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​So ist es, wenn dein Vater ein Porno-Imperium hat

Eric ist der Sohn des Betreibers einer bekannten Porno-Produktionsfirma. Im Interview erzählt er uns, warum der Job seines Vaters für ihn eher Segen als Fluch war und wie es ist, als Hetero Schwulenpornos zu editen.

Ein (leicht entschärfter) Screenshot aus einem Oftly Goldwin-Film am schönen Fuschlsee

Ich glaube nicht, dass ich mit meinen Eltern in meinem Leben zusammengerechnet jemals mehr als zwei Minuten über Pornos gesprochen habe. Bei Eric, einem alten Salzburger Jugendfreund von mir, ist der Zugang zum Thema Pornographie ein anderer—er ist quasi in die Pornoindustrie hineingeboren worden. Sein Vater ist der Gründer und Betreiber von Oftly Goldwin, einer im deutschsprachigen Raum sehr bekannten Porno-Firma, die Hardcorefilme vertreibt, schneidet, und zum Teil auch selbst produziert. Obwohl ich schon ewig davon weiß, habe ich aus irgendeinem Grund bis heute nie wirklich mit Eric über die Arbeit seines Vaters, oder seine eigenen Erfahrungen im Unternehmen—er hat immerhin ein Jahr lang selbst für Oftly Goldwin gearbeitet—unterhalten.

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Konkret bin ich auf die Idee gekommen, dieses Interview zu machen, nachdem ein anderer gemeinsamer Freund mir letztens erzählt hat, dass er einmal auf einer Party neben Eric am Pissoir stand, der einen Blick hinüber auf sein bestes Stück warf, dann zu ihm hochblickte und ihn fragte, ob er vielleicht Bock hätte, mal in einem Film seines Dads mitzuspielen. Nach dieser Anekdote ist mir ziemlich schlagartig bewusst geworden, dass man als Sohn eines Porno-Pioniers vermutlich eine Tonne absurder Geschichten zu erzählen hat, die nur darauf warten, festgehalten zu werden. Glücklicherweise geht Eric extrem gelassen mit dem Thema um und hat sich ohne zu zögern bereiterklärt, mir zu erzählen, wie es ist, als Sohn eines professionellen Porno-Produzenten aufzuwachsen.

VICE: Kannst du dich daran erinnern, wie du erstmals mitbekommen hast, in welcher Branche dein Vater arbeitet?
Eric: Klar, das war ganz lustig. Meine Eltern haben sich getrennt, als ich noch relativ jung war und als ich in Salzburg in der Volksschule war, ist mein Vater von Frankfurt nach Freilassing, also direkt an die Salzburger Grenze runtergezogen. Dort hatte er dann auch seine Firma, dort war sein Lager, aber er hat auch dort drinnen gewohnt. Er hat mich ab und zu mal nach der Schule abgeholt, und ich war dann eben bei ihm im Lager daheim. Damals waren die Filme ja alle noch auf VHS-Kassetten, und das Schneiden passierte noch auf solchen Joystick-artigen Controllern. Ich bin damals halb versteckt hinter den Regalen gestanden, und hab zugeschaut, was da am Bildschirm so abgeht. Ich bin grundsätzlich ziemlich mit dem Ganzen aufgewachsen.

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Dein Vater hat seine Firma offensichtlich schon recht lange. Wie ist er in die Porno-Industrie gekommen?
Mein Vater ist in der Steiermark aufgewachsen, seine Mutter ist relativ früh gestorben und eigentlich ist er gelernter Fotograf. Er war eher ein schüchterner Kerl, aber das Fotografieren ist ihm immer leicht gefallen—vor allem, wenn er ein paar Gläser Wein getrunken hat. Weil er ins Bundesheer einrücken hätte müssen, ist er nach Deutschland gegangen, hat dort für Neckermann-Reisen fotografiert und war auf der ganzen Welt unterwegs. Und wenn er ein paar Gläser Wein getrunken hatte, hat er seinen Modellen eine Art kleines Extra-Taschengeld angeboten, wenn sie sich für Fotos ausziehen würden—das Ganze war damals natürlich ein extremes Tabu-Thema. Die Fotos, die dabei entstanden sind, hat er dann an Magazine verkauft. Er hat schon mit Anfang Zwanzig seinen eigenen Verlag gegründet, in dem er monatlich eine Zeitschrift rausgebracht hat.

Ein (leicht entschärfter) Screenshot aus dem Webshop von Oftly Goldwin

Wie ist er dann bei den Filmen gelandet?
Das mit der Fotografie war relativ schnell wieder zu Ende. Sein Magazin wurde ihm abgekauft und er begann Filme zu produzieren. Mein Vater war viel in Amerika unterwegs, wo er auch seinen ersten Filme gedreht hat—das waren natürlich damals noch analoge Bänder, vor ein paar Jahren haben wir die sogar noch im Lager gefunden. Jedenfalls hat er diese Filme dann nach Europa geschmuggelt und mit ihnen mehr oder weniger zu dealen begonnen.

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Das Ganze war also eine illegale Sache?
Ja, ja, damals war das Ganze bei uns so noch nicht legal. Das waren Hardcore-Pornos, zum Teil waren auch schon Schwulenpornos mit dabei. Das war natürlich alles noch ziemlich haarig und sehr natürlich, die Farben waren noch nicht so prächtig. Golden Era eben. Teilweise hat er diese alten Sachen dann sogar in neuen Filmen wiederverwendet und reingeschnitten.

War es dir als Kind unangenehm, den anderen Kids zu erklären, was dein Vater beruflich macht?
Gar nicht. Ich hatte damit immer einen ziemlich entspannten Umgang. Im Gegenteil, das war am Ende der Volksschule für viele schon ziemlich interessant. Es klingt wie ein Klischee, aber die Doktorspiele waren damals eben besonders interessant. Die Mütter der anderen Kinder hatten da natürlich weniger Freude.

Du hast ja, als du dann älter warst, sogar selbst in der Firma gearbeitet. Wie ist das zustande gekommen?
Na ja, ich glaube, meinen Dad hätte es überhaupt gefreut, wenn ich das Ganze irgendwann übernommen hätte. Nachdem ich den Zivildienst abgeschlossen hatte, wollte ich einfach nicht mehr meinen alten Job als Verkäufer im Handshop weitermachen. Da dachte ich mir, in der Firma meines Vaters zu arbeiten wäre doch eh ganz interessant. Ein bisschen Fotografie, ein bisschen filmen, ein bisschen schneiden, DVD-Covers gestalten … und so kam es, dass ich ein Jahr bei ihm gearbeitet habe. Wir waren auf der Venus in Berlin, ich habe Darsteller kennengelernt. Bei drei Filmen, die wir selbst gedreht haben, habe ich am Set mitgearbeitet. Damals war es aber großteils so, dass er die Rechte von anderen Produktionen zugekauft hat. Wir hatten einen Produzenten in Brasilien, der seine Rechte gerne exklusiv für Europa an uns verkauft hat. Wir haben das Bildmaterial bekommen und waren dann für Schnitt und die komplette Bearbeitung verantwortlich.

Ist es nicht ein unglaublicher Brainfuck, stundenlang am Stück Aufnahmen von Leuten beim Vögeln zu bearbeiten?
Na ja, es wird zu einer Normalität, als würde man einen ganz normalen Film schneiden. Es gibt eben ein paar wichtige technische Dinge, auf die man beim Bearbeiten immer achtet. Auch bei Dreharbeiten—man stellt sich das alles so spektakulär vor, aber für die Darsteller war das auch alles ganz normal und mit denen pflegt man auch einen ganz normalen Umgang. Du erklärst ihnen zwischen den Szenen eben, was als nächstes am Programm steht, wie wir uns das genau vorstellen, und sie setzten das dann so um. Wo man aber wirklich aufpassen muss, ist beim Abspritzen—ein Mann kann eben meisten nur einmal eine ordentliche Ladung absetzten. Genauso musst du aber eben auch bei der Frau aufpassen, dass nichts wund wird. Es kann da sonst natürlich schon auch passieren, dass da nichts mehr geht.
Beim ersten Film, bei dem ich mitgearbeitet habe, wusste ich aber eigentlich gar nicht, was auf mich zukommen würde. Das ganze war sogar ziemlich verplant. Ich glaube, mein Vater wusste selbst nicht ganz genau, wie er das Ganze jetzt mit mir angehen würde. Wir mussten permanent nach irgendwelchen Locations Ausschau halten—entweder private Sets, in der Firma, oder eben Outdoor-Locations. Zum Beispiel am Fuschlsee oder am Wolfgangsee. Mein erster Film war außerdem auch der allererste professionelle 3D-Porno, der hierzulande produziert wurde. Wir hatten uns dafür extra eine 20.000 Euro-Panasonic-3D Kamera ausgeliehen.

Noch ein Screenshot aus einem der Filme

Was waren die absurdesten Dinge, die du bei der Arbeit erlebt hast?
Was für mich persönlich schon ziemlich strange war: Wir hatten diesen einen Produzenten im Haus, der viel in diese Richtung Gay Porn gemacht hat und einmal musste ich dann eben einen Schwulenporno schneiden. Auch wenn du noch so heterosexuell bist: Wenn du da ewig lange sitzt und schneidest, fängst du irgendwann mal an dir selbst die Frage zu stellen, ob du irgendwelche homosexuellen Gedanken hast. Die Kerle in dem Video sind ja auch nicht irgendwie anders als du. Das war jedenfalls irgendwie strange für mich.
Ein anderes Mal durfte ich einen Comic-Porno schneiden, da geht es halt echt um nichts. Ich weiß nicht mehr, wie der Film geheißen hat, aber er war recht witzig.
Schräge Momente am Set gab es auch. Wir hatten mal einen Darsteller, der keinen hochbekommen konnte. Der Typ machte das dann einfach so: Er hat sich um seinen Schwanz und seinen Sack ein Seil gebunden, zusammengezogen und sich den Knoten in den Arsch gesteckt. Das hat ihn einfach geil gemacht. Anders hätte er keinen Ständer bekommen. Und ich kann mich an eine Darstellerin erinnern, die mindestens zwanzig Piercings in und um ihre Vagina hatte, das war auch strange.

Kannst du dir heute überhaupt noch Pornos ansehen, ohne sie automatisch auf ihre handwerkliche Qualität zu analysieren?
Na ja, wenn du auf all diese kostenlosen Pornoseiten schaust, findest du eigentlich kaum noch qualitativ hochwertiges Zeug, sondern ganz viel Amateurhaftes. Auf all den On-Demand-Seiten wird schon noch probiert, Leute zu finden, die Geld für aufwendige Produktionen zahlen, aber beim Großteil steckt nicht mehr so viel Qualität dahinter. Die meisten Pornoproduzenten schauen einfach, dass sie irgendwie einen Film zusammenbekommen, den sie dann irgendwohin verkaufen können.