Drogen

Cannabis-Legalisierung: Lauterbachs Plan enthält einen schweren Fehler

Wenn die Ampelkoalition das Eckpunktepapier zur Cannabis-Legalisierung wirklich so umsetzt, wird der Schwarzmarkt weiter profitieren.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat ein Eckpunktepapier zur Legalisierung von Cannabis ausgearbeitet
Foto: IMAGO / NurPhoto
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Alles zur Cannabis-Legalisierung

Legale Cannabis-Unternehmen und illegale Dealer haben heute gleichermaßen etwas zu feiern: Beide Seiten dürfen in Zukunft auf gute Geschäfte hoffen. Mit Blick auf legale Firmen ist das nicht problematisch. Die organisierte Kriminalität sollte aber nicht von der Legalisierung von Cannabis profitieren. Doch genau das wird passieren. Zumindest dann, wenn die Bundesregierung den heute bekannt gewordenen Legalisierungsplan von Gesundheitsminister Karl Lauterbach wirklich so umsetzt. Denn das Papier enthält einen fatalen Denkfehler: eine Obergrenze für den THC-Gehalt in legalem Gras.

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Damit Konsumierende sich nicht auf dem Schwarzmarkt eindecken, muss legales Cannabis konkurrenzfähig sein. Die Rahmenbedingungen zur Legalisierung in Deutschland, so wie sie heute bekannt wurde, werden das nicht gewährleisten. Und das, obwohl die Steuern auf Cannabis so niedrig sein sollen, dass der Endverbraucherpreis "dem Schwarzmarktpreis nahekommt", wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland am Montag aus dem Papier zitiert. Ganz anders sieht es jedoch beim THC-Gehalt aus.


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Legal verkauftes Cannabis dürfe laut Eckpunktepapier maximal 15 Prozent THC enthalten, für 18- bis 21-Jährige dürfe er sogar nur bei 10 Prozent liegen. Das verkennt die Realitäten des Schwarzmarkts. Dort enthält Cannabis oft 25 Prozent THC, manchmal auch mehr. Zudem kann man am Schwarzmarkt problemlos noch potentere Konzentrate kaufen.

Die niedrigen Grenzwerte sollen wahrscheinlich die Gesundheit von Konsumierenden schützen. Dabei werden sie das Gegenteil erreichen, indem sie die Menschen, die besonders starkes Gras suchen, animieren, auf dem Schwarzmarkt einzukaufen. Und das werden sie auch weiterhin tun, wenn schwächeres Cannabis legal ist. Wer glaubt, es würde anders laufen, glaubt auch, dass Menschen nur noch Bier und Wein trinken würden, wenn man Schnaps verbietet. Ein besserer Weg wäre, Kunden in legalen Verkaufsstellen gründlich über die Wirkung und Risiken einer höheren THC-Konzentration aufzuklären.

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Den legalen Verkauf hat das Eckpunktepapier klar geregelt. Demnach dürfen Menschen ab 18 künftig bis zu 20 Gramm Cannabis legal besitzen. Ihre Einkäufe werden sie dann in Cannabisgeschäften und eventuell auch Apotheken erledigen können. Dazu wolle man ein generelles Werbeverbot einführen. Weil der internationale Handel mit Cannabis zum Freizeitkonsum nicht mit EU- und Völkerrecht vereinbar sei, müsse man den deutschen Bedarf zunächst mit Cannabis aus heimischen Plantagen decken. Oder aus heimischen Wohnzimmern. Denn auch der Eigenanbau von bis zu zwei Cannabis-Pflanzen soll künftig erlaubt sein.

Befürworter des Eigenanbaus halten ihn für den sichersten Weg, um verunreinigtes oder gestrecktes Cannabis zu vermeiden. Solches taucht auf dem unregulierten Schwarzmarkt immer wieder auf. Diesen stark einzudämmen und so die Konsumierenden zu schützen, ist eines der erklärten Hauptziele, das die Ampelkoalition mit der Cannabis-Legalisierung verfolgt. Allerdings wird das nicht funktionieren, wenn es wirklich eine THC-Obergrenze geben sollte. 

Noch wird das Eckpunktepapier unter den einzelnen Ministerien abgestimmt. Es ist also noch Zeit, etwas zu ändern. Und das sollte die Bundesregierung dringend tun. Denn aktuell bewegt sie sich in den Fußstapfen ihrer Unions-geführten Vorgängerregierung. Die hatte geglaubt, und glaubt es wahrscheinlich noch immer, dass Menschen aufhören Cannabis zu konsumieren, wenn man es ihnen verbietet. Das hat sich als kolossaler Irrtum herausgestellt: Schätzungen zufolge kiffen etwa 4,5 Millionen Menschen in Deutschland. Jetzt glaubt das Gesundheitsministerium, dass Menschen kein Cannabis konsumieren werden, wenn es den erlaubten THC-Gehalt übersteigt. Auch die Ampelkoalition wird mit dieser Ansicht falsch liegen.

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