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James Deen geht der Rassismus in der Porno-Industrie gehörig auf den Sack

Wir haben mit dem Porno-Star über Casting-Probleme, das „Interracial"-Genre und die herrschende Ungerechtigkeit in der Erotik-Branche gesprochen.

Foto: jamesdeen.com

James Deens Porno-Karriere fing vor elf Jahren an—damals war der Darsteller 18 Jahre alt. Inzwischen hat er schon in 2035 Erwachsenenfilmen mitgespielt. Er wird dafür bezahlt, Sex vor der Kamera zu haben. Jeden Tag bewerben sich viele Frauen auf seiner Website und hoffen, die Ehre haben zu dürfen, mit Deen zu ficken. Zusätzlich steht der Darsteller aber auch noch hinter der Kamera und fungiert als Regisseur und Produzent von Erotikfilmen. Als Deen schließlich tweetete, dass er zum ersten Mal in seinem Leben ein Problem mit seiner Arbeit hätte, konnte ich mir gar nicht vorstellen, was er damit meinen könnte.

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„Heutzutage caste ich für jamesdeen.com", erzählt er mir, „und lasse die Darsteller wissen, mit wem sie zusammenarbeiten werden. Dann meint irgendein Agent allerdings zu mir, dass seine Klientin nicht mit Männern anderer Hautfarbe dreht."

Diese Situation hat Deen beim Porno-Casting und -Dreh jetzt schon oft erlebt. Er erklärt mir, dass die Darstellerinnen oft für eine Szene zusagen und dann jedoch wieder zurückziehen, wenn klar wird, dass sie mit einem dunkelhäutigen Mann vor der Kamera Sex haben müssen."

„Das ist ärgerlich, ekelhaft und nervig. Außerdem entsteht so beim Casting ein großes Problem", meint Deen. „Ich kriege es dann oft mit den Agenten zu tun und muss eine Szene so nach dem Motto ‚OK, eine Darstellerin hat Sex mit allen Männern und eine Darstellerin hat nur Sex mit den weißen Männern' planen. Es gibt Frauen, die vor der Kamera noch nie mit einem Schwarzen geschlafen haben und dafür dann 500 Dollar mehr verlangen—so als ob das Ganze eine lästige Aufgabe wäre. Das ist rassistisch und erniedrigend. Außerdem kann ich so kein gutes Endprodukt abliefern und es schadet guten Darstellern wie Mickey Mod."

Diese in der Porno-Industrie doch relativ übliche Vorgehensweise impliziert quasi, dass eine Frau dafür entschädigt werden muss, Sex mit einem Schwarzen zu haben. Deen gibt mir schließlich die Telefonnummer von Mickey Mod, einem schwarzen Porno-Darsteller, denn er findet es nicht fair, dass es in meinem Artikel nur um die „Probleme eines wütenden Weißen" geht. Mod findet auch, dass diese Casting-Gepflogenheit gefährlich ist und sagt: „In der Porno-Industrie haben Darsteller, die nicht weiß sind, immer das unterschwellige Gefühl, weniger wert zu sein."

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Jedes Mal, wenn sich Mod mit einem oder mehreren anderen schwarzen Darstellern trifft, kommt dieses Thema unweigerlich auf den Tisch. Dann wird darüber diskutiert, welche Darstellerin keine sogenannten „Interracial Scenes" dreht und wer von welchem Porno-Unternehmen welche Vergütung bekommt. Die Statistiken einer bahnbrechend ausführlichen Studie von Jon Millward zeigen, dass sich zwar 87 Prozent der Porno-Darstellerinnen ins Gesicht spritzen lassen, aber nur 53 Prozent mit Männern anderer Hautfarbe drehen wollen. Mod erzählt mir, dass weiße Darstellerinnen ihren Widerwillen oftmals damit begründen, dass sie ihre Fans nicht verprellen wollen. „Das ist richtig komisch", meint er, „denn das bedeutet ja, dass ihnen die rassistischen Zuschauer wichtig sind. Es ist immer noch ein Unterschied, nicht mit einer Person vor die Kamera treten zu wollen, weil sie schwarz ist, und nicht mit einer Person vor die Kamera treten zu wollen, weil sie nicht zu einem passt."

In einem Interview mit der WebsiteThe Rootsprach der berühmte schwarze Porno-Darsteller Lexington Steele davon, dass die Abneigung vieler weißer Darstellerinnen gegenüber „Interracial"-Szenen durch deren Umfeld kommt. „Wenn man sich die Personen ansieht, auf die sie hören, dann merkt man, dass es auch diese Personen sind, die ihnen nahelegen, nicht mit schwarzen Männern zu schlafen", sagte er damals. „Dabei handelt es sich um Manager, Freunde, Ehemänner oder Familienmitglieder. Ganz ehrlich, die Porno-Branche ist der einzige große Industriezweig, in dem man noch aufgrund der Hautfarbe ausgeschlossen werden kann."

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Obwohl „Interracial"-Szenen ein beliebtes Porno-Genre sind, wird darin oft mit der Vorstellung gespielt, dass sich weiße Frauen selbst schaden, indem die Sex mit einem Schwarzen haben. Nachdem Mod bei den 2011 AVN Awards in der Kategorie Best Supporting Actor nominiert worden war, schrieb er in seinem Blog: „Meine Nominierung bringt mir jetzt eine größere Bekanntheit und so vielleicht auch die Möglichkeit, in mehr ‚Mainstream'-Pornos mitzuspielen, bei denen ich nur wenig bis gar kein Mitspracherecht dabei habe, wie der Film geschnitten oder vermarktet wird. Bin ich nach meinem nächsten L.A.-Trip vielleicht der Star von Chocolate Poles in Vanilla Holes vol. 47 oder A Nigga fucked my Butterscotch Latina Daughter No 87?"

Motherboard: Big Porno is watching you.

Die Verweigerung von weißen Porno-Darstellerinnen, Szenen mit schwarzen Darstellern zu drehen (oder dafür eben ein Extragehalt zu verlangen), ist besonders erschütternd, wenn man bedenkt, dass schwarze Darstellerinnen im Vergleich zu weißen für die gleiche Arbeit immer noch viel weniger bezahlt bekommen. Für Deen gibt es zwar viele Gründe, warum eine Darstellerin eine Szene nicht drehen will, aber er würde es dann doch bevorzugen, wenn sie diese Gründe ehrlich angibt. „Ich werde niemandem vorschreiben, was er oder sie zu tun hat. Man hat immer das Recht, nein zu sagen. Mir wäre es aber lieber, wenn man dann auch zugibt, dass man keine Menschen anderer Hautfarbe mag, denn so kann ich diese Person abhaken. Wenn jemand ‚Ich hasse Schwarze' sagt, dann werde ich ‚Alles klar, du hast zwar ein Recht auf deine Meinung, aber anstellen werde ich dich nicht, du Arschloch' antworten. Inzwischen bin ich an einem Punkt angekommen, an dem ich dann doch lieber meine Darsteller behalte, denn davon gibt es nicht so viele gute. Da benachteilige ich lieber die Rassisten."

Während unseres Gesprächs wird Deen immer lauter. Ich meine, dass er wütend klingt, und er schlägt daraufhin in die gleiche Kerbe wie Steele: „Ich bin wütend! Ich bin sogar richtig angepisst! Nur in der Porno-Industrie ist es noch möglich zu sagen, dass man nicht mit einem Darsteller zusammenarbeiten will, weil er schwarz ist. Das ist doch Wahnsinn!"

Ich frage Mod, warum das Ganze seiner Meinung nach immer noch so passiert. „Irgendwie gab es in der Porno-Branche noch nie irgendwelche großartigen Bemühungen, den moralisch rechten Weg zu beschreiten", antwortet er. „Darüber wird auch nicht viel geredet. Die Leute haben richtig Angst vor dem Wort ‚Rassist'. So kann man aber auch Teil des Rassismus-Problems werden, ohne wirklich Rassist zu sein."

„Was die eigentlichen Filme angeht, so brauchen wir da einfach mehr Transparenz. Ich wünschte, ‚Interracial'-Szenen wären gar kein eigenes Porno-Genre."