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Hilft Alkohol gegen Erkältungen?

Wir haben nachgehakt, was an der heilenden Wirkung von Alkohol bei Erkältungen wirklich dran ist.
Alkohol mit einer Zimtstange und einer Zitrone, wird mitunter als ein Mittel gegen Erkältungen vorgeschlagen

Seien wir mal ehrlich. Wir suchen alle nach Ausreden, mehr zu trinken. Immerhin geht es auf die Stressjahreszeit Weihnachten zu, Trumps Präsidentschaft rückt näher und der Winter ist gerade erst losgegangen.

Menschen schätzen den Alkohol schon seit der Antike für seine medizinischen Eigenschaften, und das kommt uns natürlich sehr gelegen. Doch wir verlassen uns nicht einfach auf irgendwelche dahergelaufenen Historiker. Um herauszufinden, ob Getränke mit ein paar Umdrehungen auch medizinisch empfehlenswert sind, haben wir Praktizierende der östlichen und westlichen Medizin gefragt, wie hilfreich alte Alkohol-Heilrezepte tatsächlich sind.

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Grog gegen Erkältung

Das alte Hausmittel besagt: Wenn man schon eine Erkältung ertragen muss, dann kann man sich wenigstens dank gutem, altem Grog auf einen subtilen, wohligen Rausch freuen. Das Getränk besteht aus Rum, oder in manchen Fällen auch Whiskey, Weinbrand oder Ähnlichem, heißem Wasser und Zucker. Manche geben noch Zitrone oder Nelken hinzu.

Es gibt einige Theorien darüber, wie der Grog als Mittel gegen eine Erkältung fungiert. Eine besagt, dass Alkohol geschwollene Blutgefäße weitet, was vorübergehend entzündeten Schleimhäuten Linderung verschafft und die Nase befreit. Alkohol kann auch benommen und schläfrig machen, und da Schlaf eines der wichtigsten Heilmittel ist, wirkt eine Infusion medizinischen Fusels wie eine naheliegende Wahl.

Aber was am Grog dran ist. Die Ayurvedikerin Eileen Truesdale sagt zu VICE: "Alkohol hat stark heilende und auch austrocknende Eigenschaften. Wenn man also eine Erkältung hat, bei der man zittert und viel Schleim produziert, kann einen der Alkohol aufwärmen und ein wenig trockenlegen. Heißer Kräutertee mit Honig wäre meine Empfehlung. Persönlich würde ich keine nennenswerte Menge Alkohol hinzugeben, denn das ist unnötig und sogar kontraproduktiv."

Und weil die Antwort nicht unseren Vorstellungen entsprach, fragten wir noch jemanden.

"Alkohol hat eine gefäßweitende Wirkung, was die Durchblutung im entzündeten Bereich verbessern kann, aber es sind eigentlich Kräuter, Honig und heiße Flüssigkeit, die hier heilende Wirkung haben", sagt Narendra Garg, Internist aus dem US-Staat Illinois.

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Und was den Einsatz von Alkohol als Schlafmittel angeht, ist es leider auch nicht so einfach wie erhofft. Zwar macht Trinken müde, doch Studien haben gezeigt, dass es auch den REM-Schlaf stört, und genau den brauchen wir, um ausgeruht zu sein.

Einfach nur Wein

Vielleicht sind sechs oder sieben Tassen Tee mit Schuss also nicht das ultimative Erkältungsmittel. Aber das heißt nicht, dass wir die Vorstellung, Alkohol statt Hühnersuppe zu schlürfen, einfach aufgeben. Eine Studie (die sich ehrlich gesagt mit anderen Studien beißt) hat zum Beispiel gezeigt, dass ein mäßiger Weinkonsum von bis zu 14 Gläsern pro Woche gegen Erkältungen schützen kann. Vielleicht gibt es ja irgendwann in Apotheken Merlot.

Aperitif als Appetitanreger

Aperitifs sind Drinks, die vor einer Mahlzeit serviert werden, um den Appetit zu stimulieren und den Körper auf die Verdauung vorzubereiten. Beliebte Aperitifs sind Wermut, Pastis, trockener Champagner, Gin und Bitterspirituosen. Eine Studie von 2015 bestätigt, dass Bitter die Geschmacksnerven stimulieren und so den Speichelfluss anregen.

Garg fügt hinzu, dass kleine Mengen Alkohol tatsächlich eine stimulierende Wirkung auf den Appetit haben, doch Komasaufen vor dem Essen habe die gegenteilige Wirkung. Die Ayurveda-Heilpraktikerin stimmt zu: "Der Geschmack der Bitter regt im Körper die Produktion der Verdauungssäfte und des Stoffwechsels an, was hungrig machen kann", sagt sie.

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Verdauungsschnaps

Brandy, Sherry, Fernet und süße Liköre gehören zu den alkoholischen Getränken, die nach dem Essen als "Digestif" gereicht werden, und die bei der Verdauung helfen sollen. Eine Spielverderberstudie hat gezeigt, dass der Konsum von Digestifs nach einer Mahlzeit keinerlei Auswirkungen auf die Magenentleerung oder Verdauungsstörungssymptome hatte. Ein schöner, langer Spaziergang hingegen schon.

Den Einsatz von Digestifs kann man also tatsächlich nur rechtfertigen, wenn man einen Pfeffi trinkt, um vor dem Dessert nochmal richtig Hunger aufzubauen. Mehrere medizinische Fachzeitschriften haben bestätigt, dass Pfefferminzöl sich beruhigend auf die Verdauung auswirkt, vor allem beim Reizdarmsyndrom. Natürlich kannst du Pfefferminz auch ohne Alkohol zu dir nehmen. Wenn du das wirklich willst.

Allerdings hat keine der Studien untersucht, wie gut Alkohol dafür sorgt, dass einem von längerem Familienkontakt zu Weihnachten nicht schlecht wird.

Whiskey für zahnende Babys

In vielen Kulturen gibt es das Hausmittel, einem zahnenden Baby Alkohol aufs Zahnfleisch zu reiben, doch in den letzten Jahren lehnen immer mehr Menschen den Brauch ab und sagen, es sei immer schädlich, einem Baby Alkohol zu geben, egal wie wenig.

"Salzwasser ist eine viel bessere Lösung", sagt der Zahnarzt Mark Burhenne aus Kalifornien. Denn Alkohol könnten die Kinder verschlucken.

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Babys sind ja auch so schon chaotisch genug, da müssen sie nicht auch noch betrunken sein.

Fazit

Alkohol ist kein Allheilmittel, aber er hat schon seine Glanzmomente. Unsere beiden Experten haben beide betont, dass maßvoller Genuss bei der medizinischen Behandlung mit Alkohol wichtig ist.

Ein guter Ratschlag, den wird demnächst ignorieren werden.

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