Tech

Weder Stern noch schwarzes Loch: Mysteriöses Objekt im All entdeckt

Forschende stießen auf einen Fund, der nicht in bestehende Kategorien passt und in der Astronomie einige Fragen aufwirft.
Das allererste Bild eines schwarzen Lochs inklusive Schatten. Die Entdeckung eines neuen Objekts könnte unser bisheriges Wissen über schwarze Löcher und Neutronensterne auf den Kopf stellen
Das allererste Bild eines schwarzen Lochs inklusive Schatten, aufgenommen vom Event Horizon Telescope und veröffentlicht im April 2019 | Bild: bereitgestellt von EHT

Wissenschaftler haben ein mysteriöses Objekt im Weltall entdeckt, das noch nie zuvor von Menschen gesehen wurde. In einer am 23. Juni veröffentlichten Studie schreiben die Forschenden zweier Sternwarten, dass sie ein bisher unbekanntes Objekt gefunden hätten, das mehr wiegt als die meisten Neutronensterne, aber weniger als schwarze Löcher: einen "schwarzen Neutronenstern".

Wenn massenreiche Sterne sterben, kollabieren sie meistens unter ihrer Schwerkraft und hinterlassen schwarze Löcher. Wenn kleinere Sterne sterben, explodieren sie in einer Supernova und hinterlassen dichte, tote Überbleibsel, die man Neutronensterne nennt. Der schwerste bekannte Neutronenstern besitzt dabei maximal zweieinhalbmal so viel Masse wie unsere Sonne, während das leichteste bekannte schwarze Loch rund fünfmal so viel Masse besitzt. Die Lücke zwischen diesen beiden Massen ist immens. Jahrzehntelang rätselte man in der Astronomie, ob sterbende Sterne auch irgendetwas zurücklassen, das innerhalb dieser mysteriösen "Massenlücke" liegt.

Anzeige

Die Antwort lautet ja, denn der schwarze Neutronenstern, den Wissenschaftler zwar schon vergangenen August entdeckten, aber erst jetzt in der Studie beschrieben, fällt genau in die rätselhafte Massenlücke.


Auch bei VICE: Dieser Künstler verwandelt seine Begegnungen der dritten Art in Kunst


Das geheimnisvolle Objekt besitzt 2,6 mal so viel Masse wie unsere Sonne und liegt damit zwischen Neutronensternen und schwarzen Löchern. Es wurde entdeckt, als es mit einem schwarzen Loch von 23 Sonnenmassen verschmolz. Zwei Sternwarten registrierten die dabei entstandenen Gravitationswellen.

Die beiden Sternwarten – das Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory (LIGO) in den USA und das European Virgo Observatory – veröffentlichten die Studie nun in einer internationalen Zusammenarbeit. "Obwohl wir das Objekt nicht abschließend einordnen können, haben wir hier entweder den schwersten bekannten Neutronenstern oder das leichteste bekannte schwarze Loch gesehen", sagt Vicky Kalogera, die die Arbeit an der Studie koordiniert hat. "Aber wie dem auch sei, es ist auf jeden Fall ein Rekord."

"Dieser überraschende und beispiellose Fund stellt alle astrophysikalischen Modelle in Frage, die diesen Zwischenfall eigentlich erklären sollten", sagt Mario Spera, einer der Mitautoren der Studie. "Wir sind uns allerdings ziemlich sicher, dass das Universum uns hier mal wieder mitteilen will, dass unsere Vorstellung von der Entstehung kompakter Objekte immer noch recht unklar ist und sich stetig verändert."

Anzeige

Gravitationswellen entstehen, wenn massenreiche Objekte die Raumzeit um sie herum verzerren und so Wellen durch das Universum schicken. 2015 konnten Forschende solche Wellen – verursacht von zwei kollidierenden schwarzen Löchern – zum ersten Mal registrieren. Seitdem sind die Aufzeichnungen von Gravitationswellen immer seltsamer geworden. Und diese aktuelle Entdeckung eröffnet unendlich viele neue Möglichkeiten in Sachen Weltall. Sie deutet zudem darauf hin, dass solche Zwischenfälle viel häufiger vorkommen, als man es in der Astronomie ursprünglich angenommen hat. Dazu kommt, dass der gewaltige Massenunterschied zwischen dem Objekt und dem dazugehörigen, neunmal so massiven schwarzen Loch die Theorien dazu in Frage stellt, wie schwarze Löcher und Neutronensterne entstehen.

Wie wollen die Forschenden nun herausfinden, woher das mysteriöse Objekt stammt und was genau es ist? Die Leute hinter der Studie sagen, dass sie sich schon darauf freuen, in Zukunft ähnliche astronomische Zwischenfälle zu beobachten und hoffentlich sinnvolle Schlüsse daraus zu ziehen.

Folge VICE auf Facebook, Instagram und Snapchat.