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Russische pro-Putin „Trollfabrik“ zahlt Abfindung an Ex-Angestellte

Die „Agentur für Internetrecherche" bezahlt Hunderte professionelle Trolle, die online in Kommentaren, Artikeln und Blogs Propaganda für Putin betreiben.
Foto: Imago/ITAR-TASS

Thierry Ehrmann | Flickr | CC BY 2.0

Die Anwälte einer russischen Firma, die Pro-Putin-Propaganda fürs Internet produziert, hatten diese Woche einen seltenen öffentlichen Auftritt vor Gericht.

Zwar haben sie sich geweigert, mit der Presse zu sprechen, doch Vertreter der St. Petersburger Agentur für Internetforschung erklärten sich bereit, der ehemaligen Angestellten Ljudmila Sawtschuk, die der Firma Verstöße gegen das Arbeitgebergesetz vorwirft, eine Abfindung zu zahlen.

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Sawtschuk behauptet, sie sei gefeuert worden, weil sie das Netzwerk der russischen „ Trollfabriken" , so ihre Bezeichnung, kritisiert habe. Sie hat geschworen, ihren Fall zu nutzen, um die Propagandamaschine des Kreml aufzudecken.

„Ich bin sehr zufrieden. Sie haben so getan, als würden sie überhaupt nicht existieren, und jetzt sind sie das erste Mal aus den Schatten getreten", sagte sie.

Als sie Anfang dieses Monats die Klage einreichte, sagte Sawtschuk der Associated Press gegenüber, dass die Agentur für Internetforschung „geschlossen werden sollte."

Laut Nachforschungen der New York Times beschäftigt die Agentur mehr als 400 professionelle Trolle, die Pro-Putin-Kommentare, Artikel und sogar komplett erfundene Personen produzieren, um die Stellung der russischen Regierung zu bessern.

Drei Monate lang arbeitete Sawtschuk in Zwölf-Stunden-Schichten in einem riesigen St. Petersburger Bürogebäude. Sie war Mitglied der Abteilung für „Spezialprojekte". Sie managte dort mehrere Online-Persönlichkeiten, darunter eine Wahrsagerin namens Cantadora, die auf einer falschen Livejournal-Seite politische Siege für Wladimir Putin vorhersagte.

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Das Phänomen der Pro-Kreml-Trolle hat seine Wurzeln in den Protesten gegen die Regierung, die 2011 nach den umstrittenen russischen Parlamentswahlen ausbrachen. Nachdem Demonstranten sich über soziale Netzwerke organisierten, griff die Regierung durch, indem sie Blogger dazu zwang, sich offiziell registrieren zu lassen, und fing an, ihren eigenen Propaganda-Apparat auszubauen.

Während des Ukraine-Konflikts verbreitete sich das Trolling über die russischen Grenzen hinweg: Die Agentur für Internetforschung fing an, Leute wie Sawtschuk dafür zu bezahlen, dass sie sich positiv über pro-russische Separatisten äußerten. Die Trolle versuchten auch, das Internet mit Falschnachrichten und Fehlinformation zu überfluten, um Kritik gegenüber der russischen Regierung in den Nachrichten abzuschwächen.

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Bisher haben russische Trollunternehmen versucht, keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Sawtschuks Anwalt, Iwan Pawlow, sagte AFP gegenüber, der öffentliche Auftritt der Agentur-Anwälte sei „unerwartet" gewesen. Er sagte, er hege den Verdacht, die Agentur versuche, den Fall still aus der Welt zu schaffen, um nicht noch mehr prüfende Blicke auf sich zu ziehen. „Ich schätze, der Angeklagte sieht es als das geringere Übel, den Fall anzuerkennen und eine Abfindung zu zahlen", sagte er AFP.

Jekaterina Nasarowa, die Anwältin der Agentur, sagte dem Richter, die Agentur wolle Sawtschuk 10.000 Rubel [ca. 160 Euro] bieten, um die Arbeitsstreitigkeit zu beenden.