Drogen

Das passiert mit deinem Körper, wenn du keinen Alkohol mehr trinkst

Dein Immunsystem, dein Schlaf und deine Haut werden es dir danken.
Leere Weinflaschen vor einem Altglascontainer
Foto: imago images | ZUMA Wire 

"Du lebst nicht länger, wenn du mit dem Trinken aufhörst. Das Leben fühlt sich nur länger an." Das ist einer der Lieblingssprüche meines Vaters, wenn man ihn auf seinen Alkoholkonsum anspricht. Aber so lecker alkoholische Getränke auch sind und so witzig ein Rausch sein kann, gut für deinen Körper und dein Gehirn ist das natürlich alles nicht. Ich habe selbst erlebt, wie gut einem eine längere Pause tun kann. Natürlich habe ich während dieser Phase auch andere Dinge getan, die mir gutgetan haben. Trotzdem glaube ich, dass die Abstinenz eine wichtige Rolle gespielt hat. Aber was sagt die Wissenschaft?

Anzeige

Dein Immunsystem wird effektiver

Im Schnitt leiden Menschen mit erhöhtem Alkoholkonsum öfter an Lungenentzündungen und andere Atemwegserkrankungen. Sie haben nach Operationen häufiger Komplikationen und eine schlechte Wundheilung, bekommen eher Blutvergiftungen und bestimmte Krebsarten – um nur ein paar Nachteile zu nennen. "Mit dem Alkohol aufzuhören, stärkt dein Immunsystem und hilft deinem Körper beim Kampf gegen Infektionen", sagt Kristin Kirkpatrick, Ernährungsberaterin beim Cleveland Wellness Institute. Kirkpatrick verweist auf eine Studie von 2015, die zeigt, dass Alkohol die Immun-Barrieren strapaziert, was wiederum die Widerstandsfähigkeit des Körpers gegen eine Reihe von übellaunigen Eindringlingen mindert.

Zu oft und zu viel Alkohol ist eng verbunden mit verschiedenen immunbedingten Gesundheitsproblemen. "Aber: Was heißt zu oft? Was ist zu viel?", lallst du jetzt. Nun, kommt darauf an, wen du fragst. Wenn es nach der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung geht, endet eine unbedenkliche Menge bei 24 Gramm Alkohol für Männer und 12 Gramm für Frauen pro Tag – und zwar an nicht mehr als fünf Tagen die Woche. Das sind zwei kleine Gläser Feierabendsekt für Männer und eins für Frauen. Wenn dir diese Rechnung verdächtig altbacken und sexistisch vorkommt, bist du nicht allein. Andere Studien sagen, dass der Wert für alle Menschen, unabhängig von Geschlecht, etwa gleich ist und bei etwa 20 Gramm pro Tag liegt.

Anzeige

VICE-Video: Wie ich mich 30 Tage lang nur von Soylent ernährte


Es ist auch nicht viel besser, wenn du dich nur hin und wieder völlig abschießt. Eine in der Fachzeitschrift Alcohol veröffentlichte Studie fand heraus, dass bereits ein einziges übertriebenes Alkoholgelage das Immunsystem stark strapaziert und zu Entzündungen führt. Dieses sogenannte Rauschtrinken beginnt bei einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,8 Promille – was etwa fünf Gläschen Sekt entspricht.

Die gute Nachricht: Wenn du keinen Bock mehr hast, ständig schlapp und fertig zu sein, rappelt sich dein Immunsystem von selbst wieder auf, nachdem du mit der Sauferei aufgehört hast. "Es ist allerdings nicht klar, wie lange der Körper braucht, um sich zu regenerieren und welche Trinkfrequenz zu einer verminderten Immunstärke führen", sagt Kirkpatrick.

Du isst weniger – oder zumindest bewusster

Laut einer Studie in der Fachzeitschrift Obesity rührt der bekannte Heißhunger beim Trinken wahrscheinlich daher, dass Alkohol die Sinne verstärkt. In einem Versuch aßen Menschen, die eine intravenöse Alkoholinfusion von etwa zwei Standardgläsern erhalten hatten, etwa 30 Prozent mehr als diejenigen, die nur eine Salzlösung verabreicht bekommen hatten. Selbst ein leichter Schwips kann also die Hirnaktivitäten im Hypothalamus erhöhen und dich sensibler gegenüber Essensgerüchen machen, was dich wiederum dazu bringt, mehr zu essen. Eine andere Studie, die im American Journal of Clinical Nutrition erschien, zeigte, dass Alkohol in vielen Fällen eine Rolle dabei spielt, dass Menschen zu viel und ungesund essen.

Du schläfst besser

Ich gehe auf eine Party, nippe an ein paar Getränken und fühle mich recht schnell hundemüde. Zu Hause angekommen falle ich ins Bett und bin sofort weg, nur um vier Stunden später wieder aufzuwachen und nicht mehr weiterschlafen zu können. Kommt dir das bekannt vor?

Anzeige

"Alkohol ist ein Sedativum. Das bedeutet, dass es den Körper runterfährt und dich schläfrig macht", erklärt Kirkpatrick. Die Schlafstörungen kommen laut der Ernährungswissenschaftlerin dadurch, dass der Körper auf Hochtouren arbeitet, um den Alkohol zu verarbeiten. Ein paar Drinks helfen dir vielleicht dabei, schneller einzuschlafen, aber sobald dein Körper den Stoff verarbeitet hat, wachst du wahrscheinlich wieder auf oder schläfst generell eher schlecht.

Eine Review von 27 Studien stützt Kirkpatricks Aussage. Wenn Menschen trinken, wird ihr Schlaf unruhig. Sie wachen öfter auf und schlafen weniger durch, sagt Amarjot Surdhar, ein Suchtpsychiater vom Gesundheitszentrum Northwell Health. "Menschen fühlen am Tag nach einem schweren Gelage eine allgemeine Müdigkeit und generelles Unwohlsein", sagt er. Die Unterdrückung, Verzögerung und Reduzierung des REM-Schlafs tue dem Hirn ebenfalls keinen Gefallen. Die REM-Schlafphase soll das zentrale Nervensystem stimulieren, die Hirnchemie wieder ins Gleichgewicht bringen und uns dabei helfen, neue Erinnerungen zu bilden. Wenn du dir deinen REM-Schlaf versaust, hängst du am Tag drauf also ziemlich durch.

Du senkst dein Krebsrisiko

Alkoholische Getränke gelten als krebserregend. Insbesondere kann Alkoholkonsum Speiseröhrenkrebs, Darmkrebs, Krebs im Mundrachenraum, Kehlkopfkrebs und Bauchspeichelkrebs auslösen. Auch Prostata- und Brustkrebs können durch Alkohol ausgelöst werden. Je weniger du trinkst, desto geringer ist das Krebsrisiko.

Abstinenz beeinträchtigt die Fruchtbarkeit bei Frauen

So ziemlich jeder Mensch weiß, dass man während der Schwangerschaft auf Alkohol unbedingt verzichten sollte. Der Einfluss auf die Fruchtbarkeit ist allerdings weitaus weniger bekannt. In einer dänischen Studie wurde der Alkoholkonsum von Frauen überwacht, die versuchten, schwanger zu werden. Die Frauen, die mindestens 14 Standardgläser pro Woche konsumierten, hatten eine 18 Prozent geringere Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden.

Die Forschenden gaben allerdings auch an, dass der Konsum von weniger als 14 Standardgläsern pro Woche "keinen erkennbaren Einfluss auf die Fruchtbarkeit" habe.

Anzeige

Und verringert die Wahrscheinlichkeit geschädigter Spermien bei Männern

Eine Studie von 2017 fand heraus, dass Alkohol zwar nicht die Spermiendichte beeinflusst, dafür aber die Produktion von Spermien mit besonders großen Köpfen fördert, die potenziell geschädigte DNA enthalten können. Die Forschenden empfehlen daher, dass "Männer, die vorhaben Vater zu werden, mindestens drei Monate vor der geplanten Zeugung mit dem Konsum von Alkohol aufhören".

Das klingt jetzt aber ein bisschen übertrieben? Ist es vielleicht auch. Bislang habe nur nachgewiesen werden können, dass starker Alkoholkonsum signifikant die Spermienqualität beeinträchtigt, sagt Urologe Michael Reitano vom Roman, einem Start-up für Männergesundheit. Kleine Mengen Alkohol könnten zwar Auswirkungen auf die Form der Spermien haben, aber viele große Studien hätten festgestellt, dass moderater Alkoholkonsum die Fruchtbarkeit nicht beeinflusst, sagt Reitano.

Deine Haut wird wahrscheinlich besser aussehen

Wie du bestimmt selbst gemerkt hast, ist Alkohol harntreibend. Will heißen: Du pinkelst mehr Flüssigkeit, wenn du alkoholische Getränke getrunken hast, als wenn du die gleiche Menge an Wasser zu dir genommen hättest. Die ständige Strullerei hält deinen Körper davon ab, in den Nieren Wasser vom Urin zu extrahieren. Das Ergebnis? Trockene Haut, die stumpf oder grau aussehen kann. "Moderates Trinken wird wahrscheinlich keine negativen Auswirkungen auf das Hautbild haben", sagt Kirkpatrick. Sie warnt allerdings davor, dass exzessiver Alkoholkonsum ein trockenes Antlitz zur Folge haben kann. Und? Alkohol verringert die Produktion des Hormons Vasopressin, das dem Körper bei der Wasserwiederaufnahme hilft. Wenn du weniger trinkst oder ganz auf Alkohol verzichtest, sollte sich dein Hautbild schnell verbessern, sagt Kirkpatrick.

Folge VICE auf Facebook, Instagram und Snapchat.