Der Australier Sam Ballard war 2010 mit seinen Freunden auf einer Party, als er auf eine fatale Idee kam. “Wir saßen da und haben Rotwein getrunken und versuchten uns wie Erwachsene zu benehmen, als eine Nacktschnecke vorbei kroch”, erzählte Ballards Kumpel Jimmy Galvin der australischen Presse. Galvin zufolge soll Sam gefragt haben: “Soll ich die essen?” Und dann sei es einfach passiert.
Einige Tage später klagte Ballard über Schmerzen in den Beinen und sein Arzt stellte schließlich fest, dass er sich mit dem Ratten-Lungenwurm infiziert hatte. Zahlreiche australische und internationale Medien berichteten über den Fall. Der Tod des 28-jährigen vergangene Woche unterstreicht die Gefahr dieses seltenen Parasiten.
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Der Parasit namens Angiostrongylus cantonensis kommt normalerweise bei Ratten vor und kann auf Schnecken oder Nacktschnecken übertragen werden, wenn sie Rattenkot fressen. Über diese Schnecken kann der Parasit auch auf Menschen übergehen. Der Wurm kann in den Darm eindringen, durch das Nervensystem wandern und das Gehirn angreifen.
Der Wurm versetzte ihn 420 Tage lang ins Koma
Viele Menschen merken gar nicht, dass sie sich infiziert haben und überstehen die Infektion ohne medizinische Hilfe, wie eine Behörde des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums erklärt. Allerdings könne die Infektion auch zu einer seltenen Form der Hirnhautentzündung führen und sich durch “Kopfschmerzen, einen steifen Nacken, kribbelnde oder schmerzende Haut, niedriges Fieber, Übelkeit und Erbrechen” äußern.
So erging es Ballard: Die Hirnhautentzündung versetzte ihn 420 Tage lang ins Koma. Als Ballard erwachte, hatte er bleibende Schäden am Gehirn erlitten und konnte weder seine Arme noch Beine bewegen. Außerdem litt er unter Krampfanfällen und musste den Rest seines Lebens gepflegt werden.
“Seine Freunde haben immer zu ihm gehalten”, sagte die australische Journalisten Lisa Wilkinson, die vergangene Woche über Ballards Tod berichtete. Ballard soll im Kreise seiner Familie und engen Freunden gestorben sein.
Ballards tödliche Erkrankung stellt eine extreme Ausprägung der Infektion durch den Parasiten dar. In den vergangenen Jahren wurde häufiger über den Ratten-Lungenwurm berichtet, der sich inzwischen auf 30 Länder ausgebreitet hat. In Europa kommt der Parasit nicht vor, allerdings sind Fälle von Deutschen bekannt, die sich im Ausland infiziert haben. Insgesamt sind weltweit mindestens 2.800 Infektionsfälle bekannt. Im letzten Jahr lösten Dutzende Infektionen auf Hawaii Panik aus, wie mehrere Medien berichteten.
So wird der Ratten-Lungenwurm übertragen
Der Lebenslauf eines Ratten-Lungenwurms ist alles andere als appetitlich. Der Parasit ist auf Schnecken und Ratten angewiesen. Die Larven des Ratten-Lungenwurms leben im Kot von Ratten. Wenn Schnecken den Kot fressen, infizieren sie sich und werden zum Zwischenwirt. Die Larven leben dann in der Schnecke weiter.
Frisst eine Ratte nun eine infizierte Schnecke, arbeiten sich die Larven ins Gehirn der Ratte vor und entwickeln sich zu etwa zwei Millimeter langen Würmern. Über die Arterien gelangen die Würmer in die Lunge der Ratte und legen dort ihre Eier ab. Die infizierte Ratte hustet die Eier aus und schluckt sie herunter. Dadurch gelangen die Eier in den Kot der Ratten und werden von den Schnecken gefressen. Der Kreislauf beginnt von Neuem.
Auch Menschen und andere Tiere können erkranken, wenn sie eine infizierte Schnecke fressen. Wer trotzdem gerne Schnecken isst, sollte darauf achten, dass sie gut durchgegart sind. Die australische Gesundheitsbehörde warnt, dass der Ratten-Lungenwurm auch über ungewaschenes Gemüse oder Obst übertragen werden könne, wenn daran eine infizierte Schnecke oder auch ihr Schleim hafte. Seltener würden einem CNN-Bericht zufolge auch infizierte Krabben, Shrimps, Frösche oder verschmutztes Trinkwasser den Parasiten weitergeben können. Die Krankheit kann nicht von Mensch zu Mensch übertragen werden.
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Es gibt keine einheitliche Methode, um den Parasiten los zu werden
Ärztinnen führen manchmal eine sogenannte Lumbalpunktion durch, um im Nervenwasser nach einer Infektion mit dem Parasiten zu suchen. Dabei wird mit einer Hohlnadel eine kleine Menge Nervenwasser entnommen. Bisher gibt es noch keine verlässliche Möglichkeit, Menschen etwa über Antikörper auf den Ratten-Lungenwurm zu testen.
Normalerweise dauert eine Infektion mit dem Ratten-Lungenwurm ein oder zwei Wochen, die Inkubationszeit beträgt zwischen einer und drei Wochen. Es gibt keine standardisierte Behandlungsmethode. Um die Symptome zu lindern, werden manchmal Antibiotika, Schmerzmittel oder Steroide verschrieben. Der zuständigen US-Gesundheitsbehörde zufolge sterben die Würmer meist ohne medizinische Behandlung ab, allerdings kann der sterbende Parasit eine schmerzhafte Reaktion des Immunsystems auslösen.
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Dieser Artikel ist zuerst auf der englischsprachigen Seite von Motherboard erschienen.