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10 Fragen an einen Exorzisten, die du dich niemals trauen würdest zu stellen

The exorcist Beat Schulthess standing in front of a wooden cross

Wir leben nicht im Mittelalter, führen keine Lanzenkämpfe und verbrennen keine Hexen mehr. Eine beliebte Tradition hat aber bis heute überlebt: der Exorzismus.

In vielen Ländern gehören Teufelsaustreibungen noch immer zum Serviceangebot der katholischen Kirche. Die jährliche Exorzismus-Fortbildung im Vatikan fand in diesem Jahr sogar trotz Corona statt. In Deutschland verzichten laut Frankfurter Rundschau immerhin 24 der 27 Bistümer auf Teufelsaustreibungen. 

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Auch viele evangelische Freikirchen bieten sogenannte Befreiungsdienste an. So wie Beat Schulthess. Er ist Offizier der Schweizer Heilsarmee und Exorzist, beziehungsweise Befreiungsdiener.

In Uster, einer Kleinstadt bei Zürich, leitet er die “Schule für Befreiungsdienst & geistliche Kampfführung”, an der man einen modularisierten Kurs zum Exorzisten belegen kann. 180 Schüler habe er dieses Jahr ausgebildet. 

Wir haben Fragen. 


VICE-Video: Bei einer Froschgift-Zeremonie in Berlin


VICE: Woher wissen Sie, wer von einem Dämon besessen ist?
Beat Schulthess:
Oft kommen die Menschen in einer Notsituation zu uns. Dann wenden wir das sogenannte sechs-Punkte-Konzept an. Menschen, die mit satanischen Mächten in Kontakt gekommen sind, zeigen normalerweise in mindestens einem dieser Punkte stark abnormes Verhalten. 

Wir fragen, wie der Hilfesuchende zu Zorn, Angst und Geiz steht, dann nach Süchten. Bei Christen fragen wir nach der Heilsgewissheit und zuletzt auch den ganzen sexuellen Bereich ab. Sehr viele Hilfesuchende betreiben Sodomie, also Geschlechtsverkehr mit Tieren.

Danach klären wir mithilfe eines Stammbaums, ob ein Bann oder Fluch auf einer Familie liegt. Dann fragt man, ob es in der Wohnung oder im Haus spukt. Wenn beispielsweise in der Nacht Berührungen stattfinden, es Klopfgeräusche gibt oder Türen auf- und zugehen. 

Sind viele Menschen, die sich an Sie wenden, nicht einfach psychisch krank?
Natürlich stehen nicht hinter jedem Zorn und jeder Depression Dämonen. Zu uns kommen aber auch Menschen, die fachärztlich oder psychologisch austherapiert sind. Es ist ganz entscheidend für sie, dass man prüfen kann, ob es eine Dämonisierung ist.

Aber stellt man im Gespräch zum Beispiel fest, dass es einen starken sexuellen Missbrauch gegeben hat, kann man nicht einfach Dämonen wegschicken. Dann braucht die Person Hilfe. Wenn die Wunden und Verletzungen noch nicht aufgearbeitet wurden, ziehen wir auch weitere Seelsorger oder auch Ärzte hinzu.

Beat Schulthess, der weißhaarige Exorzist in der weißen Uniform der Heilsarmee spielt Gitarre
​Foto: David Kündig​

Warum glauben Sie an Geister?
Vor 28 Jahren wurde ich für einen Befreiungsdienst zu einer Frau gerufen, die den Namen Jesu nicht aussprechen konnte. Wir begleiteten sie lange und eines Tages sagte sie, sie sei von einem okkulten Zirkel gesendet worden, um meinem Sohn Leukämie anzuhängen. Plötzlich war die Frau verschwunden und unser zweitältester Sohn war todkrank.

Ich habe dann einen Seelsorger hinzugezogen, der eine Lossagung nach Matthäus 18,18 gemacht hat, und innerhalb einer Woche war mein Sohn geheilt. Das war unerklärlich für die Ärzte. Diese Erfahrung war ausschlaggebend dafür, dass meine Frau und ich uns eingestehen mussten, dass es Übernatürliches gibt, was Leben und Tod beeinflussen kann.

Wie treibt man den Dämon aus?
Bei einer sogenannten Umsessenheit oder Abhängigkeit von Finsternismächten machen wir ein generelles Lossagegebet: Im Namen Jesus Christus von Nazareth sage ich mich los von allen okkulten Belastungen. Das “Nazareth” sagen wir dazu, weil es auch Dämonen gibt, die sich Jesus nennen, aber Nazareth ist ein geschützter Begriff – auch in der unsichtbaren Welt. 

Manchmal zeigt sich der Dämon dann durch den Menschen. Es ist wichtig, dass niemand bloßgestellt wird – vor allem, wenn es Manifestationen gibt: Also jemand schreit, sich windet, stampft, sich übergibt oder umfällt. Deswegen machen wir alles in einem kleinen, geschlossenen Raum. 

Man muss nach etwa zwei Wochen prüfen, ob es der hilfesuchenden Person besser geht. Wenn nicht, macht man einen weiteren Termin. Nach erfolgreicher Befreiung wird abgeklärt, ob es noch weitere Seelsorge oder Traumatherapie braucht. 

Immer wieder gibt es Fälle von Übergriffen bei Exorzismen.  
Das ist geistlicher Missbrauch und wir verabscheuen das. Man kann nie ausschließen, dass das passiert. Dieser beginnt dann, wenn wir etwas machen, dass die Leute nicht wollen. Alle Hilfesuchenden unterschreiben bei uns ein Formular, auf dem sie sich mit unserer Art der Seelsorge einverstanden erklären. Die Seelsorger unterstehen der Schweigepflicht und unterschreiben einen Kodex mit 27 Punkten.

Handauflegungen gibt es bei uns nur auf den Kopf oder die Achsel. Sonst nirgendwo, da werde ich sehr ungemütlich. Und man fragt vorher. 

Haben Sie sich schon mal geirrt?
Wenn man einen Befreiungsdienst macht, muss sich auch etwas verändern. Wenn jemand beispielsweise ein organisches Leiden hat wie Schmerzen in der Nierengegend und ärztlich nichts gefunden wurde und man dann die dunkle Macht austreibt, der Schmerz aber nicht weggeht, hat man eine Fehldiagnose gemacht. Dann muss man sich entschuldigen. 

Erbrechen, schreien, zittern – das kann rein seelisch sein oder dämonisch. Und man darf nie davon ausgehen, dass man immer alles richtig macht. Das bewahrt auch vor Hochmut.

Was war Ihr schwerster Fall?
Rahel Mauer. Da gab es auch einen langen Bericht in einer Schweizer Zeitschrift. Wir haben Rahel neun Jahre begleitet, sie hatte viele Dämonen. Mit 19 hat sie sich geschnitten und war mit Drogen in Kontakt. Der Ursprung all dessen lag darin, dass sie jahrelang sexuell missbraucht worden war.

Sie hat bei uns Hilfe gesucht. Wir haben manchmal lange Kämpfe gehabt, sechs oder acht Stunden, mehrfach pro Woche. Da waren wir oft am Limit. Heute ist sie geheilt, hat fünf Kinder und baut für ein Missionswerk Gotteshäuser auf.

Wie sieht ein Dämon aus?
Der kann verschiedene Formen haben. Die Dämonen gehören zum finsteren Heer des Teufels und der Teufel ist der Drahtzieher. In der Bibel werden diese Mächte oft als Tiere dargestellt. Es kann sein, dass einem so ein Wesen begegnet. Ich bin auch schon angegriffen worden von Mächten. Es ist schwierig, das zu beschreiben. 

Machen Sie auch Exorzismen an Kindern?
Manchmal werden wir gefragt, wir sind aber sehr, sehr, sehr vorsichtig. Da machen wir normalerweise keinen Befreiungsdienst mit Austreibungen. Man muss aufpassen, dass die Kinder da nicht seelische Schäden erleiden. 

Was kostet ein Exorzismus?
Das ist alles gratis. Aber Spenden sind möglich.

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