Popkultur

Der neue Batman-Film ist ein Fest für Verschwörungstrottel

'The Batman' mit Robert Pattinson zeigt harte Gewalt, geile Action und eine Botschaft, die die falschen Leute feiern könnten.
Robert Pattinson als Batman schaut bedrohlich. Im neuen Film The Batman geht es darum, was Angst mit Menschen macht
Foto: Warner Bros.

So dunkel war Batman noch nie, im Kino zumindest. Wenn die Gangster zögerlich in den finsteren Fahrstuhl vorrücken, wohlwissend, dass da in den Schatten etwas lauert, das sie nicht so recht verstehen, dann spürt auch das Publikum diese Angst. Dafür sorgen schon die bedrohliche Musik, die spärliche Beleuchtung und die Stimmung dieses Films. Natürlich weiß man, was kommt. Irgendwo ist Batman und wird gleich alle verprügeln. Und trotzdem erschrickt man, wenn er zuschlägt. Die Furcht der Gangster – wir spüren sie auch. Denn im neuen Batman-Film The Batman geht es darum: um Angst.

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Das ist kein neues Thema für einen Batman-Film. Nur wird es hier weiter gedacht. Denn The Batman ist ein erwachsener Film, der ab und zu Elemente des Horrors nutzt, der seine Figuren maximal kaputt zeigt und auch vor Gewalt nicht zurückschreckt. The Batman ist im Großen und Ganzen ganz geil. Nur halt auch problematisch.


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Denn Batman nutzt Angst für das Gute, "Angst ist ein Werkzeug", sagt er gleich zu Beginn. Die Bösen nutzen Angst allerdings für das Böse und – Achtung Spoiler, wie fortan immer wieder im Text – sie nutzen auch die eigentlich gute Angst vor Batman für die eigenen, bösen Pläne. Sie nutzen Terror, Misstrauen und eben die gruselige Popularität Batmans für ihre Zwecke. Sie geben dabei allerdings vor, für das Gute zu kämpfen, nämlich den Sumpf trocken zu legen, die Verschwörung der kriminellen Eliten. Und hier ist das Problem des Films. Wer an Verschwörungen glaubt, wird The Batman lieben. 

Es geht im Film um den titelgebenden Superhelden, der hier noch relativ frisch scheint. Zwar wirkt Robert Pattinson als Bruce Wayne/Batman bereits ähnlich desillusioniert und kompromisslos wie etwa der Batman, den Ben Affleck in Batman v Superman und Justice League verkörpert hat. Aber die Stadt vertraut ihm noch nicht so recht. Die Angst der Gangster vor diesem dunkel-kostümierten Freak überträgt sich auch auf die Bevölkerung und die öffentlichen Institutionen der Stadt. Nur James Gordon, der alte Kumpel Batmans, glaubt an ihn und verteidigt ihn vor seinen Kollegen.

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Robert Pattinson funktioniert dabei gut als junger Batman. Der Gruftie-Look steht ihm, der Weltschmerz, die Bitterkeit, die Abscheu vor dem Leben im Licht, all das glaubt man ihm gern. Ob man Batman jetzt unbedingt mit diesem Grunge-Sound assoziiert, der im Film immer wieder auftönt, ist wahrscheinlich eine Geschmacksfrage. Immerhin passt die Musik zum verwöhnten, traurigen Milliardärssohn, der nicht so recht weiß, wohin mit sich und seiner Wut. 

Ob Pattinson der Figur in Gänze gerecht wird, können wir allerdings nicht sehen. Denn der charismatische Blender, der Bruce Wayne ja eigentlich ist, taucht hier nicht auf. Er ist allerdings in der Geschichte angelegt, und sollte es zu einer Fortsetzung kommen, dann wird wohl auch er erscheinen.

Und dann geschehen die ersten Morde. Der Riddler ist angelehnt an den Zodiac-Killer, der die USA bis heute beschäftigt, weil die Polizei ihn trotz seiner kleinen Rätsel und Hinweise nie identifizieren konnte. Paul Dano spielt ihn also erwartbar wahnsinnig. Der Riddler bringt jedenfalls nach und nach Personen des öffentlichen Lebens um und verweist dabei auf deren Verstrickungen in Verbrechen und Korruption. 

Batman darf der Polizei bei der Aufklärung helfen. Er ist dabei natürlich sehr viel geschickter als die Gesetzeshüter selbst, weil er der weltbeste Detektiv ist und außerdem einen Code-Knacker zu Hause hat, der ihm auch als Butler dient. 

Bald wird es für Batman allerdings kompliziert. Denn er kämpft ja selbst gegen den Sumpf. Und je länger der Film dauert – und das ist mit drei harndrängenden Stunden extrem lang –, desto deutlicher wird, wie sehr die Korruption in Gotham City wuchert. Der Film schickt das Publikum hier ins erste leichte moralische Dilemma. Zwar weiß man, dass man zu Batman halten muss, weil er ja das Gute will. Aber wollen die Bösen, der Riddler also, nicht auch das Gute? Dass er dafür mordet, geht natürlich nicht. Aber haben die Opfer es nicht auch verdient?

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Immerhin haben die Gangster doch auch die Freundin von Selina Kyle, also Catwoman, umgebracht. Sie wird gespielt von Zoë Kravitz und ist damit die einzige weibliche Figur des Films. Und zwar wirklich die allerallereinzigste. Gut, es gibt noch die Haushälterin, die in einer Szene ans Telefon geht, und ein paar Stripperinnen im Club der Gangster. Aber sonst finden Frauen in Gotham City nicht statt. Wenigstens kann Catwoman kämpfen. Das sieht schon sehr cool aus, wie da ihre Beine gegen die Köpfe der Gegner fliegen, und sie sich an Feuerleitern durch die Gegend schwingt. 

Mit verstrickt in Verschwörung, Korruption und organisiertes Verbrechen ist dann auch der Pinguin, den Colin Farrell spielt, den man nicht nur nicht erkennt, sondern den man auch problemlos für einen jungen Robert De Niro halten könnte. Also wenn man nicht seit The Irishman wüsste, dass ein junger Robert De Niro aussieht wie ein alter Robert De Niro, dessen Gesicht irgendwie verwischt wirkt. Der Pinguin jedenfalls wird hier eher als Nebenfigur aufgebaut, bereit, in einer der Fortsetzungen, die in dem Film angelegt sind, aufzublühen.

Gotham City in The Batman ist also ein zutiefst verkommener Ort, den Batman mit der Hilfe der Angst, die er den Verbrechern ins Gemüt gruselt, säubern will. Seine Monologe erinnern dabei an die des jungen Robert De Niro in Taxi Driver, der sich ja auch eine Flut wünschte, die die Stadt säubern würde. In The Batman – Spoiler – kommt diese Flut im Finale tatsächlich. Und das ist wohl kein Zufall.

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Der Riddler verfolgt ein ähnliches Ziel, und zwar ebenfalls durch Angst und Terror. Er zeigt so, dass Terror zwar hehren Motiven folgen, aber keine menschenwürdigen Ergebnisse erzielen kann. Es sterben halt Unschuldige. Und das ganz schön brutal, seine Morde erinnern immer wieder an die sadistische Komplexität der Saw-Filme – auch wenn das Blut natürlich fehlt, weil das Ganze immer noch eine Superheldengeschichte ist. 

Der Terror, den wir sehen, ist aber auch angelehnt an den Terror, den wir aus unserer Welt, also dem Fernsehen, kennen. Wenn da eine Gruppe maskierter Internet-Fanatiker mit Sturmgewehren eine große Veranstaltung niederschießen will, dann denken wir an den Bataclan-Anschlag. Wenn ein SUV in eine Menschenmenge rast, dann kennen wir das vom Breitscheidplatz. Und wenn dann eine Bombe in der Kirche explodiert … nun ja, auch das gibt es.

Die Internet-Fanatiker. Eine Mischung aus QAnon-Anhängern und Incels sammelt sich "auf Social Media", wie es heißt, um dem Riddler dabei zu helfen, seinen Plan umzusetzen und den Sumpf auszutrocknen, also alle korrupten Politiker zu ermorden. Das wirkt zwar reichlich konstruiert, weil er nur 500 Follower hat, aber gleichzeitig auch reichlich zeitgeistig, weil QAnon und Incels in der realen Welt auch schon Menschen ermordet haben.

Nur, und das ist das Problem des Films: Statt klar zu sagen, dass diese Verschwörungsmythen und ihre verblendeten Anhänger Quatsch sind, gibt The Batman ihnen Recht. Denn es gibt in Gotham City ja wirklich einen Sumpf, den es auszutrocknen gilt. Politiker, Wirtschaftsbosse und die Mafia arbeiten wirklich zusammen, der Obergangster kontrolliert Gotham City seit 20 Jahren, und sogar der Vater von Batman, Thomas Wayne, dessen Tod hier zwar thematisiert wird, den wir aber Gott sei Dank nicht schon wieder sehen müssen, ist nicht ganz frei von jeder Schuld. Warum also, so könnten Verschwörungsdoofis fragen, soll es das nicht auch im wahren Leben geben?

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Und der Film zeigt auch, dass Angst funktioniert. Man kann damit zwar auch in der Filmwelt keine Freunde gewinnen, aber es reicht, um Dinge zu verändern. Nicht notwendigerweise zum Besseren, aber doch kurzfristig so, wie man sich das wünscht. Denn Batman ist auch erfolgreich durch die Angst, die seine Gegner vor ihm haben. Er sei nicht im Schatten, er sei der Schatten, sagt er. Und "I am vengeance" und so weiter. Verschwörungstrottel um QAnon, vermeintlich vom Leben benachteiligte Incels, Querdenker und all diese komischen Menschen werden sich The Batman anschauen und sagen können: "Ich habs euch doch gesagt!"

Dass Batman – Spoiler – am Ende einsieht, dass Angst nicht das ist, was seine Stadt braucht, um auf einen gesunden Weg zurückzufinden, dass er sich wohler fühlt als der Lichtbringer, der die Menschen aus der Dunkelheit führt, anstatt immer nur der Schatten sein zu müssen, das löst das Problem nur oberflächlich. Da helfen auch die fast schon kitschigen Bilder nicht, in denen Batman eine grelle rote Fackel tragend eine Gruppe verschütteter Menschen aus der Dunkelheit in Sicherheit führt. Das Problem löst sich dadurch nicht wirklich, denn in der Realität wird kaum ein Terrorist, welcher Art auch immer, einsehen, dass er lieber gemocht als gefürchtet werden möchte, so lange Angst als Werkzeug funktioniert.

So bleibt The Batman ein Film mit seltsamer Botschaft, der aber trotzdem in all seiner Dunkelheit, seiner Brutalität und Hoffnungslosigkeit großen Spaß macht. Die Musik ist so düster gehalten, dass es sich manchmal anfühlt, als säße man in einem Horrorfilm und warte auf das Erscheinen des Dämons, der dann doch nur Batman ist. Die Geschichte ist genauso erwachsen wie die Darstellung der Gewalt, Fantasy hat hier keinen Platz. Und die Action sieht richtig gut aus. Die Prügeleien erinnern eher an John Wick als an The Dark Knight, so liebevoll sind sie choreografiert und so selbstbewusst lang sind die Einstellungen, in denen die Kamera draufhält.

The Batman ist also zwar anfangs noch ein Superheldenfilm, aber irgendwann dann auch nicht mehr. Dafür ist die Kamera zu nah an den Menschen, selbst in den Action-Sequenzen. Dafür fühlt sich die Gewalt zu schmerzhaft, zu echt an. Und dafür wirken die Figuren auch einfach zu kaputt. Wenn es am Ende nicht einen Hinweis auf künftige Abenteuer des Dunklen Ritters gäbe – Matt Reeves, der Regisseur, hat eine Trilogie angelegt – dann könnte The Batman in seiner Ästhetik und seiner Kompromisslosigkeit auch die Fortsetzung von Joker sein.

Robert ist ja riesiger Batman-Fan, wie alle Menschen, die mit der Zeichentrickserie der 90er aufgewachsen sind. Folgt ihm auf ​​Twitter und Instagram und VICE auf TikTok, Facebook, Instagram, YouTube und Snapchat.