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Die Europäische Union will in naher Zukunft 80.000 Afghanen abschieben

Wie aus einem geheimen Dokument hervorgeht, plant die EU eine Reihe an Maßnahmen, um Afghanen aus Europa abzuschieben.

Wie aus einem Anfang März geleakten Geheimdokument der Europäischen Union hervorgeht, schlägt die Europäische Kommission dem Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedsstaaten vor, in „naher Zukunft" 80.000 Afghanen in ihre Heimat abzuschieben.

2015 sollen laut dem Papier etwa 213.000 Afghanen illegal in die Europäische Union geflüchtet sein, was sie—nach den Syrern und vor den Irakern—zur zweitgrößten Gruppe der in Europa Schutzsuchenden macht. Momentan finden vergleichsweise wenig Abschiebungen nach Afghanistan statt, was daran liegt, dass Afghanistan als „sicheres Herkunftsland" äußerst umstritten ist. Außerdem lehnt es das Land ab, Geflüchtete wieder zurückzunehmen, und darüber hinaus enden etwa 60 Prozent der Asylverfahren von Afghanen positiv.

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Aus dem Geheimdokument geht weiter hervor, dass in Afghanistan allein im Jahr 2015 circa 11.000 Zivilisten getötet wurden. Die meisten fielen Kämpfen zwischen Regierungstruppen, den Taliban und anderen Aufständischen sowie Terroranschlägen und US-Drohnenangriffen zum Opfer. „Aufgrund der sich verschlechternden Situation in Afghanistan sowie dem Druck auf Afghanen in Pakistan und dem Iran, besteht ein hohes Risiko zusätzlicher Migrationsströme nach Europa. Das erfordert eine Verstärkung der Interventionen", heißt es weiter.

Ein weiteres vertrauliches Dokument, das uns im Februar zugespielt wurde, weist auf einen EU-Militäreinsatz in Libyen hin

Obwohl die Europäische Union sich also über die katastrophale Lage in Afghanistan durchaus im Klaren ist, sieht die „Verstärkung der Interventionen" nicht etwa vor, Afghanen den Zugang zu Asylverfahren innerhalb der EU zu erleichtern. Es werden auch keine Verhandlungen mit den USA über einen Stop der Drohnenangriffe angestrebt, oder sich um Friedensverhandlungen bemüht. Im Gegenteil. Stattdessen schlägt die Europäische Kommission vor, die Entwicklungshilfe für Afghanistan als Druckmittel zu verwenden, um das Land dazu zu bringen, Geflüchtete zurückzunehmen und Abschiebungen massiv zu erhöhen.

Konkret geht aus den Dokumenten hervor, dass die Europäische Union plant, die Entwicklungshilfe für das Land am Hindukusch, die 40 Prozent des Bruttoinlandproduktes ausmacht, zu kürzen, sollte sich die Regierung weigern, den massenhaften Rückführungen zuzustimmen. Weitere Anreize will die EU mit neuen Handelsvereinbarungen und Universitätsplätzen für die Elite des Landes schaffen.

Ein weiteres brisantes Detail, das aus den Unterlagen herauszulesen ist, ist, dass die Europäische Union auch weitere Deals, wie jenen mit der Türkei, durchaus für möglich hält. So werden konkret der Iran und Pakistan als mögliche Auffangbecken für afghanische Refugees genannt. Unter dem Punkt „Vorschläge für nächste Schritte" heißt es: „Initiieren von Kontakten mit dem Iran und Pakistan bezüglich möglicher Maßnahmen im Hinblick auf die afghanischen Migranten und Flüchtlinge in diesen Ländern im Rahmen eines regionalen Ansatzes."

Man kann also davon ausgehen, dass der EU-Türkei-Deal zur Reduzierung der Flüchtlingsbewegungen nach Europa nicht der letzte seiner Art war. Bereits dieser Pakt hat nicht nur zu massiver Kritik und zum teilweisen Stop der Flüchtlingsarbeit von UNHCR und Ärzte ohne Grenzen auf den griechischen Inseln geführt, sondern wirft auch noch viele Fragen auf. Wenn die EU etwa dem Iran ebenfalls Finanzhilfe in Milliardenhöhe als Gegenleistung für die Festhaltung von Flüchtlingen gewährleisten würde, könnte dies nicht nur zu Verstimmungen innerhalb Europas führen, sondern auch die Beziehung zwischen der EU und den USA belasten.

Paul auf Twitter: @gewitterland