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VICE Alps

Wiens berüchtigtste Graffiti-Crew

Wir haben die Ulfs ein halbes Jahr lang durch den Wiener Untergrund begleitet. Zwischen Hinterzimmer-Tattoos und U-Bahnschächten erzählen sie uns, wie es ist, „süchtig nach Sachbeschädigung" zu sein.

„Wiens berüchtigtste Graffiti-Crew" ist die 2. Episode unserer neuen Videoserie VICE Alps. Mehr zum Thema findet ihr hier. Seht euch hier Teil 2 und hier Teil 3 an.

Meine Geschichte mit den Ulfs beginnt bei der Identitären Demo im Mai letzten Jahres. Noch lange, bevor die Cops den Demonstranten beim MuseumsQuartier eine Lektion über das Demonstrationsrecht erteilten, stieß ich am Europaplatz auf einen ziemlich bedrohlichen Typen mit Glatzkopf und Bomberjacke, von dem ich dachte, er sei ein Rechter auf der Suche nach Streit. Dabei war es genau umgekehrt. Auf die Frage, warum er hier sei, gab mir K. damals die eindeutige Antwort: „Ich will Nazis zerficken!"

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Eine Woche später bekam ich eine E-Mail eines gewissen Kasimir (das lustigste Pseudonym ever!) und kurze Zeit später saß K. mit seiner Freundin bei mir in der Küche, die gleichzeitig das Besprechungszimmer der VICE-Redaktion ist, zeigte mir Fotos von angesprühten Zügen und U-Bahnen und schlug mir vor, eine Dokumentation über seine Crew, die Ulfs zu machen.

Aus dem Sommer, in dem wir ursprünglich zu drehen beginnen wollten, wurde Herbst, aber schließlich lernte ich im Laufe einiger Wochen eine weit verzweigte Gemeinschaft kennen, für die der Begriff „Gang" überhaupt erst erfunden wurde.
Ich bin mir nicht sicher, ob es an Österreich liegt oder daran, dass wir das Jahr 2015 schreiben, aber obwohl Tags ein unverzichtbarer Teil des Stadtbildes sind, spielt Graffiti hierzulande in der Öffentlichkeit keine große Rolle. Aber man darf dabei nicht vergessen, dass man wegen Sachbeschädigung noch immer im Gefängnis landen kann. Das trifft nicht nur Puber, der 14 Monate teilbedingte Haft für seine Tags kassierte, nachdem er letzten Februar verhaftet worden war, sondern auch viele andere Fälle, die nie in den Medien vorkommen.

Während der Antifaschist Marcel gerade noch einer mehrmonatigen Haftstrafe entlassen wurde, saßen bis vor kurzen andere Sprüher in Untersuchungshaft, die bei einer Polizeiaktion in Wiener Neustadt festgenommen wurden. Noch schlimmer hat es allerdings David A. getroffen, der, nachdem er beim Sprühen von Arbeitern überrascht wurde und in ein künstliches Koma versetzt werden musste. Die Umstände, wie es dazu gekommen ist, sind immer noch nicht geklärt. Das sind auch die Gründe, warum ich jedes Mal, wenn ich mich nach Mitternacht mit den Ulfs bei Würstler am Hauptbahnhof oder irgendwo anders getroffen habe, die Hosen gestrichen voll hatte.

Bis jetzt kann ich es noch immer nicht wirklich nachvollziehen, was Menschen dazu bringt, im schlimmsten Fall ihre Existenz für ein Bild auf einer U-Bahn zu riskieren, das die Wiener Linien innerhalb weniger Stunden wieder verschwinden lassen. Was ich dagegen schnell verstanden habe, ist, dass die Ulfs mehr als nur eine Gang aus Sprühern ist. Stattdessen ist es eine Zusammenkunft an unterschiedlichsten Charakteren, witzigen, gefährlichen, klugen und auch ein bisschen wahnsinnigen Typen und Frauen, die sich enger stehen als viele Familien. Schaut euch unsere dreiteilige Reportage an, wenn ihr einen Einblick in diese Szene bekommen wollt. Aber stellt nichts Ungesetzliches an.

David auf Twitter: @rznr

VICE auf Twitter: @ViceAustria