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Die Suche nach Magic Mushrooms auf der Alm

Von weiter oben ruft der Sepp herunter: „Der Hang ist perfekt zum Schwammerlsuchen, alles schön vollgeschissen!“

Ich stehe vor einer Party irgendwo im bayrischen Hinterland und die sechzehnjährige Jaqueline, die gerade vor die Tür gesetzt wird, und ich sind die einzigen, die hier noch nicht auf LSD, MDMA oder Speed sind. Der Rest der volljährigen bayerischen Dorfjugend feiert hier seinen persönlichen drogendurchtränkten Rave.

Eigentlich bin ich hergekommen, um mit Peter psychoaktive Pilze zu suchen, doch er hat darauf bestanden, dass ich am Vorabend auf seine Party komme. Der schlaksige Typ labert mich darüber zu, wie einfach solche Pilze zu finden seien: „Du kannst sie einfach vom Boden abbeißen, das ist völlig legal“, versichert er mir.

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Ich bin gespannt, was der nächste Tag bringen wird.

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Am nächsten Morgen ist es endlich soweit, und wir stehen auf, um in die Berge zu fahren. Also, es ist eigentlich schon zwei Uhr nachmittags, aber egal. Wir fahren Richtung Berge. Die beiden Freunde von Peter, Heidi und der Schwammerl-Sepp, erzählen mir, dass man den für seine psychedelische Wirkung bekannten Spitzkegeligen Kahlkopf total einfach finden kann. Er würde bevorzugt auf Gebirgspfaden wachsen, auf denen Kühe getrieben werden.

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Unsere Fahrt führt uns zum Schliersee, dort wollen wir die Gindel-Alm besteigen. Wir streifen durch den Wald, immer Bergauf, und ich lasse meinen Blick ins Dickicht schweifen. Ich frage, warum wir hier auf dem Weg gehen und uns nicht ins Unterholz schlagen. Heidi klärt mich auf: „Psylos wachsen nicht im Wald, nur am Waldrand. Auf der Alm, da wo die Kuhscheiße ist.“

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Wir steigen fast zwei Stunden nach oben. Uns begegnen Rentnergruppen auf Wanderschaft und Spaziergänger mit Hunden, während sich Heidi, Peter und Schwammerl-Sepp über ihre Drogenerfahrungen austauschen. Ab und zu machen wir Halt und sammeln ein paar Speisepilze am Wegesrand auf und stecken sie in unseren Beutel.

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Auf 1.200 Metern ist die Aussicht großartig. Hier gedeihen die Pilze am sonnenüberfluteten Hang der Gindel-Alm. Ich bin erschöpft, werde aber belohnt, von hier aus kann ich in der Ferne die majestätischen Alpen erblicken. Mein Versuch zu verschnaufen wird jäh unterbrochen, als Heidi aufruft: „Hier sind welche.“ Sie fängt an, begeistert mit einem Taschenmesser in einem Kuhfladen herumzustochern.

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Dann vergräbt sie ihre Finger in der braunschwarzen klebrigen Masse und zieht einen Klumpen Scheiße heraus, an dem ein winziger Pilz hängt.

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Von weiter oben ruft der Sepp zu mir herunter: „Der Hang ist perfekt zum Schwammerlsuchen, alles schön vollgeschissen!“ Er beugt sich über einen besonders großen Kackhaufen, murmelt etwas in sich hinein, deutet dann auf den Fladen. Er bezeichnet ihn als den „Haufen Gottes“.

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Wir huschen über den Hang, von einem Kuhfladen zum anderen, und schneiden die einen Zentimeter großen Pilze heraus. Aus der Ferne beäugen uns ein paar Kühe dabei, wie wir ihre frischen Kackhaufen durchwühlen.

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Erst als wir systematisch alles abgegrast haben, setzen wir uns hin und genießen die Aussicht. Die Drei philosophieren bereits darüber, was sie mit den Pilzen machen würden. Eine Pilzsuppe kochen, schlägt Heidi vor. Doch jetzt geht es erstmal an den Abstieg.

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Auf dem Weg nach unten wird es dunkel. Wir fahren zum Schwammerl-Sepp nach Hause. Das Wohnzimmer sieht aus wie die Opiumhöhle eines altbayrischen Künstlers. Regale aus schwarzem Holz, vollgestopft mit antiken Büchern und Krimskrams aus aller Welt.

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Während Heidi sich einen Joint dreht, fährt Peter den Laptop hoch. Er will lieber noch mal schnell im Internet nachschlagen, ob es nicht einen tödlichen Doppelgänger des Spitzkegeligen Kahlkopfs gibt. „Sicher ist sicher“, meint er. Heidi und er klicken sich durch unzählige Bilder auf Google, können sich aber nicht einigen. Sepp verschwindet währenddessen in der Küche, um die Pilze zu waschen.

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Sepp kommt zurück und ignoriert das Geschwätz. Er nimmt die frisch gewaschenen Pilze und steckt sie in den Mund. „Bäh, das schmeckt immer noch irgendwie nach Scheiße“, ist sein Urteil. Nachdem Heidi und Peter sich immerhin einigen können, dass die Pilze vermutlich nicht tödlich sind, teilen sie die restlichen auf und essen sie. Jetzt heißt es warten: Die Wirkung setzt—wenn überhaupt—erst in 45 Minuten ein.

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„Ich fühle ein komisches Kribbeln in den Beinen, ich glaube, es fängt zu wirken an“, sagt Peter aufgeregt. Es sind vielleicht 30 Minuten vergangen. „Ach was“, antwortet Sepp, „ich merke überhaupt nichts.“ „Ja, jetzt auch in meinem Arm,“ bestätigt Peter. Während die drei den Joint herumgeben, diskutieren sie darüber, ob das wirklich von den Pilzen kommen kann.

Ich gehe in die Küche und fange an, Currynudeln zu kochen. Als ich damit fertig bin, ist es amtlich: Sie haben wahrscheinlich Aschgraue Mist-Tintlinge gegessen—ohne den gewünschten Wirkstoff Psilocybin.

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Wir essen das Curry. Die drei beteuern, dass sie vor zwei Jahren wirklich noch Magic Mushrooms auf der Alm gefunden haben. Dann verzieht Heidi das Gesicht, als sie reflektiert, was sie gerade stattdessen gegessen haben. Sie sagt das Unausweichliche: „Ich habe das Gefühl, ich stinke nach Kuhfladen.“

Aus der Kuhscheiße gepuhlte Pilze zu essen, ist übrigens keine gute Idee. Im dritten Satz des Wikipedia-Eintrags des Spitzkegeligen Kahlkopfes heißt es bereits: „Er wächst zwischen Gras, oft auf Kuhweiden, aber nie direkt aus dem Tierdung heraus.“

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