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Gegen Abtreibung, aber für den Anschluss

Beim „Marsch für die Familie“ am Samstag wurden Flyer mit nationalsozialistischem Inhalt verteilt. Statt einszuschreiten, gingen Polizei und Verfassungsschutz gegen friedliche Demonstranten vor.

Fotos mit freundlicher Genehmigung von Jessica Müller.

Als am Samstag die Regenbogenparade durch Wien zog, demonstrierten in der Innenstadt Abtreibungsgegner mit ihrem „Marsch für die Familie“ gegen Schwangerschaftssabbruch, eingetragene Partnerschaften, Sexualkundeunterricht und generell alles, was mit Sexualität zu tun hat und nicht Mann-Frau-Hochzeit-Babys ist. Eine Bewegung, die diese Anliegen anscheinend unterstützt—und daher auch auf der Gegendemonstration ihre Flyer verteilt hat—ist die Europäische Aktion, von der man bei uns bisher noch nicht viel mitbekommen hat.

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Das Symbol der Europäischen Aktion ist das Kruckenkreuz, das Symbol des Austrofaschismus. Auf den Flyern fordert die Bewegung einen Anschluss Österreichs an Deutschland und die Abschaffung des Verbotsgesetzes in Österreich, des Antirassismusgesetzes in der Schweiz und bezeichnen diese Gesetze als Unrecht. Gegründet wurde die Europäische Aktion von dem Holocaustleugner Bernhard Schaub, der in seinen Reden auch mal seinen Freunden hinterhertrauert, die zu Unrecht Haftstrafen abgesessen haben oder immer noch absitzen. Und das „nur“ weil sie die gleiche Meinung wie er vetreten, sie aber etwas „deutlicher“ ausgesprochen hätten.

Jessica Müller, Vorsitzende des VSStÖ, die auf der Demonstration einen dieser Flyer bekam, gab ihn zwar gleich dem Einsatzleiter der Polizei weiter, der sah aber keinen Zusammenhang mit der Demonstration und die Flyer als nicht verboten an. Man kann also in Österreich ohne Einschränkungen Flyer verteilen, die unter anderem ein „Ende der Einwanderung aus anderen Erdteilen“, die „Rückwanderung der Fremdkontinentalen“ und eben den Anschluss Österreichs an Deutschland fordern.

Den Teilnehmern des „Marschs für die Familie“ stellten sich schmusende Paare und Menschen in den Weg, die Transparente mit der Aufschrift „Nein, nein, nein. Ihr schränkt mich nicht ein“ trugen. Aber beide Seiten waren friedlich. Auch die Nationalratsabgeordnete Sigi Maurer war bei der Demonstration dabei. In einer Aussendung der Polizei heißt es, Maurer habe die Demonstration der Abtreibungsgegner blockiert, dann einen Fluchtversuch unternommen und sich geweigert, sich auszuweisen, was—wie sie mir am Telefon versichert—nicht im geringsten stimmt. Sowohl Jessica Müller, als auch Sigi Maurer wurden von der Polizei zur Identitätsfeststellung mitgenommen, vorgeworfen wurde ihnen von Seiten der Polizei „Störung einer Versammlung“.

Der Verfassungsschutz hat auf Demonstrationen unter anderem genau diese Augabe: Wenn eine Person Flyer mit rechtsradikalem Inhalt verteilt, nachzugehen, wer diese Peron ist. Der Verfassungsschutz sieht anscheinend keinen Zusammenhang zwischen dem Flyer und der Demonstration, auf der ein Mann mit einer Fahne, die das selbe Symbol trägt, ebenjene Flyer verteilt. Stattdessen wurden friedliche Demonstranten von der Polizei zur Idenitätskontrolle mitgenommen. Laut Standard hieß es in der Presseaussendung der Polizei anfangs noch, die Flyer hätten „angeblich rechtradikalen Inhalt“, doch in der einzigen aufzufindenden Aussendung ist das „angeblich“ gestrichen und aus rechtsradikal wurde nationalsozialistisch. Der Absatz, in dem geschrieben wird, dass der Verfassungsschutz erst keinen Zusammenhang sah, wurde laut Standard gestrichen, ist aber jetzt wieder in der Presseaussendung zu lesen. Die beiden Polizeivertreter, die die Presseaussendung verfasst haben, waren heute für keine Stellungnahme zu erreichen.

Hanna auf Twitter: @hhumorlos