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Behinderte Menschen haben in Schweden jetzt ihr eigenes Bier

Erinnert ihr euch noch an die schwedische „Spasti-Puppe“? Jetzt gibt es auch ein passendes Zerebralparesebier, denn auch Menschen mit Behinderung haben ein Recht auf den Rausch in der Kneipe.

Vor ungefähr einem Jahr hat die Göteborgskooperativet för Independent Living (GIL) eine behinderte Puppe mit Zerebralparese gemacht, damit die Leute nicht immer so unnatürlich nett gegenüber Behinderten sind. Ich war mir nicht sicher, was ich von der ganzen Geschichte halten soll; es gibt sicherlich bessere Möglichkeiten, dies zu erreichen, als eine limitierte Auflage von spastischen Puppen herauszubringen. Aber es kann kein totaler Reinfall gewesen sein, nachdem GIL immer noch Puppen verkauft und gerade eine eigene Behindertenbiermarke herausgebracht hat.

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Das Zerebralparesebier CPA wurde bei der jährlichen Whiskeymesse in Göteborg vorgestellt und hatte seine Premiere danach bei einer der größten skandinavischen Gesundheits- und Pflegemessen. Ich hab keine Ahnung, was Alkohol und Gesundheitsfürsorge gemein haben, weswegen ich unseren Freund Anders Westgerd von GIL angerufen habe.

VICE: Hey Anders. Wie kann Bierbrauen den Behinderten helfen.
Anders Westgard: Na ja, es ist Teil davon, wie wir soziopolitisch arbeiten. In den frühen 2000er Jahren entschied in Schweden eine Untersuchung mit dem Namen „Patienten zu Bürgern“, dass alle Restaurants, Bars und generell öffentliche Orte einfacher zugänglich sein und alle möglichen Hindernisse bis 2010 entfernt werden müssen. Aber als wir 2009 feststellten, dass nichts getan worden war, um öffentliche Orte zu verbessern, wollten wir Aufmerksamkeit auf die beschränkte Zugänglichkeit von Bars und Restaurants richten. Denn das sind coole Umgebungen, in denen die Leute gerne herumhängen würden.

Was habt ihr deswegen gemacht?
Na ja, jeder will ja Teil der Gesellschaft sein—ein Bier trinken, Spaß haben und sein Leben leben. Wir machten eine Liste mit drei Bars in Göteborg, die Behinderte nicht betreten konnten, und schickten ihnen Briefe, die sie darüber aufklärten. Wir fügten auch eine Bar ein, die einfach zu erreichen war, um ihnen ein gutes Beispiel zu zeigen. Das sind quasi alles Gründe, wieso wir jetzt unser eigenes Bier brauen.

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Ich erinnere mich, dass du das Biertrinken erwähnt hast, als wir mit dir über die Puppe geredet haben.
Ja, als wir die Puppe machten, wollten wir, dass die Leute uns mitteilen, wie sie die Probleme in unserer Gesellschaft selber erfahren. Und viele erzählten uns, dass sie das Gefühl bekommen, angestarrt zu werden, wenn sie in Bars gehen. Wenn du ein Bier trinkst, schauen dich die Leute noch an und wenn du dann zwei, drei, vier trinkst, fangen sie an, moralisch total panisch zu werden. Mit Bier fällt es uns leichter, ein wenig Raum in Bars einzunehmen, die uns normalerweise nicht zugänglich sind.

Wie wurde das Bier bis jetzt so angenommen?
Es ist ein Erfolg. Bei der Sneak-Peak auf der Whiskeymesse in Göteborg beispielsweise hätten wir nicht gedacht, dass sich die Leute besonders für die Message hinter dem Bier interessieren würden. Aber die Besucher dachten, dass das eine schlaue Idee ist, die Probleme, die dahinter stehen, anzusprechen. Und nachdem es ja auch echt ein super Bier ist, waren sie, glaube ich, beeindruckt.

Und wie haben die Besucher bei der Gesundheits- und Pflegemesse reagiert?
Sehr positiv. Da geht es irgendwie hauptsächlich darum, wie man das Leben für Behinderte einfacher machen kann. Aber wir wollten den Fokus auf Leben, und wie man das Leben lebt, richten. Du kannst ein Bier trinken, egal wer du bist. Und mit einem Bier in der Hand wirst du du selber und nicht nur deine Behinderung. Also kam es da auch sehr gut an.

Wie schmeckt es denn?
Es ist eine Mischung aus India Pale Ale und amerikanischem Pale Ale. Es ist also ein Hybrid aus IPA und APA. Und daher kommt auch der Name: CPA. Es wird außerdem aus vier klassischen Hopfensorten gebraut, die alle mit C anfangen—wie cerebral palsy—das ist also noch einen anderer Grund für den Namen.

Das ist genial.
Wir haben uns bei dem Bier viele Gedanken gemacht. Es ist ein hervorragender Botschafter.