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Popkultur

#jesuisbeate – Warum es falsch ist, sich über ‚Beate & Irene‘ lustig zu machen

Im Partnerlook durch Mumbai: RTL erklimmt mit dem ‚Schwiegertochter Gesucht'-Spin-Off neue Höhen der Menschenverachtung.

Screenshot: Facebook

Mit Beate & Irene—das hat die Welt noch nicht gesehen! hat RTL am Sonntag eines ihrer zuverlässigsten Trash-TV-Eigengewächse seinem Heimatformat entbunden und neue Wege beschreiten lassen. Beate kannten wir bereits als in Liebesdingen immer ziemlich unglücklich agierenden Langzeitsingle aus Schwiegertochter Gesucht. Romantische Erfolglosigkeit wird irgendwann langweilig, mag man sich beim Privatsender gedacht haben. Vor allem, nachdem die Bayerin auch auf anderen Kontinenten bei der Männersuche glücklos blieb. Wenn Beate & Irene etwas beweist, dann aber folgendes: Emotion, egal wie konstruiert und gescripted sie sein mag, ist der wirkliche Treibstoff hinter den dauererfolgreichen Trash-Formaten im Fernsehen. Fällt die Liebe weg, wird es nur noch unangenehm.

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Warum ist Trash-TV so verdammt langweilig geworden?

Es muss eine bestimmte Art von Mensch benötigen, um zwei nicht unbedingt telegene Frauen mit mehreren dummen Touristenaufgaben im Gepäck nach Indien zu schicken—lediglich ausgerüstet mit einem Leitfaden zum Land im Bilderbuchoptik und der scheinbaren Auflage, in jeder nur denkbaren Situation Partnerlook zu tragen. Kleidet euch in traditionelle Frauengewänder ist eine der ersten Challenges, die rudimentären Englischkenntnisse der beiden Kandidatinnen (vielleicht auch zusätzlich beeinträchtigt durch den nicht unerheblichen „Jegleg") sind dabei natürlich nicht unbedingt zuträglich. Haha, die können ja gar kein richtiges Englisch, soll sich der Zuschauer wohl denken, während er sich durch die verschwitzten Tennissocken auf der heimischen Couch am Knöchel kratzt. Wer jemals einen All-Inclusive-Cluburlaub gebucht hat, weiß aber: Der durchschnittliche Pauschaltourist kann das auch nicht unbedingt.

Ebenso wenig, wie sich ein Ballerman-6-Urlaubseskalateur mit der mallorquinischen Geschichte auseinandersetzt, haben Beate und ihre Mutter eine Vorstellung von der Glaubenssituation in Mumbai. Ein Foto mit dem heiligen Tier der Inder sollen sie machen und während Beate versucht, sich mit einem Elefanten (und später dann auch noch einer Taube) abzulichten, bröckelt erstmals die Fassade des stoischen RTL-Reality-Produkts. Beate brüllt, will alles hinschmeißen und hat „keinen Bock" mehr darauf, komplett wahllos zusammengestellte Aufgaben ohne jegliche Hilfestellung vor laufenden Kameras und sadistischen Aufnahmeleitern absolvieren zu müssen.

Ja, genau. Die Frau, die sich seit nun mehr sieben Jahren vor laufender Kamera zum absoluten Vollpfosten macht und unter anderem dabei gefilmt wurde, wie sie im ramschigen Brautkleid und mit Walkman-Kopfhörer im Ohr ihrem schwulen Herzensmann einen musikalischen Heiratsantrag machte, emanzipiert sich endlich. Zumindest für einen kurzen Moment. Dann geht es für die „rastlosen Ratefüchse" im aufeinander abgestimmten Anakonda-Print auch schon weiter. Eine indische Großfamilie wird besucht und während man sich noch fragt, warum Beate und Irene mit hawaiianischen Blumenketten aus Plastik behängt werden, waschen die beiden Urlaubsgrazien auch schon Kleidung in einem traditionellen Wasserloch. Dann ist die erste Folge vorbei und der Zuschauer bleibt etwas ratlos zurück. War das alles?

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Formate wie Schwiegertochter Gesucht zeigen Leute in Lebenssituationen, auf die womöglich jeder, der es mit Ende 30 zumindest schon in die eigenen vier Wände geschafft hat, hinabblicken kann. Es ist menschlich und moralisch gesehen sicherlich fragwürdig, sich über verzweifelte Menschen auf der Suche nach Liebe (egal von wem) zu amüsieren, aber zumindest gibt es ein Gefälle zwischen Kuppelshowkandidat und 0815-Zuschauer. Beate & Irene hingegen zeigt überforderte Menschen, die Aufgaben erfüllen müssen, an denen jeder zweite Pauschaltourist mit überschaubarer globaler Reiseerfahrung ebenfalls scheitern würde—und somit wahrscheinlich auch große Teile der mit solchen Trash-Formaten angepeilten Zielgruppe. Wenn die erste Folge bereits das komplette Sendungsprinzip umrissen hat, würde es nicht überraschen, wenn das Format zum Flop wird. Der sadistische Zuschauer lacht schließlich ungern über sich selbst.

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