10 Fragen an eine Putzkraft, die du dich niemals trauen würdest zu stellen

Es ist nicht so, dass Natalia* darum gebeten hätte, aber zwangsläufig kennt sie alle dreckigen Geheimnisse ihrer Kunden. Die Putzkraft findet auch in den hintersten Ecken noch Staub – obwohl manche Auftraggeber selbst putzen, bevor sie kommt. Etwa 3,6 Millionen Haushalte in Deutschland beschäftigten eine Haushaltshilfe, fand 2015 das Institut für Wirtschaft in Köln heraus. Natalia ist eine von ihnen.

Die 43-Jährige hat schon jung damit angefangen, hinter anderen Leuten aufzuräumen. Mit 20 Jahren half sie das erste Mal ihrer Mutter, die auch mit Putzen Geld verdiente. Danach arbeitete Natalia zwischenzeitlich als Kellnerin und Verkäuferin, bis sie sich vor zehn Jahren dazu entschied, sich aufs Putzen zu konzentrieren. Als Angestellte verschiedener Reinigungsunternehmen putzte sie bei Rentnern, Politikern und Bankern. Weil ihre Kunden sie an Bekannte weiterempfahlen, konnte sie sich vor einem halben Jahr selbstständig machen. Jetzt hat sie in ihrer Tasche insgesamt sechs Schlüssel zu Wohnungen, in denen sie Woche für Woche sauber macht.

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Wir haben Fragen.

VICE: Was ist das Schlimmste, das du je geputzt hast?
Natalia: Eine komplett vollgeschissene Toilette eines älteren Herren. Da musste ich mich fast übergeben. Und das kam nicht nur einmal vor. Ich glaube, der stand darauf, das kann ich mir gar nicht anders erklären. Ein anderes Mal habe ich mit meinen damaligen Kollegen über 18 Stunden eine Küche geputzt. Der Besitzer war superreich und es war alles vom Feinsten eingerichtet – aber das Haus war total versifft. Und er selbst hatte richtig Schmiere im Mund, weil er sich so selten die Zähne geputzt hat. Hätte der nicht so viel Kohle gehabt, hätte mein Chef den Auftrag wohl nicht angenommen. Wenn mir das heute nochmal passieren würde, würde ich sagen: “Leute, entweder ihr zahlt mir hier das Fünffache oder ich geh’ wieder!”

Was denkst du, wenn du beim Putzen persönliche Unterlagen findest?
Einmal hatte eine Kundin einen Gehaltszettel offen rumliegen lassen. Das war interessant, denn die hat sich immer aufgespielt wie eine Millionärin. Auf dem Zettel stand aber, dass sie nur 1.200 Euro Rente im Monat bekommt. Sie war aber mit einem Ingenieur verheiratet, dann kam das ganze Geld wohl von ihm.

“Einmal wollte ich mit der Tochter eines Kunden in seine Wohnung. Was dann passierte, war das Schlimmste, das ich im Job je erlebt habe.”

Wie oft findest du beim Putzen Sex-Toys?
Nur einmal. Da habe ich bei einer 80-jährigen alleinstehenden Kundin das Bett gemacht. Darin lag in ein Tuch eingerollt ein Vibrator. Ich dachte nur: “In dem Alter funktioniert das mit der Lust also auch noch, trotz der Medikamente.” Sie hat danach nur kurz zu mir gesagt: “Ach, wir kennen uns doch lange genug.” Damit hatte sich die Angelegenheit für sie erledigt.

Was war das dunkelste Geheimnis, auf das du je gestoßen bist?
Ich bin mit einer Kundin ins Gespräch gekommen, die ich schon lange kannte. Sie war 85, ihr Mann war verstorben und sie war immer unzufrieden. In dem Gespräch hat sie mir gestanden, dass sie ihren Mann nie geliebt hat. Die beiden waren Jahrzehnte verheiratet. Sie erzählte von ihrer ersten Liebe, die sie durch den Krieg verloren hatte und ihrem Ehemann, den sie stattdessen geheiratet hatte. Das hat sie mir anvertraut, als wäre ich ihre beste Freundin. Danach konnte ich ihre Laune verstehen.

Wie oft findest du tote Menschen in den Wohnungen?
Einmal wollte ich mit der Tochter eines Kunden in seine Wohnung. Was dann passierte, war das Schlimmste, das ich im Job je erlebt habe: Sie hat aufgeschlossen und ihr Vater lag tot auf dem Boden. Mir war so schlecht. Das ist mir danach noch einmal passiert. Da habe ich die Tote aber alleine gefunden, sie lag mit dem Kopf ins Kissen gedrückt auf dem Bett. Ich stand total unter Schock, mein Herz raste. Ich konnte nicht mal eine Telefonnummer wählen. Neben dem Bett der Toten war zum Glück ein Notknopf vom Hilfsdienst der Malteser, die kamen dann. Jetzt habe ich immer Angst, dass die Leute tot sind, wenn ich in die Wohnung komme.


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Putzt du wirklich die ganze Zeit, die du in Rechnung stellst?
Ich bin natürlich viel am Handy und gehe auch mal eine rauchen. Oder ich esse meine Stulle, bevor ich verhungere. Dafür geht etwa ein Viertel der Zeit drauf. Die meisten Kunden haben auch nichts dagegen. Oft bin ich aber nicht nur bei den Leuten, um zu putzen. Gerade ältere Leute wollen mit mir einen Kaffee trinken, spazieren gehen oder sogar verreisen. Wir entwickeln eine Verbindung, weil die Putzfrau in vielen Situationen oft der einzige Kontakt ist. Ich habe von einem älteren Herrn einmal ein Angebot für eine Segelreise bekommen. Das ging mir aber zu weit. Eine andere Dame bezeichnet mich als ihre Tochter. Meine Tochter veräppelt mich immer damit und sagt, ich sei eine Lebensbegleiterin.

Wie viele Kunden putzen, bevor du kommst?
Ein paar ältere Frauen. In sauberen Wohnungen denke ich immer: Was soll ich denn hier? Das ist so langweilig! Dann wischst du mal über den Tisch, bekommst Kekse hingestellt und verbringst deine Zeit damit, zu überlegen, was du morgen kochen könntest. Normalerweise putze ich aber zwischen zwei und vier Stunden bei einem Kunden. Und dann putze ich auch sehr gewissenhaft.

Wie reagieren Männer bei einem Date, wenn sie deinen Beruf erfahren?
Männer finden das eigentlich immer ganz gut. Ich glaube, das liegt an ihrem Urinstinkt: Wenn eine Frau gut putzt, ist sie automatisch häuslich und kann sich um ein gemeinsames Zuhause kümmern. Mir macht es auch nichts aus, diesem Bild zu entsprechen. Mir ist generell egal, was die Leute über mich denken.

Wurdest du schonmal von einem Kunden angemacht?
Einer hat mich mal gefragt, ob ich für 50 Euro mit ihm Sex haben könnte. Ich habe dankend abgelehnt. Irgendwann hat er sich dann mal auf dem Sofa einen Porno angemacht, während ich seine Wohnung geputzt habe. Als ich mehrmals gebeten habe, dass er den Film ausmacht, kam keine Reaktion. Dann bin ich abgehauen und habe meinen Chef informiert. Bei so etwas ist es praktisch, noch einen Chef zu haben. Denn wenn man alleine dasteht, kann es schwierig werden und man verliert den Kunden.

Hast du schon mal etwas von einem Kunden geklaut?
Nein, das würde ich niemals tun. Ich schaue nicht mal in die Schubladen meiner Kunden, wenn es nicht gerade die Besteckschublade ist.

*Name geändert.

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