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Der AfD-Tortenwerfer wird jetzt von einem Lynchmob bedroht

Morddrohungen und nächtliche Polizeieinsätze bei der Privatadresse: Die Extrem-Reaktionen auf den tortalen Krieg.
Foto: imago/Reiner Zensen

Der Tortenwurf auf die stellvertretende Landesvorsitzende der AfD, Beatrix von Storch, am Sonntag hat zahlreiche Reaktionen hervorgerufen: Während der Großteil der Beobachter den Streich eher wohlwollend kommentiert hat, finden andere die Aktion des Berliner Peng!-Kollektivs eher kontraproduktiv. Die Aktivisten hatten den Tortenwurf mit Anspielungen auf von Storchs Äußerungen über den Gebrauch von Schusswaffen gegen Flüchtlinge an der Grenze gerechtfertigt.

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Die AfD selbst reagierte jedenfalls maximal humorlos: „Wer keine Argumente hat, der reißt Plakate ab, verbrennt Autos oder stört Versammlungen mit Torten", kommentierte von Storch die Attacke, ein anderes Parteimitglied sprach von einem „feigen Angriff". Der Tortenwerfer wiederum berichtet, direkt danach hätten anwesende AfD-Mitglieder ihn „festgehalten, geschlagen und getreten". Die Polizei ermittelt jetzt gegen ihn wegen Beleidigung, gegen die mutmaßlichen Schläger wegen gefährlicher Körperverletzung.

So weit, so vorhersehbar. Kurz darauf legte von Storch aber noch einmal nach und veröffentlichte ein Foto des Clowns Jean P. auf ihrer Facebook-Seite—inklusive dessen vollen Namen. Es dauerte natürlich nicht lange, bis die treue Gefolgschaft sich in Rage geschrieben hatte und den Aktivisten mit Morddrohungen überzog. Kommentare wie „Linke ins Gas" oder „ab ins Arbeitslager" ließen ebenfalls nicht lange auf sich warten.

Wenig später hatte auch jemand Jean P.s Anschrift und Telefonnummer herausgefunden und in die Diskussion gepostet. Wenig später rief jemand bei dem Aktivisten an und raunte ihm „Ich und meine Kameraden werden euch hinrichten. Heil Hitler", ins Telefon, berichtete P. der taz.

„Torten haben immer auch etwas Demaskierendes. Man wirft eine Torte rein und bekommt—nur wenige Minuten später—Morddrohungen von Nazis zurück", kommentierte der etwas schockierte Aktivist in einem Interview mit der Berliner Zeitung. „Das habe ich in dieser Qualität noch nie erlebt und auch nicht erwartet."

Den Höhepunkt erreichten die Strafaktionen der von-Storch-Verteidiger jedoch mit einem abendlichen Anruf bei der Polizei. „Heute Abend gegen sechs Uhr ruft gleich jemanden bei der Polizei an und behauptet ich hätte meine Freundin umgebracht", berichtet der Aktivist auf Twitter. „Ich sei am Hauptbahnhof und nun auf der Flucht." Die Polizei stattete ihm daraufhin einen Hausbesuch ab, erklärt der Aktivist. Die Berliner Polizei konnte den Einsatz aus Datenschutzgründen weder bestätigen noch dementieren.

Jean P. will jetzt per Unterlassungsklage erwirken, dass von Storch den Post mit seinem Foto und Namen löscht, seine Erfolgsaussichten werden bereits auf der Seite netzpolitik.org diskutiert. Andererseits ist P. schon relativ häufig als Aktivist für Peng! aufgetreten—zum Beispiel, als er sich auf der Fachmesse re:publica 2014 als Google-Mitarbeiter ausgab, der den Zuhörern mit einem gewinnenden Lächeln das Ende ihrer Privatsphäre verkündete. Offenbar sind ihm die Drohungen der AfD-Fans dann aber doch zu unheimlich geworden.

Beatrix von Storch hat sich mittlerweile von den Drohungen auf ihrer Seite distanziert: Sie verurteile derartige Aufrufe zum Mord, sagte sie der taz. Immerhin: „Ich weiß, wie sich Derartiges anfühlt: Ich bekomme diese laufend." Ihr Parteikollege Ronald Gläser hatte jedoch mehr Verständnis für die Wut: „Wer mit dem tortalen Krieg droht, darf sich nicht wundern, wenn auch unsere Leute mit übertriebenen Emotionen reagieren", erklärte er taz.