Politik

So könnt ihr die US-Wahl verfolgen, ohne komplett durchzudrehen

Wer sendet was und wann steht endlich der Sieger fest? Ein kleiner Guide für eine US-Wahlnacht ohne Kneipen-Popcorn.
Die beiden US-Parteiembleme vor einer verzerrten US-Flagge

Kann Joe Biden den Amtsinhaber Donald Trump in der US-Wahl nach vier Jahren Amtszeit wieder zurück zum hauptberuflichen Golfen nach Mar-A-Lago schicken? Oder schafft Trump eine zweite Legislaturperiode und kündigt wie versprochen das Pariser Klimaabkommen auf? 

Die Wahlnacht in einer Kneipe zu verbringen und diese Fragen mit Freunden zu debattieren, fällt dieses Jahr in Deutschland ganz sicher aus. Aber keine Sorge, Massenmedien werden euch auch zu Hause mit der US-Wahl zuballern. 

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Klar ist, dass ihr ziemlich lange wachbleiben müsst, um ein vorläufiges Ergebnis zu hören. Die ersten Wahllokale schließen um Mitternacht deutscher Zeit. Die letzten aber erst um 7 Uhr morgens.


Vice-Video: Donald Trumps USA Freedom Kids


Die Wahlnacht komplett ignorieren und einfach am nächsten Morgen ausgeruhtere Analysen lesen, wenn die Wahllokale auch wirklich geschlossen haben, ist unser ultimativer Pro-Tipp. Doch allen, die es verständlicherweise nicht schaffen, sich während einer so wichtigen Entscheidung auf Netflix zu konzentrieren, bieten wir hier einen Überblick: 

Wie kann ich die Wahlnacht live verfolgen?

Die Frage ist wohl eher, wie man sie nicht verfolgen kann. Habt ihr Lust auf eine Live-Berichterstattung, ist wegen dem hohen Durchdreh-Potential Twitter nicht zu empfehlen. Entscheidet ihr euch für das Boomer-Medium Fernsehen, ist fraglich, ob sich irgendein Sender außer dem Teleshoppingkanal QVC dieses Großereignis mit exzessiver Berichterstattung entgehen lässt. Stundenlange, in manchen Fällen sogar nächtelange Livesendungen gibt es hier: 

ARD liefert eine über siebenstündige Nachtsendung von 22.50 Uhr bis 5.30 Uhr.

ZDF sendet durch, bis auch das letzte Wahllokal schließt, von 0.15 bis 7 Uhr.

Phoenix ist mit einem Marathon von 0.45 bis 9 Uhr dabei.

RTL sendet Wahl-Vorgeplänkel von 20.15 Uhr bis 0 Uhr, es folgen zwei längere Fernsehsendungen über Trump, dann geht es weiter ("Die Entscheidung!") von 3 bis 9 Uhr.

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3sat: Armin Wolf macht ein ZIB-Special von 22 bis 0 Uhr. Von 0 bis 7 Uhr schließt sich direkt das nächste Wahlspecial an.

N-TV: hält sich mit einer dreistündigen Sendung von 3 bis 6 Uhr vornehm zurück, wird aber auch davor, dazwischen und danach Nachrichtenupdates liefern.

Und das ist nur die Wahlnacht. Denn, erste Enttäuschung: Wer wirklich Präsident der Vereinigten Staaten wird, steht am 3. November wahrscheinlich noch gar nicht fest. Es sei denn, einer der beiden Kandidaten legt einen Erdrutschsieg hin.

Kommt es zu Unstimmigkeiten bei der Auszählung der Briefwahlstimmen in den verschiedenen Staaten, könnte es sogar Wochen dauern, bis ein offizielles amtliches Endergebnis feststeht.

Wann kriegen wir das offizielle Endergebnis?

Die Auszählung der vielen Briefwahl-Stimmen wird in diesem Jahr das Procedere deutlich verlangsamen. Durch die pandemiebedingte Beliebtheit der Briefwahl in vielen Staaten kann es passieren, dass Trump am Mittwoch vorne liegt, sein Vorsprung aber in den darauffolgenden Tagen wieder schmilzt. 

In manchen Bundesstaaten konnten Wahlberechtigte bereits seit September ihre Stimme zur US-Wahl 2020 im Voraus im Wahllokal oder per Brief abgeben (sogenannte “early votes”). Das U.S. Elections Project hat errechnet, dass bislang mehr als 95 Millionen Amerikaner vor dem offiziellen Wahltermin am Dienstag abgestimmt haben. Das sind mehr als zwei Drittel aller Wähler im Jahr 2016.

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Außerdem wählen die US-Amerikaner ihren Präsidenten nicht direkt, sondern über Wahlleute in den einzelnen Bundesstaaten. Für die Präsidentschaft muss ein Kandidat mindestens 270 Wahlleute für sich gewinnen. Sie stimmen fast ausschließlich für den Sieger im jeweiligen Bundesstaat, der die Wahlleute entsendet. Das System war auch der Grund, warum Trump 2016 über Clinton siegen konnte, obwohl er weniger Stimmen als sie geholt hat: Er hatte mehr Wahlleute für sich gewonnen.

So sieht der Fahrplan bislang aus:

3.- 4. November 2020: Wahltag

14. Dezember 2020: Das Electoral College wählt den Präsidenten und den Vizepräsidenten

6. Januar 2021: Stimmauszählung von Wahlleuten der einzelnen Bundesstaaten. Für einen Einzug ins Weiße Haus braucht ein Kandidat 270 Wahlleute. 

20. Januar 2021: Amtseinführung in Washington, D.C. Der Präsident nimmt um 12 Uhr seine Geschäfte auf.

Was passiert bis zum Endergebnis?

In der Zwischenzeit ist so einiges möglich. Mit Gewalt auf den Straßen nach dem Wahlabend rechnen viele Menschen in Amerika ganz unabhängig vom Ergebnis. Schon jetzt laufen mehrere Klagen rund um das Wahlsystem, wie zum Beispiel gegen einzelne Auszählungstermine. 

Trump hat bereits angekündigt, sich am Wahltag zum Sieger zu erklären, unabhängig vom Ergebnis. Tatsächlich könnte es sein, dass sich in der Wahlnacht zunächst mal eine republikanische Mehrheit abzeichnet. Das liegt auch daran, dass Trump seine Anhänger immer wieder von vermeintlichem Wahlbetrug bei der Briefwahl gewarnt hat. Man kann also davon ausgehen, dass Trump-Wähler am Wahltag eher in die Kabine gehen, um ihre Stimme abzugeben – und die können schneller ausgezählt werden.

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