Menschen

Interview mit einem professionellen Erschrecker

"Wenn jemand umkippt oder sich in die Hose macht, habe ich meinen Job gut gemacht."
Sergio Moral verkleidet als Zombie, der Spanier arbeitet als Erschrecker in Spukhäusern und Escape Rooms
Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von Sergio Moral

Seit 16 Jahren jagt Sergio Moral Menschen Angst ein. Er terrorisiert die Besucher von Spukhäusern, Escape Rooms und so ziemlich jeder Veranstaltung, für die er gebucht wird. 

Aber er gibt sein Wissen auch weiter. Als "Scare Consultant" lehrt er andere, wie man Kinder zum Weinen bringt. Wir wollten von ihm wissen, wie das so ist, wenn man beruflich Angst und Schrecken verbreitet.


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VICE: Wie bist du dazu gekommen, Menschen beruflich zu erschrecken?
Sergio Moral: Eines Tages bin ich zum Spukhaus im Parque de Atracciones de Madrid gegangen, das ist ein großer Freizeitpark hier in Madrid. Die Attraktion hatte mich immer schon fasziniert. Ich habe immer gerne davor gewartet, um mir die Leute anzuschauen, wenn sie wieder rauskamen. Als großer Horrorfan war es mein Traum, eine Figur in dem Haus zu spielen. Also habe ich die Angestellten gefragt, ob sie momentan jemanden zum Angsteinjagen brauchen. Brauchten sie und so hatte ich noch an Ort und Stelle mein Bewerbungsgespräch. Eine Woche später hatte ich meinen ersten Arbeitstag. Anfangs dachte ich, dass ich das nur vorübergehend machen werde, aber jetzt sind 16 Jahre vergangen. Wer hätte das gedacht?

Musst du besonders auf deine Stimme achten?
An meinem ersten Arbeitstag hatte ich nach zehn Minuten keine Stimme mehr – kein Witz. Du musst auf deine Stimme und die Intensität deiner Schreie achten.

Sergio Moral steht mit einer Zombie-Maske im Dunkeln hinter einem eingerissenen Zaun, angeleuchtet von rotem Licht

Sergio Moral bei der Arbeit

Welche Figuren spielst du am liebsten?
Ich habe schon viele verschiedene gespielt – Ärzte, Zombies, Bucklige, Mönche, Killer-Clowns, Butler –, aber ich muss sagen: Nichts jagt den Menschen mehr Angst ein als ein klassischer Freddy Krueger oder ein besessenes Mädchen. 

Wie jagt man Menschen am effektivsten Angst ein?
Unterschätze niemals die Macht der Suggestion. Das, was die Leute nicht sehen, sondern sich nur vorstellen können, jagt ihnen die größte Angst ein. Mit der richtigen Kulisse, unheimlichen Geräuschen und einer mitreißenden Geschichte kannst du eigentlich nichts falsch machen. 

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Gibt es Leute, die leichter zu erschrecken sind als andere?
Angst und Paranoia unterscheiden nicht zwischen Menschen. Manche spielen sich vorher auf, aber sind am Ende doch ganz klein. Manchmal kommen Teenager rein, die schon an der Eingangstür total verängstigt sind, aber auch breit gebaute Typen können schnell paranoid werden und sich zu Tode fürchten. 

Was ist die extremste Reaktion, die du je erlebt hast?
Ich habe mehrere Menschen in Ohnmacht fallen sehen, viele Panikattacken und auch gewalttätige Reaktionen erlebt. Wirklich schockierend ist es aber, wenn sich jemand in die Hose pinkelt. Das ist dann ein klarer Sieg für mich. Wenn jemand umkippt oder sich in die Hose macht, habe ich meinen Job gut gemacht.

Sergio Moral mit einer Eishockeymaske und einer weißen, blutbespritzten Schürze schwingt eine Kettensäge

Sergio dabei, wie er Menschen eine Scheißangst einjagt

Was ist das Beste und was ist das Schlimmste an deinem Job?
Das Beste ist, dass du etwas tun kannst, was du liebst. Du spielst jeden Tag eine andere Figur vor Publikum und manchmal bekommst du Komplimente oder sogar Applaus. Es ist sehr befriedigend.

Das Schlimmste? Na ja, du verbringst viel Zeit im Dunkeln und manchmal ist es auch richtig heiß. Je nachdem, welche Figur du spielst, kann es auch etwas eintönig werden. Außerdem musst du an Brückentagen arbeiten. 

Verdient man gut als Erschrecker?
Kommt drauf an. Bei einer Privatveranstaltung in Madrid kannst du für ein paar Stunden Arbeit zwischen 150 und 200 Euro verdienen. In den Vergnügungsparks kriegst du aber nur zwischen vier und neun Euro die Stunde. 

Glaubst du an Geister?
Ich versuche, da objektiv zu bleiben, aber vielleicht gibt es etwas da draußen. Ich bin mir sicher, dass ein Medium durchdrehen würde, wenn es in eins unsere Spukhäuser kommen würde. Spukhäuser sind meiner Meinung nach ein toller Ort, um Kontakt mit dem Jenseits aufzunehmen.

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