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Sex

Eine junge Frau erzählt über ihre Erfahrungen mit Würgen beim Sex

Die Atemkontrolle ist eine der extremsten Praktiken des BDSM. Wir haben mit einer Frau gesprochen, die damit Erfahrungen gemacht hat.
eine frau im interview über würgen beim sex

Dass einem jemand den Hals zudrückt und man keine Luft mehr bekommt, ist für die meisten von uns eine extrem unheimliche Vorstellung. Die Kontrolle der Atmung durch eine andere Person hat für viele so gar nichts Sexuelles an sich. Anderen hingegen gibt gerade diese Vorstellung und dieses Gefühl das, was ihnen beim Sex fehlt. Die Atemkontrolle gilt als eine der gefährlichsten Formen des BDSM. Immer wieder wird diskutiert, ob sie noch in das SCC-Konzept (safe, sane, consensual) fällt oder nicht, denn viele sagen, "safe" könne man diesen Fetisch gar nicht praktizieren.

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Das Luft abschnüren mit Hilfe eines Gegenstandes, die Atemkontrolle mit einer Gasmaske oder das Würgen mit bloßen Händen sind, neben dem Eintauchen in Wasser, Formen dieser sexuellen Praktik. Wie gefährlich das Abschneiden der Luftzufuhr ist, hängt einerseits von der Ausübung ab, andererseits auch von den Beteiligten, denn jeder Körper ist einzigartig. Wenn etwas schiefgeht, kann die erstickende Person einen Herzstillstand oder permanente Hirnschäden erleiden oder sogar sterben. Der wohl bekannteste Fall, bei dem jemand durch diese Praktik starb, war der des Kill Bill-Darstellers David Carradine, doch auch Jugendliche in aller Welt praktizieren das "Würgespiel" ohne sexuellen Kontext und sterben daran. 2009 etwa erstickte ein 14-jähriger Junge in Brandenburg vor dem Computer, die Anleitung für das gefährliche Spiel noch auf dem Bildschirm.

Beim "Würgespiel" zu zweit wird dem passiven Partner der Atem erschwert oder gänzlich unterbunden. Das führt nicht nur zu völligem Kontrollverlust, sondern durch den Sauerstoffmangel wird auch Adrenalin ausgeschüttet. Wir haben mit einer 27-jährigen Frau aus Wien gesprochen, für die die Atemkontrolle beim Sex ein Spiel mit Grenzen und Macht ist und nicht nur Unterwürfigkeit bedeutet.

VICE: Wie hast du rausgefunden, dass du es magst, wenn man dich würgt?
Theresa*: Es hat eigentlich lange gedauert, bis ich mir dessen bewusst war. Bei meiner ersten längeren Beziehung habe ich die Erfahrung gemacht, dass es mir gefällt, wenn mir mein Freund einen Klaps auf den Po gegeben hat. Dann habe ich ihm auch einmal ins Gesicht geschlagen und er hat mich öfter an den Haaren gezogen. Das war aber schon alles. Ich wusste, dass ich auf härteren Sex stehe, aber an Würgespiele dachte ich damals noch nicht.

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Wie sahen dann deine ersten Erfahrungen mit Würgen aus?
Ich habe einen Typen auf Tinder kennengelernt. Es war von Anfang an klar, dass es auf eine Sex-Beziehung hinauslaufen wird. Als wir dann schließlich Sex hatten, ging es schon die ganze Zeit ein wenig härter zu. Wenn er gröber wurde, signalisierte ich ihm, dass es mir gefällt. Er hat dann seine Hände um meinen Hals gelegt und ganz leicht zugedrückt.


Auch bei VICE: Der gefährliche Trend von BDSM-Entführungsfantasien


Er wollte wahrscheinlich testen, wie ich darauf reagiere. Ich schaute ihn an, sagte "mehr" und er begann, mit beiden Händen zuzudrücken, bis ich keine Luft mehr bekommen habe. Der Sex wurde immer wilder und ich ging total ab und kam dann auch relativ schnell. Das war das erste Mal, dass ich beim Sex mit einem Mann ohne die Hilfe eines Vibrators zum Orgasmus kam. Ich habe zwar mit meiner Hand nachgeholfen, doch das war davor auch immer zu wenig. Es war einfach so aufregend.

Bist du in der Beziehung mit deinem Ex-Freund nie ohne Hilfsmittel gekommen?
Nein. Ich habe immer die zusätzliche Stimulierung mit einem Vibrator gebraucht. Ich bin auch bei One-Night-Stands nie gekommen, außer es war ein Vibrator im Spiel.

Was ist dann passiert? Hast du dann mit dem Typen darüber gesprochen, dass es dir gefallen hat?
Ja. Er hat mir erklärt, dass das, was wir gerade gemacht haben, extrem viel Vertrauen benötigt. Ich denke, es ging ihm auch um die Würgemale an meinem Hals. Er steht beruflich in der Öffentlichkeit und wusste, dass er Probleme bekommen könnte, wenn ich mit Würgemalen am Hals herumlaufe und jemanden davon erzähle. Umgekehrt habe ich ihm vertraut, dass er den Hals nicht zu fest oder zu lange zudrückt. Ich habe ihm auch gesagt, dass es mir gefallen hat und wir haben beschlossen, ein Safe Word auszumachen. Es war also klar, wie es die nächsten Male weitergehen würde.

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Wie lange bleibt dir da die Luft weg? Kannst du dann überhaupt ein Safe Word sagen?
Ich glaube, dass ich da so circa eine Minute lang keine Luft bekomme. Aber wenn Männer nicht fest genug zudrücken, halte ich die Luft selbst an. Das bekomme ich oft nicht bewusst mit. Im Nachhinein kann ich nicht genau sagen, wie stark das Würgen gewesen ist und wie oft ich selbst die Luft angehalten habe. Ich muss auch sagen, dass ich extrem lange die Luft anhalten kann. Ich bin eine gute Taucherin. Aber wenn es ganz extrem wird und man nichts mehr sagen kann, dann macht man das schon irgendwie mit den Augen deutlich, dass es zu viel wird. Ein Mann, der damit Erfahrung hat, weiß, wie weit er gehen kann.

Wenn Männer nicht fest genug zudrücken, halte ich die Luft selbst an.

Wie war das dann mit anderen Männern? Hast du ihnen gesagt, dass du darauf stehst?
Nein, das fanden die immer selbst heraus. Ich hatte zum Beispiel einen Sex-Buddy, der deutlich jünger war als ich. Er hat mich auch einmal beim Sex gewürgt und ihn machte das offensichtlich sehr an. Er hatte es zwar nicht so drauf wie der andere Typ, aber ich fand es trotzdem gut. Er hat sich nicht getraut, so weit zu gehen, und war zu vorsichtig. Wahrscheinlich war er einfach zu jung. Einmal hat er mich gefragt, ob ich mich beim nächsten Mal wehren würde. Das war schon ein bisschen abschreckend für mich, aber ich probierte es einfach aus. Es dauerte nicht lange, bis er gekommen ist. Ich habe mir zuerst gedacht, ich müsste das minutenlang durchziehen – das wäre mir schon ein wenig unangenehm gewesen. Ich würde das auch nicht wieder tun, weil es für mich ein wenig verstörend gewirkt hat.

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Später hatte ich was mit einem 40-jährigen Mann, der im Bett sehr dominant war. Auch er hat bald herausgefunden, dass ich darauf stehe, wenn mir der Atem wegbleibt. Manche deuten das Würgen nur an und manche drücken auch ein wenig zu – das ist sehr unterschiedlich.

Also hast du noch nie jemandem gesagt, dass du gewürgt werden möchtest?
Nein. Wenn sie merken, dass ich es härter mag und sie nur die Hand um den Hals legen, dann gebe ich ihnen deutlich zu verstehen, dass sie zudrücken können. Ich habe noch nie zu einem Mann gesagt: "Hey, nur damit du es weißt – ich stehe auf Würgespiele." Das ergibt sich immer von selbst.

Ich wusste schon immer, dass ich es im Bett gerne härter mag, und mittlerweile weiß ich auch, wie ich das ohne Worte signalisiere. Ich habe mal das Buch Elf Minuten von Paolo Coelho gelesen und mir dann immer gewünscht, jemanden zu finden, mit dem ich diese Würgespiele ausprobieren kann – oder BDSM-Spiele im Allgemeinen. Vor allem aber wollte ich diesen Zustand erreichen, der im Buch beschrieben wird. Nämlich den, dass man sich jemandem völlig hingibt und ihm quasi sein Leben anvertraut. Man weiß ja, dass solche Würgespiele lebensgefährlich sein können.

Was meinst du mit "diesem Zustand" dann genau?
Du gibst jemandem so viel Macht – er könnte dich ja theoretisch umbringen. Aber in diesem Moment fühlt man sich selbst sehr machtvoll, obwohl man wehrlos ist. Man fühlt sich auch irgendwie frei, weil man sich total auf jemanden einlässt und man wirklich alle Gedanken ausschaltet. Ich glaube, ich hab mich viel mächtiger gefühlt als er. Das, was ich am wenigsten gefühlt habe, war Wehrlosigkeit.

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In diesem Moment fühlt man sich selbst sehr machtvoll, obwohl man wehrlos ist. Man fühlt sich auch irgendwie frei, weil man sich total auf jemanden einlässt und man wirklich alle Gedanken ausschaltet.

Warum fühlst du dich dabei mächtig? Du verlierst ja die Kontrolle über die Situation.
Weil ich merke, wie scharf es den Typen macht, und das gibt mir ein Gefühl von Macht. Ich merke, dass er im Delirium ist und dass es ihn fast zerreißt. Meistens erkenne ich auch ein bisschen Angst in seinen Augen – er kann mich verletzen, aber nur ich weiß, wie es mir geht. Er weiß es nicht und kann es nur aus seiner Erfahrung heraus einschätzen. In dem Moment, wo man die Kontrolle komplett abgibt, fühlt man sich sehr befreit. Ich weiß auch gar nicht, ob ich da wirklich in meinem Körper bin. Es fühlt sich so an, als wäre ich woanders. Ich denke, ich trete ein wenig aus mir heraus.

Hattest du nie Angst davor, bewusstlos zu werden?
Nein. Angst hatte ich kein einziges Mal. Obwohl das alles sehr aufregend war, war es noch nie beängstigend.

Könntest du dir vorstellen, Atemkontrolle in einer Beziehung auszuleben?
Nicht wirklich. Ich hatte letztens mit einem Typen etwas am Laufen, der mir wichtig war. Wir haben zum Beispiel keine Würgespiele praktiziert. Er hat beim Sex nichts gemacht, das mich in irgendeiner Weise erniedrigen könnte, und das war total OK für mich. Eigentlich war der letzte Sex, den wir hatten, ziemlich langweilig. Das war eigentlich richtiger Beziehungssex – ein bisschen fad.

Hast du auch schon einmal einen Mann gewürgt?
Nein, noch nie. Da habe ich noch gar nicht daran gedacht. Aber das ist sicher sehr schwer – krafttechnisch. Da müsste man mit beiden Händen zupacken oder bräuchte Hilfsmittel.

*Name von der Redaktion geändert

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