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Zickenkrieg unter Feministinnen vor dem Barbie Dreamhouse

Vor dem Barbie Dreamhouse in Berlin wollten eigentlich Feministinnen gegen Barbie und die Verherrlichung von Kochen und Schminken kämpfen, wegen Sexismus und dem Ganzen. Aber dann kam es zwischen den Emanzen zum Zickenkrieg.

Wer hätte das gedacht, auch unter Feministinnen kann es zum Bitchfight kommen. „Ich habe gerade richtig die Nase voll“, begrüßt mich Stevie Schmiedel, die schmale Frau in leuchtender Signalweste, die da auf dem Berliner Alexanderplatz steht. Passt irgendwie so gar nicht zu Stevie, die noch vor zwei Tagen bei einer Diskussion zum neuen Barbie Dreamhouse in Berlin mit mildem Muttilächeln und einem „Sehr gute Frage!“ auf jede noch so doofe reagierte. Sie ist genervt, nicht wegen des Barbie Dreamhouses, gegen das sie gerade protestieren will, sondern wegen des Femen-Girls, das nackt mit einem brennenden Kreuz rumlief und Stevies Initiative Pinkstinks die Show stahl: „Die schaffen es immer wieder, gut durchdachte und friedliche Proteste kaputt zu machen Die müssen sich echt mal überlegen, was sie eigentlich wollen.“

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Noch bevor der Protest gegen das Barbie-Haus losging, kam eine Frau mit nacktem Oberkörper und Holzkreuz, erzählt mir Stevie. An dem Kreuz brannte eine Barbie-Puppe. Die Aktivistin wurde von Sicherheitsbeamten abgeführt, lies dabei aber das Kreuz fallen, das  schnappte sich irgendein „verwirrter Mann“ und rannte ins Haus, stieß dabei sogar einen Kinderwagen um. Kinder sind wohl nicht zu Schaden gekommen, allerdings wurde eine ältere Frau leicht verletzt und musste ins Krankenhaus gebracht werden. Warum der Mann das tat, ist nicht ganz klar.

Naja, eines haben die Feministinnen alle gemeinsam, und das ist ihr Hass gegen Barbies. Auch die Hauptorganisatoren der Demo, die Mitglieder der Initiative Occupy Barbie-Dreamhouse, haben im Vorfeld angeblich schon Schnurrbärten auf Barbie-Plakate gemalt und wurden angezeigt.

Die Gruppe hatte sich im März extra aus Protest gegen das Barbie-Haus gegründet. „Hier ist doch etwas schief—warum geht es denn in dem Haus nur um Schminken, Kochen, Putzen? Warum ist die Hauptattraktion die größte High-Heels-Kollektion Europas? Das ist doch ein komisches Bild von Frauen“, erzählt mir die 24-jährige Wirtschaftsstudentin Franziska eifrig. Dann redet sie von neuen, verkomplizierten Rollenbildern, dass Frauen heutzutage nicht nur hübsch und schlank sein sollen, sondern auch noch erfolgreich und nebenbei noch die liebevolle Mutter, „die immer die Schnittchen frisch geschmiert hat.“

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Sie kämpfen gegen Sexismus in Deutschland, wollen erklären, dass Frauen noch immer 23 Prozent weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen und immer noch zu 90 Prozent den Haushalt schmeißen. Und dass das alles zusammenhängt mit Bildern in der Werbung und eben dem Barbie Dreamhouse. Es würde sie gar nicht so stören, sagt Stevie, wenn es noch andere Häuser gäbe, in denen Kinder auch andere Sachen machen könnten, als sich nur, wie im Barbie-Haus, für eine Karriere als Popstar oder Model zu entscheiden. „Aber dieses Haus ist der Repräsentant der Spielwelt von Mädchen heute.“

Endlich geht der Protestzug los, der Wagen setzt sich in Bewegung, der Menschenzug hinterher. Ich finde Franzi in der Menge, unüberhörbar, wie sie brüllt: „Nichts ist so schön wie ein rebellischer Geist!“ Lauter als alle anderen um uns herum. Als die Rufe abgeebbt sind, sagt sie mir, dass sie die Zahl der Demoteilnehmer auf ungefähr 400 schätzt. Ich kucke auf den Zug. Sind schon einige, aber na ja, 400 so mit allen Hühneraugen zugedrückt.

Nachdem wir einmal um den Alexanderplatz marschiert sind, kommen wir vorm Barbie-Haus an. Hinter dem Zaun und den dick gepolsterten Polizisten blicken ein paar glitzerverschmierte Kindergesichter mit zusammengekniffenen Augen auf den Protestzug.

Ich wechsle mal die Seite und nähere mich einer Miniwasserrutsche in Form eines überdimensionalen rosa Stöckelschuhs, wo ich Sophie treffe. Die ist so um die 20 ist, blond, dünn, überschlagene Beine. „Als ich als Kind mit Barbie gespielt habe, habe ich mich deswegen ja auch nicht geschminkt.“ Ein Mädchen in einem weiß-rosa gestreiftem Kleid springt an uns vorbei, das Gesicht voll mit Rouge, Lidschatten und Lippenstift. „Gut, das finde ich nicht OK“, sagt Sophie mit Blick auf die Kleine. „Das sieht ja auch nicht schön aus.“ Dann steht sie auf und balanciert auf ihren Absätzen neben ihrem Freund ins Dreamhouse. Sie macht jetzt die Tour mit.

Im Barbie-Café, was eigentlich der knallpinke, nach Gummi riechende und mit rosa Glitzerkleidern in Kindergröße vollgestopfte Souvenirladen ist, in den die Barbie-Haus-Besucher am Ende ihrer Tour geschleust werden, steht einer der Mitarbeiter. Er ist vielleicht 21, trägt ein schwarzes T-Shirt, auf dem in pinken Lettern „Barbie Friend“ steht und auf dem Kopf hat er einen Haarreif mit überdimensionaler Schleife (Farbe muss ich nicht mehr sagen, oder?). Er kann manche Kritikpunkte der Demonstranten schon nachvollziehen, aber Barbie hält er nicht für das richtige Ziel. „Viel schlimmer ist doch, wie die Kinder auf großen H&M-Plakaten Beyoncé sehen. Bei Barbie verstehen sie zumindest, dass es eine Puppe, also unrealistisch, ist.“ Ich schlage ihm vor, doch mal am 1. September zum Brandenburger Tor zu gehen. Da organisiert Stevie Schmiedels Initiative Pinkstinks nämlich eine Demo gegen Sexismus in der Werbung. „Ja“, sagt er. „Das kann ich voll unterschreiben.“

Fotos: Jessica Lopez