Popkultur

Die 'Game of Thrones'-Macher drohen uns mit einer Jon-Snow-Serie

Hat irgendjemand danach gefragt?
Kit Harrington als Jon Snow in Game of Thrones, Snow war eine der langweiligsten Figuren der Serie und soll jetzt eine eigene Serie bekommen.
Jon Snow mit freundlicher Genehmigung von HBO | Bearbeitung: VICE

Es wird eine Game of Thrones-Fortsetzung über Jon Snow geben. Daran arbeitet man laut dem Sender HBO. Meine erste große Frage lautet: Hat irgendjemand danach gefragt?

Ich meine das auch nicht rhetorisch. Wenn man nach dem Blog von GoT-Erfinder George R.R. Martin und diversen anderen offiziellen und semi-offiziellen Ankündigungen geht, entwickelt HBO aktuell etwa 97 verschiedene Game of Thrones-Serien. Eine davon, House of the Dragon, hat nicht nur grünes Licht bekommen, sondern erscheint schon in zwei Monaten. Darin geht es um die Geschichte der Targaryens, eine Familie inzestuöser Nazi-Elfen. Von Hype und Vorfreude ist bislang aber nichts zu merken. Wir erinnern uns alle noch daran, wie schlecht die Targaryen-Perücken der frühen GoT-Folgen waren. Soweit ich das einschätzen kann, wird House of the Dragon einen Haufen schlechter Perücken bieten und wenig mehr.

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In der neu angekündigten Serie soll Kit Harrington wieder in die Rolle von Jon Snow schlüpfen. Harrington scheint ansonsten auch nicht allzu sehr beschäftigt zu sein. Sein Ausflug ins Marvel-Universe hat ihm bislang nur eine Rolle im durchwachsenen Eternals eingebracht.

Es gibt zahlreiche Figuren in Game of Thrones, für die ich diese besondere Form der Zuneigung empfinde, die entsteht, wenn jemand, den du prinzipiell magst, in einer Erzählung gefangen ist, die du nicht so magst. Ich vermisse es, einmal die Woche Sansa, Arya, Tyrion, die Cleganes und Daenerys auf meinem Fernsehbildschirm zu sehen, wie andere Leute wahrscheinlich die titelgebenden Friends aus Friends vermissen. Abwegig ist das nicht: Gegen Ende ging es bei Game of Thrones viel mehr darum, jede Woche alte Bekannte zu sehen und zu hoffen, dass sie die Folge überleben werden. Der Thron, um den sie sich kloppten, war da schon lange in den Hintergrund gerückt.

Eine Figur, die ich allerdings überhaupt nicht vermisst habe und die auch nur den wenigsten anderen gefehlt haben dürfte, ist Jon Snow – der Bastard der Starks und heimliche Thronfolger (wenn auch nicht wirklich, denn als Bastard-Nachkomme einer gestürzten Dynastie, die keine politische Unterstützung mehr hat, und als jemand, der geschworen hat, niemals politische Macht anzustreben, hatte er keinen echten Anspruch auf den Thron). Jon Snow war eine sehr, sehr langweilige Figur. Sein Hauptattribut war seine Planlosigkeit – dazu verdammt, durch Westeros zu tingeln, ohne seinen Platz in der Welt zu kennen. Das war die tragische Ironie, auf der die ganze Figur basierte: Er wusste nicht, dass seine Eltern ihn (irgendwie? möglicherweise?) für den Iron Throne vorgesehen hatten. Damit die Figur funktioniert, musste er ein unbeschriebener Idiot sein, der Schlag von Typ, der den Namen Aegon bekommt, obwohl sein Vater bereits einen Sohn mit demselben Namen hat. Die anderen Figuren ließen auch kaum eine Gelegenheit aus, das anzumerken. Wenn Jon Snow so etwas wie eine Catchphrase hatte, dann war es das, was andere zu ihm sagten: "You know nothing, Jon Snow."

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Um es nett auszudrücken: Eine Serie über Jon Snow klingt nach einer schlechten Idee. Snow ist keine besonders beliebte Figur. Am Ende von Game of Thrones gerät er in eine überaus anstrengende Liebesgeschichte. Er hat Sex mit seiner Tante und lässt sich fast zum gemeinsamen Völkermord hinreißen. Dabei wird so ziemlich alles über Bord geworfen, was an der Figur noch interessant war, um ihn nur noch bedröppelt und/oder horny in der Gegend rumstehen zu lassen. Mit dem Ende der Serie ist eigentlich auch die Geschichte der Figur auserzählt. Snow hat seine geheime Herkunftsgeschichte erfahren, sie zurückgewiesen und sich dazu entschieden, in der Walachei zu leben und dieses Wissen ruhen zu lassen. Er hat in der ganzen Geschichte genau eine Sache gelernt und dann für sich entschieden, dass es damit auch reicht.

Ich vermute, dass wir bei unserer Rückkehr nach Westeros nach dem Ende des Game of Throne-Plots noch viel mehr über den Aufbau und die Struktur dieses fiktionalen Ortes lernen werden, als wir eigentlich wollen. Wovor wird Jon Snow zum Beispiel Westeros beschützen, jetzt da er endlich wieder Teil wieder der Night's Watch ist, wie er es sich immer gewünscht hat? Die Starks und ihre Verbündeten haben am Ende von Game of Thrones alle White Walker vernichtet – und das auch noch ziemlich dramatisch. Braucht es wirklich einen extra Außenposten an der riesigen Mauer, um eine Handvoll Wildlings auf der anderen Seite im Blick zu haben? Wird sich die erste Staffel der neuen Staffel vielleicht einfach um bürokratische Rechtfertigungen für eine unabhängige Armee drehen, für die es eigentlich keinen Grund mehr gibt? Klingt nicht so spannend.

Schon interessanter wären Interaktionen mit seinem Bruder Bran, einem allsehenden omnipotenten Gottkönig, und Tyrion, seinem engen Freund, der die Sieben Königreiche für den Gottkönig leitet. Aber das würde potenziell die Prämisse der Serie aushöhlen, da sie sich wahrscheinlich einfach darüber unterhalten würden, wie diese allmächtigen Leute Jon ganz einfach aus seinem Exil in einer Armee befreien könnten, deren Aufgabe inzwischen erfüllt ist.

Game of Thrones ist vorbei, im Guten wie im Schlechten. Die Geschichte lässt nicht allzu viel Raum für Sequels oder Spin-offs. Abgesehen davon scheint es gerade auch einfach keine große Nachfrage danach zu geben, wie die unaufgeregten Reaktionen auf den House of Dragons-Trailer zeigt. Nach allem, was Jon durchgemacht hat, hoffe ich, dass er kein neues Abenteuer erleben muss. Er hat sich das Recht verdient, endlich wie der Idiot zu sterben, als der er geboren wurde.

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