Eine Illustration zeigt einen blonden, jungen Mann, der sichtlich gestresst auf einem Handy tippt, links von ihm machen leicht bekleidete Frauen Selfies, rechts von ihm tippen Fratzen ebenfalls auf Handys; im Gespräch mit einem OnlyFans-Account-Manager
Illustration: Samy Auzet
Sex

Dieser Typ verdient als OnlyFans-Account-Manager mehrere 10.000 Euro im Monat

"Rund 90 Prozent meiner Zeit bei OnlyFans gehen dafür drauf, Nachrichten zu beantworten. Viele Anfragen kommen von Männern mit ganz speziellen Wünschen."

Für viele Männer wird nun eine Welt zu Bruch gehen: Wenn sie bei der Erotikplattform OnlyFans mit leicht bekleideten Models schreiben, stecken hinter den Profilen oft gar keine Frauen – sondern Typen wie Marc. Marc besitzt eigentlich eine Kommunikationsagentur und ist Fashionfotograf. In den vergangenen 18 Monaten hat er sich noch ein weiteres Standbein als OnlyFans-Account-Manager aufgebaut.

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Marc heißt in Wahrheit anders, aber weil er mit den Models eine Vertraulichkeitserklärung vereinbart hat, will er seinen echten Namen hier nicht lesen. Als Account-Manager bei OnlyFans ist er ein unsichtbares Zahnrad in einer Industrie, die gerade boomt. Für seine Tätigkeit schickt er personalisierte Nachrichten an zahlungswillige User – inklusive Fotos, die meistens schon drei Wochen vorher aufgenommen und genau für diesen Zweck abgespeichert wurden. Inzwischen ist dieses Geschäft für Marc so lukrativ, dass es zwischen 60 und 70 Prozent des Umsatzes seines Unternehmens ausmacht.

OnlyFans gibt es seit November 2016, aber erst Anfang 2020 ging die Plattform so richtig durch die Decke – als viele Leute wegen der Corona-Lockdowns neue Einkommensmöglichkeiten ausprobierten. Jetzt, fast zwei Jahre später, lässt sich durch solche Erotikportale immer noch sehr viel Geld verdienen, und Menschen mit den verschiedensten Hintergründen – darunter auch Reality-TV-Promis und Pornostars – sind dort erfolgreich unterwegs.

Ohne Leute wie Marc würde die Industrie aber lange nicht so geschmeidig laufen. Wir haben mit ihm über seinen außergewöhnlichen Job gesprochen.

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VICE: Was genau machst du bei OnlyFans?
Marc:
In meinem eigentlichen Job manage ich die Instagram- und Facebook-Seiten von Fachleuten vor allem aus dem medizinischen Bereich. Zusätzlich kümmere ich mich um die OnlyFans- und Patreon-Accounts mehrerer Influencerinnen – immer zwischen vier und sieben gleichzeitig. Da veröffentliche ich Content, also Fotos und Videos, in einem vertraglich vereinbarten Rhythmus. Je berühmter die Person, desto öfter poste ich pro Tag: Bei manchen ist es ein Post täglich, bei anderen sechs. Aber sie alle bekommen jeden Tag sehr viele Nachrichten. Vorrangig von Männern. Ich beantworte diese Nachrichten für sie. Im Laufe eines Wochenendes kommen da schon mal 2.000 Nachrichten zusammen.

Wie fing das alles für dich an?
Seit acht Jahren bin ich auch als Fotograf im Fashion-Bereich tätig. Als OnlyFans an den Start ging, fragten mich einige meiner Models, ob sie meine Fotos auf der Plattform nutzen dürften. Es gab also eine offensichtliche Verbindung zwischen meinem Agenturjob und OnlyFans. So kam es, dass ich auch da meine Dienste anbot.

So richtig ging das Ganze aber erst Anfang 2020 los, als die ganzen Lockdowns kamen. Ich saß zu Hause und hatte nichts zu tun. Da kontaktierte mich eine Influencerin und fragte, ob ich Bock hätte, einen OnlyFans-Account für sie zu erstellen. Wir setzten uns das Ziel, bis zum Ende des Monats eine bestimmte Anzahl an Followern zu erreichen. Es waren dann zwölfmal so viele.

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"Ich muss vorsichtig sein, denn ich täusche die Leute ja schon."

Worauf musst du dich bei deinem Job am meisten konzentrieren?
Rund 90 Prozent meiner Zeit bei OnlyFans gehen dafür drauf, Nachrichten zu beantworten. Viele Anfragen kommen von Männern mit ganz speziellen Wünschen. Ihre Fantasien drehen sich um Haare, Finger- und Fußnägel oder Füße. Manche wollen auch Fotos, auf denen die Models einen Mund-Nasen-Schutz oder OP-Handschuhe tragen. Ich leite diese Anfragen sofort an die Mädels weiter. Wenn alles im Rahmen des Möglichen liegt, schicken sie mir innerhalb einer Stunde die entsprechenden Fotos zurück.

Das Wichtigste ist, dass die Kunden zufrieden sind. Außerdem dürfen wir nie vergessen, dass wir hier ein Produkt vermarkten und verkaufen. Beim Nachrichtenaustausch muss schnell die geschäftliche Absicht durchkommen. Die Typen sind das gewohnt, sie wollen ja auch etwas kaufen. 

Wie schaffst du es, dass man dich für das jeweilige Model hält?
Ich versuche immer, die Frauen persönlich kennenzulernen, damit ich in den Nachrichten keinen Unsinn schreibe. Zusätzlich scrolle ich mich ständig durch ihre Instagram-Feeds und schaue mir ihre Storys an, damit alles, was ich bei OnlyFans sage, auch dazu passt, was sie sonst posten.

Es hat mir schon immer Spaß gemacht, Leute zu studieren und zu verstehen, wie sie ticken. Jeder Mensch hat Grenzen. Deswegen frage ich die Models auch immer zuerst, wie weit sie auf Plattformen wie OnlyFans gehen würden und was sie alles zeigen wollen. Die Antworten nehme ich dann als Grundlage dafür, ob ich in den Nachrichten eher schüchtern oder extrovertiert wirke. Natürlich versuche ich, von Model zu Model unterschiedlich zu reden, aber die Basis ist immer gleich.

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Hast du keine Angst davor, dass man dich "enttarnt"?
Ich muss vorsichtig sein, denn ich täusche die Leute ja schon. Es gibt aber einen Trick, der mir dabei hilft, nicht erwischt zu werden. Wenn mich ein Typ fragt, ob er da wirklich mit dem jeweiligen Model schreibt, bitte ich meine Klientin schnell, ein kurzes, personalisiertes Video aufzunehmen, in dem sie sagt: "Vielen Dank für deine Unterstützung, XY."

"Ich glaube, die Models wollen die ganzen Nachrichten gar nicht lesen. Sie freuen sich einfach, dass Geld auf ihren Konten landet."

Verdienst du durch das Managen der OnlyFans-Accounts viel Geld?
Bei jedem Vertrag gibt es eine fixe Gebühr von 2.500 Euro pro Monat. Dazu nehme ich fünf Prozent Kommission für jede 5.000 Euro, die das Model auf der Plattform verdient. Wenn sie zum Beispiel 15.000 Euro im Monat macht, gehen davon 15 Prozent an mich. Bei 20.000 Euro sind es 20 Prozent und so weiter. Bei den bekanntesten Influencerinnen kommen eigentlich immer über 50.000 Euro zusammen.

Könnten die Frauen ihre Accounts nicht einfach selbst managen?
Wenn sie ihre Nachrichten und Anfragen wirklich selbst beantworten müssten, würden sie den Typen in bestimmt 99 Prozent der Fälle sagen, dass sie sich verpissen sollen. Ich habe den nötigen Abstand und kann die Unterhaltung so respektvoll und zügig in die geschäftliche Richtung lenken. Die Influencerinnen sind sehr glücklich darüber, dass ich diese Arbeit für sie übernehme. Ihnen ist dann auch meistens egal, wie viel sie mir dafür bezahlen. Ich glaube, sie wollen die ganzen Nachrichten gar nicht lesen. Sie freuen sich einfach, dass Geld auf ihren Konten landet.

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