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Nordkorea-Reisetipps von einem Nordkoreaner

Wir haben uns auf einer Ferienmesse von dem aus Berlin angereisten Tourismus-Repräsentanten Yong Bom Ri beraten lassen.
Alle Fotos von Diana Pfammatter

Die Medientour durch die „Berner Ferienmesse FESPO" ist sehr gut besucht. Wir sind hier, weil weltweit zum ersten Mal eine nordkoreanische Delegation an einer Publikumsmesse auftritt. Wie sich nach fünf Minuten herausstellt, sind alle anderen auch deshalb hier.

Die ersten Tour-Zwischenstopps bei ausgestopften Elchen und dem Public Viewing Area fürs Lauberhorn-Rennen machen die Medienvertreter noch brav mit, aber sobald der Nordkorea-Stand in Sichtweite kommt, ist alle Kulanz vergessen. Es bildet sich ein Kreis um den Rentner, der die Reisen veranstaltet. Es bildet sich ein Kreis um André Lüthi, den CEO des Reiseveranstalters Globetrotter. Es bildet sich ein Kreis um den aus Berlin angereisten Tourismus-Repräsentant Yong Bom Ri.

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Globetrotter-CEO Tom Lüthi; Alle Fotos von Diana Pfammatter

Alleine gelassen wird nur ein schmaler Nordkoreaner, der dem Treiben mit etwas Abstand zuschaut. Als ich ihn frage, ob er auch im Tourismus arbeitet, antwortet er: „Nicht im Tourismus. Die Frage nach meinem Beruf bitte nicht stellen." Okay, schon verstanden.

Wären wir auch hier, um alle (absolut berechtigte) Kritik am nordkoreanischen Regime, an den Lagern und den inexistenten Freiheiten an Herrn Yong Bom Ri auszulassen, hätten wir uns in das Journalisten-Getümmel schmeissen und um Sprechzeit kämpfen können. (Als ob der Nordkoreanische Vertreter jetzt plötzlich staatsfeindliche Aussagen macht, nur weil das Tele Bärn-Team die Frage, die schon drei Mal gestellt wurde, nochmals stellt.)

Ich will mich bei Herrn Yong Bom Ri aber nur vorstellen, damit er uns kennt, wenn wir später wieder kommen. Denn wir wollen ihn in Ruhe nach seiner Meinung zum Reiseangebot fragen, uns touristisch beraten lassen.

Also nehmen wir uns die Flyer und Prospekte, vergnügen uns bei Kaffee an den irgendwie zynischen Formulierungen wie „die wohl sauberste und autofreiste Millionenstadt der Welt", fragen uns, wer trotz der 21-Tage-Ebola-Quarantäne nach Nordkorea reist und freuen uns darüber, dass auf einem Prospekt keine Grenze zwischen Nord- und Südkorea eingezeichnet ist. (Dafür wurde darauf verzichtet, in Südkorea Städte einzuzeichnen.)

Eine Stunde später gehen wir zum Stand zurück—noch immer alles voller Journis. Wir warten noch etwas, drängeln uns durch und führen dann, was wir schon gar nicht mehr erwartet hätten: Ein echtes Gespräch.

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VICE Welches dieser Angebote würden Sie persönlich empfehlen?
Yong Bom Ri Dieses hier, „Nord- und Südkorea", geht durch sehr schöne Gegenden.

Die Tour „Nord- und Südkorea" findet im September statt. Andere Angebote beginnen im April. Werden diese Touristen alle auch eine 21-tägige Ebola-Quarantäne machen müssen?
Sicher wird die Tour möglich sein. Die Quarantäne wird es nicht mehr geben. Höchstens noch bis etwa Mitte Februar.

Um was geht es Ihrer Meinung nach beim Reisen—um den Genuss oder das Entdecken von neuem?
Das wichtigste am Reisen ist, dass man die Unterschiede mit eigenen Augen sieht. Die Massenmedien geben kein korrektes Bild von allen Ländern ab. Ich habe ein paar Touristen in China gefragt, weshalb sie nach Nordkorea reisen. Sie haben mir gesagt: „Ich will es mit eigenen Augen sehen!"

Herr Yong Bom Ri, Tourismus-Repräsentant der Nordkoreanischen Botschaft in Deutschland

Kann sein, dass wir Europäer da etwas voyeuristisch sind. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, weshalb so viele Journalisten hier sind. Diese Touristen, die Nordkorea selbst sehen wollen, sind das eher jüngere oder ältere Leute?
Bis vor wenigen Jahren waren es vor allem ältere Leute. Aber heutzutage kommen viele junge Leute.

Ich bin kein Student mehr, aber diese Reiseangebote sind auch für mich sehr teuer: Die 18-Tage-Tour „Nord- und Südkorea" kostet 9200 Franken. Für junge Leute ist das viel Geld. Liegt das an den europäischen Reiseveranstaltern?
Nein, nein, nein … Diese spezielle Tour ist keine normale Tour. Sie beinhaltet Bergwanderungen und nordkoreanische Berge sind nicht so einfach zugänglich—anders als etwa die Schweizer Alpen. Deshalb müssen sehr erfahrene Leute das Gepäck transportieren und die Versorgung gewährleisten. Das ist wirklich keine übliche Tour.

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Okay, was wäre denn eine Low-Budget-Variante von Nordkorea-Ferien?
Ich denke, diese Tour ist eher zahlbar. Jedenfalls ist sie nicht ganz so teuer. (Das 12-Tage-Angebot, das Herr Bom Ri meint, kostet doch auch noch stolze 5950 Franken.)

Was denken Sie darüber, dass Europäer Individualreisen machen wollen … Dass sich Europäer im Land frei bewegen wollen?
Es ist noch zu früh dafür. Unmöglich.

Aber Sie persönlich können sich vorstellen, dass es in Zukunft irgendwann möglich sein wird?
Wenn … Ähm … Jetzt öffnen wir vier Gebiete, dieses hier an der Grenze zu China, das Berggebiet da und die Gebiete Hyangsan und Mount Ungan. Als erstes werden Hyangsan und Mount Ungan geöffnet, verbunden und zur speziellen Touristenzone erklärt. Sobald die Vorbereitungen in allen vier Gebieten fertig sind, können sich die Touristen darin frei bewegen. Aber natürlich können die Besucher weiterhin auf unsere Guides zurückgreifen, falls sie wollen.

Sie haben vorhin einem Journalisten gesagt, dass Sie es begrüssenswert fänden, wenn auch Nordkoreaner nach Europa reisen könnten.
Ja, natürlich. Wieso nicht? Ich mag es hier und sie würden es auch mögen. Aber sie sind schon jetzt gut informiert, speziell gut über die Schweiz.

Sie selbst leben in Berlin. Was mögen Sie am meisten am Leben in Mitteleuropa?
Ich mag es, wie gebildet die Leute sind. Sie sind jetzt schon sehr gebildet. Und auch die Infrastruktur: Sie ist perfekt.

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Und ich kann mir vorstellen, dass Sie sich das auch für Ihr Land wünschen?
Wir möchten unser Land entwickeln. Wir möchten denselben Lebensstandard wie in der Schweiz.

Sie haben grad in dem Moment jedenfalls die Aufmerksamkeit der internationalen Presse für Ihr Tourismus-Angebot. Das mag ein Schritt in diese Richtung sein.
Ja, wir sollten aufwärts gehen. Schritt für …

Schritt, yeah.
Schritt für Schritt.

Benj auf Twitter: @biofrontsau

Vice Switzerland auf Twitter: @ViceSwitzerland