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"Das haben wir so nie gesagt" – Zwei junge Frauen wehren sich gegen die 'Krone'

Laut 'Krone' sollen die beiden Frauen Angst haben, nachts durch den Park zu gehen. Laut eigenen Angaben ist das Blödsinn.

Fotos vom Autor

"Ich hatte das Gefühl, die haben richtig auf uns gewartet: Zwei blonde junge Frauen, das hat genau zu ihrer Story gepasst." Katja und Patricia sind immer noch empört, wenn sie von ihrer Begegnung mit der Kronen Zeitung berichten.

Kein Wunder, denn die beiden wurden vor wenigen Tagen mit vollem Namen und Foto in einem Artikel der Krone gezeigt. Einem Artikel, der durch die deutliche Betonung der Herkunft zweier angeblicher Täter (12 und 15 Jahre alt) eine zumindest fragwürdige Schlagseite hat. Katja und Patricia werden in diesem Artikel sogar zitiert. Allerdings mit Zitaten, die sie so nie gesagt hätten, wie die beiden betonen.

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Wir treffen uns in einem linken türkischen Lokal in Wien. Beide lachen während unseres Gesprächs sehr viel, sind fröhlich und weltoffen. In der Krone hingegen werden zwei böse in die Kamera blickende und verärgerte junge Frauen dargestellt. Dieses Bild erschien ursprünglich auch, wenn der Artikel im Internet geteilt wurde.

"Der Fotograf hat zuerst richtig viele Bilder von uns gemacht. Offenbar haben ihm die aber alle nicht gepasst, weil wir zu viel gelacht haben. Dann hat er uns einmal gegen das Licht gestellt. Er hat mich zusätzlich gebeten, die Sonnenbrille aufzusetzen und gesagt, wir sollen doch einmal ernst schauen. Als er dieses Bild gemacht hatte, hat er danach sofort aufgehört, zu knipsen", erzählt Katja.

"Der Fotograf hat zuerst richtig viele Bilder von uns gemacht. Offenbar haben ihm die aber alle nicht gepasst, weil wir zu viel gelacht haben."

Katja und Patricia sind Krankenpflegeschülerinnen, so haben sie sich auch kennengelernt und angefreundet. Beide haben sich sehr bewusst für einen Sozialberuf entschieden. "Ich habe eigentlich Köchin gelernt, dann habe ich kurz als Sozialpädagogen gearbeitet. Am liebsten würde ich später auf einer Palliativstation arbeiten und Menschen eine letzte schöne Zeit vor dem Tod bereiten", sagt Katja.

Auch Patricia hatte zuerst einen anderen Job. "Ich habe eine Lehre als Speditionskauffrau gemacht, dann bin ich mal einige Monate nach Asien. Danach habe ich mich entschlossen, im Sozialbereich zu arbeiten." Auch sie wünscht sich nicht unbedingt ein einfaches Feld: "Am liebsten würde ich mit krebskranken Menschen arbeiten."

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Der Artikel in der Krone beschreibt einen angeblichen Vorfall im Matznerpark in Wien-Penzing. "Wir sind mit meinen Hunden spazieren gegangen und haben im Park die Journalistin und den Fotografen gesehen. Wir haben zuerst gedacht, das sind Touristen, doch dann haben sie uns angesprochen", erzählt Katja.

"Wir wussten eigentlich gar nicht, dass irgendetwas passiert sein soll. Der Fotograf hat uns dann erzählt, dass es angeblich einen riesigen Polizeieinsatz gegeben hätte, weil jemand mit einem Messer herum gefuchtelt und Kinder bedroht hätte", berichtet Patrizia.

Die Krone-Reporterin hätte dann gefragt, ob sie sich unsicher fühlen würden. "Ich habe einfach nur gesagt, dass es wohl überall auf der Welt so ist, dass eine Frau, die in der Nacht an einer Gruppe vorbeigeht, sich mit Hund sicherer fühlt", sagt Katja. "Ich habe aber auch betont, dass noch nie etwas passiert ist."

Die Krone-Reporterin hätte dann gefragt, ob sie sich unsicher fühlen würden.

In der Krone allerdings steht nun zu lesen: "'Abends ohne Hund würde ich mich nicht mehr in den Park trauen', betont Katja mit Freundin Patrizia". Katjas Reaktion: "Völliger Blödsinn, so etwas habe ich nie gesagt. Ich habe keine Angst und ich habe auch kein Problem damit, in den Park zu gehen." Patricia ergänzt: "Wovor sollte ich mich fürchten? Ich war schon an so vielen Orten auf dieser Welt, warum sollte ich in einem Wiener Park Angst haben?"

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Der angebliche Müll im Park ist im Artikel ebenfalls ein großes Thema. Die Krone zitiert die beiden Krankenpflegeschülerinnen so: "'Jeden Morgen liegen Unmengen an Müll hier verstreut', ärgern sich Katja und Freundin Patrizia, die im Matznerpark gerne spazieren gehen." Neben diesem Zitat ein großes Bild der beiden (In der Printausgabe der Krone sind auch die vollen Namen abgedruckt, wir beschränken uns hier auf die Vornamen).

"Wir hatten gesagt, dass in der Nacht oft Müll herumliegt. Wir haben aber auch betont, dass in der Früh immer alles weggeräumt ist und uns bei den Gemeindehacklern bedankt", sagt Katja.

"Wir hatten eigentlich die ganze Zeit das Gefühl, dass das Suggestivfragen sind. Zuerst der Müll, dann die Sicherheit, dann dorthin, dann wieder zurück, bis sie ihre Aussagen hatten", meint sie. Auch Patricia sagt: "Ich fand die ganze Geschichte schon während des Gesprächs komisch. Die Reporterin hat beispielsweise auch kaum etwas von unseren Aussagen aufgeschrieben."

"Die wussten genau, was sie wollen. Wir leider nicht", meint Patricia.

Besonders schockierend ist für beide die Schlagseite des Artikels mit der besonderen Betonung der Herkunft der beiden Jugendlichen, die als Täter dargestellt werden: "Ich bin extrem verärgert über die andauernde rechte Hetze. Aber ich glaube auch, dass jeder Einzelne etwas dagegen tun kann", sagt Patricia. Und Katja betont: "Das System und die ungerechte Verteilung sind das Problem, sicherlich nicht Flüchtlinge."

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"Die Reporterin hat schon gecheckt, dass wir klar antirassistisch sind. Sie hat es sich dann eben so gebogen, wie sie es wollte ", sagt Katja. Sie ist selbst mit einer Philippinin zusammen. "Meine Freundin und ich, wir waren beide völlig geschockt, als wir den Artikel gesehen haben."

"Die Reporterin hat schon gecheckt, dass wir klar antirassistisch sind. Sie hat es sich dann eben so gebogen, wie sie es wollte "

"Ehrlich gesagt, wir hatten schon unmittelbar nach dem Interview ein sehr ungutes Gefühl", sagt Patricia. "Mein erster Gedanke war auch, dass wir jetzt hoffentlich nicht als Rassistinnen dastehen", meint Katja.

Und was ist passiert, nachdem der Artikel erschienen ist? "Das war schon ziemlich unangenehm. Wir sind in der Klasse beispielsweise von Schülerinnen und Lehrerinnen angesprochen worden", erzählt Katja. "Aber zumindest die Leute, die uns gut kennen, wissen ja genau, wie wir denken."

"Wir haben dann gesagt, dass wir das so nicht akzeptieren können und haben ein Posting auf Facebook verfasst. Das wurde bisher über 800 Mal geteilt. Für uns war es sehr wichtig, dass das nicht einfach so stehen bleibt", erzählt Patricia. "Wir haben auch sehr viele Rückmeldungen bekommen, fast alle positiv und bestärkend"

"Wir und einige andere haben auch versucht, auf der Seite zur Krone zu kommentieren. Das wurde aber sofort gelöscht. Die rechten Sachen hingegen blieben stehen", sagt Katja.

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"Wir und einige andere haben auch versucht, auf der Seite zur Krone zu kommentieren. Das wurde aber sofort gelöscht."

Interessant auch die Reaktion der Kronen Zeitung. Entsprach der Artikel in der Online-Ausgabe zu Beginn weitgehend dem Print-Artikel, wurde die Online-Ausgabe in der Zwischenzeit gekürzt. Das Foto und die angeblichen Zitate von Katja und Patricia sind ebenso verschwunden wie der Name der Autorin, Martina Münzer.

"Dass die Krone den Artikel jetzt verändert hat, betrachten wir als eindeutiges Schuldbekenntnis", sagt Katja. "Allerdings war das eine völlig kommentarlose Veränderung – wir bekamen keinerlei Reaktion."

Martin Kallinger von Krone.at bestätigt, dass die Online-Version des Artikels als Reaktion auf das Facebook Posting von Katja und Patricia geändert worden sei. "Das ist aber kein Schuldeingeständnis", so Kallinger. "Möglicherweise hat es da ein Missverständnis gegeben, möglicherweise behaupten die Damen im Nachhinein dass sie da etwas nicht gesagt hätten, obwohl sie es gesagt haben." Kontakt mit den beiden wäre von der Online-Redaktion allerdings nicht aufgenommen worden.

Katja und Patricia überlegen nun, rechtlich gegen die Krone vorzugehen.

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