzen und anderen Legal-High-Substanzen, welche noch sehr wenig erforscht sind, wäre mir das Risiko auch viel zu hoch. Drogen wie Heroin, Methamphetamin, Amphetamin reizen mich auch zur Zeit gar nicht. Vielleicht ändert sich das mal in der Zukunft, aber ich bezweifle es.

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Welchen Rausch fandest du bisher am besten?
Die Räusche, bei denen ich mich am besten gefühlt habe, sind meine MDMA-Räusche gewesen. Aber bei Drogen geht es ja nicht nur darum, sondern auch um den bewusstseinserweiternden Effekt. In der Kategorie Bewusstseinserweiterung belegt am ehesten mein LSD-Trip den ersten Platz.

Hast du nicht Angst dass, wenn du dich später bewirbst, der Arbeitgeber deine Videos sieht?
Nein, es gibt ja sehr viele Drogenkonsumenten. Es wird sicher zukünftige Arbeitgeber geben, die sagen, dass sie so einen nicht haben wollen. Aber es wird genauso viele Arbeitgeber geben, die auch Drogen nehmen, für die das kein Problem wäre, da sie ja aus eigener Erfahrung wissen, dass man es auch weit bringen kann im Leben trotz gewisser Drogenerfahrungen

Wie bereitest du dich auf einen Rausch vor bzw. wenn du Drogen neu ausprobierst? Hast du Sicherheitsvorkehrungen? Sprichst du mit einem Arzt?
Ich lese ultraviele Trip-Berichte und hab einige Leute bei Skype, die schon sehr viele Drogen probiert haben, und dann frage ich die, worauf ich achten muss. Dann sorge ich für ein ideales Setting, vor allem wenn es etwas Psychedelisches ist. Dann nehme ich es so dosiert, wie es am sichersten ist.

Hast du Angst, dass beim Konsum etwas passieren könnte?
Ich hab schon ein bisschen Schiss. Jedes mal, bevor ich irgendwas nehme, habe ich ziemliches Herzklopfen. Man denkt sich schon immer „Ui, da könnte jetzt was schiefgehen", denn es kann in der Tat immer was schief gehen. Drogen sind definitiv etwas Gefährliches. Das sollte man nie vergessen.

Du nimmst eigentlich nur selten Drogen, zum Beispiel MDMA nur zwei, drei Mal pro Jahr. Ist das schwer für dich?
Es ist überhaupt nicht schwer für mich. Ich glaube, es liegt vor allem daran, weil ich so wenig Zeit habe wegen dem ganzen Zeug mit YouTube und meinem Shop. Ich würde gar nicht dazu kommen, mir zum Beispiel jedes Wochenende eine Pille zu schmeißen. Aber ich habe auch nicht das Verlangen danach. Je seltener man Drogen nimmt, desto mehr kann man es genießen, wenn man sie dann mal nimmt.

Kannst du abschließend Tipps für den Drogenkonsum geben?
Wenn ihr zu jung seid: Nehmt keine Drogen. Und damit meine ich jetzt nicht unbedingt, dass man Drogen erst ab 18 probieren sollte, denn ich denke, dass die meisten Menschen selbst mit 18 noch zu jung für einen Großteil dieser Substanzen sind. Ich denke nicht, dass mein 18-jähriges Ich mit einem Pilz- oder LSD-Trip klar gekommen wäre. Wenn ihr alt genug seid: Informiert euch sehr ausführlich und nehmt nur Drogen, wenn es euch auch sonst gut geht. Wenn ihr Drogen nehmt, um Probleme zu unterdrücken, ist die Suchtgefahr sehr viel höher.


Titelfoto: privat, mit freundlicher Genehmigung von Simon Rouane