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Campus, Sex und Ravioli

Willkommen in Wien, Erstsemestrige!

Wir erklären euch, auf was ihr euch im wunderbaren Wien gefasst machen müsst und warum die Studienzeit die beste Zeit des Lebens ist.

Foto von Felix Swensson

Wenn ihr Österreicher seid, endlich von Zuhause ausziehen könnt und die Menschen in eurer Stadt nicht mehr jeden Tag sehen wollt, oder aus Deutschland seid und am Numerus Clausus scheitert, dann werdet ihr euer Studium mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit in Wien beginnen. Sehr wahrscheinlich ist außerdem, dass ihr es auf der Hauptuni anfangen werdet, die einmal weltweit zu den anerkanntesten Universitäten gehört hat, gerade aber dabei ist, aus den Top 200 zu fliegen. Aber auch auf jeder anderen Uni werdet ihr verzweifeln und wenig studieren.

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Jetzt beginnt die Zeit, in der du so viel Freizeit haben wirst, dass du sie schon gar nicht mehr zu schätzen weißt. Das Studentenleben ist aber nicht nur lustig und flüssig, vor allem, wenn man in eine neue Stadt zieht, die so weltfremd, grantig und wunderbar ist wie Wien. An jedem Eck werdet ihr der Versuchung erliegen, nicht auf die Uni zu gehen und das ist auch gut so. Wir erklären euch, auf was ihr euch hier gefasst machen müsst.

Fortgehen

Am Anfang wird Wien für euch ein Fortgeh-Paradies sein. Das wissen viele Lokale und kämpfen daher um die Gunst der Erstsemestrigen, die noch nicht wirklich studieren, weil sie nach zwei Wochen draufkommen, dass sie das falsche Studium gewählt haben und einfach kotzend nach Hause torkeln können, ohne dass daheim die Mama wartet. Auf diese Angebote werdet ihr auch reinfallen. Ich war in meinen ersten Wochen Wien ein paar Mal im Loco, wo es zu unmenschlich frühen Uhrzeiten Cocktails für 50 Cent gibt. Demenstsprechend geht es einem auch noch vor Mitternacht.

Meine Mitbewohnerin hat mich damals, als ich auf der Tanzfläche umgefallen bin, versucht, heimzubringen. 2009 sind nachts noch keine U-Bahnen gefahren und sie ist ganz verlassen mit meinem Kopf auf ihrem Schoß auf der Straße gesessen (auch Smartphones hatten wir damals noch nicht) und wusste nicht, mit welcher Nightline sie uns nun heimbringen sollte. In der halben Stunde, in der wir dort gesessen sind, hat uns ein Passant eine Flasche Wasser geschenkt, einer ein Aspririn—weil ich das am nächsten Tag brauchen würde—und ein Mädchen hat uns 10 Euro in die Hand gedrückt, damit wir mit dem Taxi heimfahren könnten. Wien war das gelobte Land.

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Menschen

Foto von Rodrigo Suarez

Jahre später hat meine Mitbewohnerin das Mädchen getroffen, das uns damals die 10 Euro in die Hand gedrückt hat. Sie war ebenfalls Salzburgerin, die jetzt nicht gerade für ihre Großzügigkeit bekannt sind, aber immerhin nicht so verbittert sind, wie die Wiener. Als sie im Gespräch bemerkten, wer sie waren, lachten sie ein bisschen über das Erlebnis. Dann wollte das Mädchen ihre 10 Euro zurückhaben. Genau das macht Wien mit dir. Aber du wirst es nicht merken, weil hier alle so sind und die, die es noch nicht sind—also ihr, die ihr das lest—sind für uns grantige Wahl-Wiener nur die gutgläubigen Neulinge, denen bestimmt noch ein Ober im nächstgelegenen Café eine Melange voller Grant servieren will. Ohne bitte, ohne danke, dafür mit Zucker, auf dem du dein Horoskop lesen kannst.

Außerdem gibt es in Wien unglaublich viele verdammt schräge Menschen. Anfangs wird es dir noch auffallen, wenn ein Mann mit Katzen-Jogginghose und Kinderrucksack in der U-Bahn über die Verschwörungen der Welt spricht und dann ins Eck kotzt. Nach einer kurzen Phase der Assimilierung wirst du aber wieder nach Hause, nach Ottnang am Hausruck, Münster, St. Anton am Arlberg oder eben Salzburg fahren und dich wundern, weshalb alle Menschen dort so normal sind, während sich die Einwohner über deine enge Hose den Mund zerreißen.

Wohnen

Foto von: allyaubry via photopin cc

Du wist ziemlich sicher sehr lange in einer WG wohnen, aber das ist gut so—viele, die ich kenne, die vor Mitte 20 aus ihrer WG gezogen sind, sind alleine in ihrer Wohnung versauert, die in den meisten Fällen sehr billig und daher am Ende der Welt liegt. Wahrscheinlich auch keine richtige Heizung oder Küche hat—oder Bad (und Klo) in der Küche. WGs sind generell super, wenn du es liebst, kein Eigentum zu besitzen und wahnsinnige Menschen kennenlernen möchtest. In einer befreundeten WG hat einmal ein neuer Mitbewohner meine Freundin nachts in ihrem Bett besucht. Nachdem sie völlig verschlafen gesagt hat, dass sie kein Interesse hat, hat er ihr ein Loch in die Wand geschlagen und wurde dann zwei Monate in der geschlossenen Anstalt betreut, ohne jemandem Bescheid zu sagen oder die Miete zu zahlen.

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Studieren

Das Nebensächlichste, wenn du nach Wien ziehst, um zu studieren, ist das Studieren selbst. Ein oder zwei Semester wirst du etwas studieren, das du eigentlich beschissen findest, aber wer weiß mit 18 oder 19 denn schon, was er den Rest seines Lebens tun will … Also wirst du viel Zeit in einem Lokal verbingen, das in deiner Nähe die niedrigsten Preise für Bier, Spritzer oder Cocktails hat (auch wenn du letztere nicht sehr oft bestellen wirst) und am nächsten Tag ausschlafen, alibi-halber sogar einen Wecker für die erste Vorlesung um 10:30 Uhr stellen, aber dann doch nicht hingehen, weil es die Skripten ja sowieso auch online gibt.

Außerdem wirst du auf der Uni Menschen kennenlernen, die im realen Leben nie deine Freunde geworden wären, weil sie so anders sind als du. Aber Extremsituationen schweißen eben zusammen, wie ein gemeinsamer Einkauf in einem Sonntags-Billa und du wirst diese Menschen vermutlich nie wieder hergeben wollen. Zusätzlich wirst du in deiner Studienzeit so viel über Serien, das Verhalten von Katzen vor Kameras und deinen Alkoholkonsum lernen, wie nie davor und auch danach nie wieder.

Folgt Hanna auf Twitter: @hhumorlos