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Dieser Typ bezahlt 350 Euro Miete für einen Holzverschlag im Wohnzimmer einer WG

Peter Berkowitz hat einen Abschluss von einer renommierten Uni, doch um sich das Leben in San Francisco leisten zu können, musste er kreativ werden. Natürlich hat er seine Idee schon zum Startup gemacht.

Also, in den USA geht's uns klasse, und bei euch so? | Foto mit freundlicher Genehmigung von Peter Berkowitz

Peter Berkowitz hat seinen Abschluss an der renommierten University of Chicago gemacht und sich dann als freier Illustrator in New York City einen Namen erarbeitet, unter anderem beim prestigeträchtigsten Magazin des Landes. Heute lebt er in einem 240 cm x 137 cm großen Verschlag im Wohnzimmer eines Freundes in San Francisco. Doch er behauptet, diese Entscheidung sei weder das Ergebnis von Armut noch von Verzweiflung.

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„Es klingt nicht so attraktiv, wenn man sagt: ‚Ich baue mir einen Verschlag'", sagte mir Berkowitz. „Die Assoziationen, die das weckt, sind nicht besonders schön, und dafür habe ich auch Verständnis."

Warum sollte sich also ein erwachsener Mensch entscheiden, sich eine Behausung zu suchen, die so beengt ist, dass er nicht einmal aufstehen kann, um eine Hose anzuziehen? Der 25-jährige ist nur ein weiteres Beispiel für die extremen Umstände, mit denen sich Leute abfinden, um in einer Stadt wie San Francisco zu leben, wo die durchschnittliche Miete einer Zwei-Zimmer-Wohnung bei 3.670 Dollar (ca. 3.240 Euro) liegt. Die schwindelerregend schnelle Gentrifizierung der San Francisco Bay Area hat obdachlose Menschen gezwungen, in Zeltstädten zu wohnen, und auch einen Google-Techniker auf die Idee gebracht, in einem Lkw zu wohnen, um 90 Prozent seines Einkommens zu sparen.

Berkowitz, der in der Nähe von New York City aufgewachsen ist, zog an die Westküste der USA, um bei seinem Bruder zu sein. Anfangs lebte er in Oakland, doch er sah immer wieder auf Craigslist nach einer Möglichkeit, auf die andere Seite der Bucht nach San Francisco zu ziehen. Um diese Zeit herum kam ihm dann auch der Einfall mit dem Verschlag und er fragte einen Freund, ob er die Anfrage an seine drei Mitbewohner weitergeben könne. Alle stimmten zu und einigten sich auf 400 Dollar für die Miete. Berkowitz sammelte seine ersten Erfahrungen als Zimmermann und gab für sein Mini-Domizil letzten Endes 1.300 Dollar aus. Die Wände sind erst vor zweieinhalb Wochen aufgestellt worden, und heute wohnt er im Grunde in einem Bettgestell von IKEA, das bis an die Decke geht.

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Sein Hab und Gut wurde auf seine Eltern und seinen Bruder aufgeteilt.

Berkowitz, der Single ist, schwört, dass es in seiner Behausung gemütlich ist—und außerdem auch schalldicht. „Wenn ich jemanden kennenlerne, und diese Person ist von meiner Box abgestoßen, dann sollte ich vielleicht stattdessen Zeit mit einer Person verbringen, die mehr so ist wie ich", sagt er. „Es ist nicht eklig da drin. Es ist auch nicht unvernünftig, wenn ich sage, dass es bei mir schöner ist als in den meisten Schlafzimmern."

In wahrer San-Francisco-Manier hat Berkowitz seine Idee bereits in ein Startup verwandelt. Es hat zum Ziel zu vermeiden, dass Menschen fast 900 Dollar zahlen müssen, um in einem Zelt zu leben, und dass solche, die eine Wohnung mieten, mit ihren eigenen Box-Bewohnern ihr Einkommen aufstocken können. Berkowitz verkauft die Verschläge zu einem günstigen Preis, denn er legt mehr Wert darauf, seine handwerklichen Fähigkeiten auszubauen, als sich eine goldene Nase zu verdienen.

Vermutlich ist das auch gleichzeitig genau die Haltung, die den Kerl überhaupt erst in eine Box hat ziehen lassen, doch er ist damit keineswegs allein. Für die meisten Millennials ist es nichts weiter als ein entfernter Traum, ein eigenes Haus zu besitzen. Und die Adressen, die sie sich leisten können, sind für die meisten gebildeten jungen Menschen, die „sich selbst finden" wollen, anstatt am kapitalistischen Konkurrenzkampf teilzunehmen, keine attraktive Option. Laut einem Bericht der Immobilienseite Zillow von 2015 gehören zu den US-Städten, in denen man sich die Miete noch leisten kann und neue Arbeitsplätze entstehen, Las Vegas, Phoenix in Arizona und Jacksonville in Florida. Diese Städte stehen bei jungen, liberalen Großstädtern nicht gerade Hoch im Kurs.

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Es sieht so aus, als würden wir uns in vielen Ländern auf eine Situation zubewegen, in der viele gebildete junge Menschen sich in drei oder vier Städte quetschen, sich gegenseitig im Kampf um die wenigen Immobilien die Augen auskratzen und drei oder vier Freiberuflertätigkeiten kombinieren, um über die Runden zu kommen. Doch wenn man Leute sieht, die in Verschläge und Zelte und Lkw ziehen, um in einer Gegend bleiben, dann wirkt eine richtige Wohnung in einer angeblichen langweiligen Stadt wie Houston plötzlich um einiges attraktiver.

Was sagen uns diese Geschichten also über den Wandel der Klassendynamiken? Da heute Menschen, die gut bezahlte und angesehene Jobs haben, freiwillig so beengt wohnen, nur um in einer Trendstadt wie San Francisco zu sein, wird die Oberschicht vielleicht bald nicht nur nach Wohnviertel definiert, sondern nach den Ausmaßen ihrer Wohnkapseln?

„Ich glaube nicht, dass ich meine Familie in einem Verschlag großziehen werde", sagt er mir. „Aber ausschließen würde ich es auch nicht."