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Dieser Krypto-Lieferdienst hat sich mit 500.000 Dollar aus dem Staub gemacht

Die Fake-Firma CryptoEats ließ Influencer für sich werben, druckte T-Shirts, veranstaltete eine Party, launchte einen Coin und verschwand.
Ein bärtiger Mann mit grüner Jacke und grüner Mütze hält eine grüne Tüte mit der Aufschrift CryptoEats hoch, das Fake-Unternehmen ließ sogar Werbeclips drehen und verschwand dann mit dem Geld der Investoren
Screenshot von YouTube aus dem Video "Bouncer Speaks Out On Crypto Eats Scam" von Wavy Music Official

Vergangene Woche redeten mehrere britische Influencer über das neue, aufstrebende Liefer-Start-up CryptoEats. Wie der Name nahelegt, sollte man dort im Gegensatz zu Deliveroo, UberEats und Konsorten seine Bestellung mit Kryptowährung bezahlen können. So weit, so wenig innovativ. Das Unternehmen machte einen recht seriösen Eindruck. Es hatte ein Logo, ließ TikTok-Influencer für sich werben und einen von ihnen in einem Video in Lieferanten-Uniform auftreten. Yahoo Finance veröffentlichte eine Pressemitteilung des Unternehmens. Eine Party soll es auch gegeben haben. Der Launch eines eigenen Token wurde für vergangenes Wochenende angekündigt: EATS. 

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Kurz nach dem EATS-Launch am vergangenen Sonntag verschwand CryptoEats dann aber aus dem Internet, zusammen mit ein paar hunderttausend Dollar. Es war einer der wohl ausgeklügeltsten Krypto-Scams der jüngeren Zeit. 

In der Pressemitteilung, die inzwischen von der Yahoo Finance-Website verschwunden ist, behauptete CryptoEats, über ein sogenanntes Series A Funding acht Millionen US-Dollar gesammelt zu haben. "Wie konnte eine so simple Idee, Kryptowährungen als Zahlungsmittel für Essen zu akzeptieren, ein solches Interesse in der Krypto-Community generieren?", hieß es dort. Die etwas ungelenk formulierte Antwort darauf lautete in etwa, dass CryptoEats der erste echte Schritt zur Verwendung von Kryptowährungen im Alltag sei.

Überhaupt liest sich die Pressemitteilung bei näherem Hinschauen wie halbherzig durch Google Translate gejagt oder wie von einer mit Buzzwörtern gefütterten KI generiert. Versendet wurde sie durch den Anbieter GlobeNewswire, den auch zahlreiche seriöse Tech-Firmen verwenden. In dem Text heißt es weiter, dass CryptoEats-Gründer Wade Phillips Verträge mit Ketten wie Nando's und McDonald's abgeschlossen und eine Armee von Fahrern eingestellt habe. Das würde es dem Unternehmen erlauben, "es direkt mit Unternehmen wie UberEats und Delivaroo [sic] aufzunehmen, dank seiner algorithmusbasierten Blockchain-Software."

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Das Fake-Unternehmen hatte auch seine eigene Website. Dort hieß es, dass es möglich sein werde, aus Hunderten Restaurants auszuwählen. Einige der angekündigten Features waren sehr ungewöhnlich. So sollte man in verschiedenen Restaurants einzelne Gerichte und Getränke bestellen können, die der Fahrer dann auf der Lieferroute zu deiner Adresse nach und nach abholen würde. Außerdem versprach CryptoEats Kaffee-Lieferungen innerhalb von fünf Minuten. Auch den Angestellten sollte es gut gehen: Das Unternehmen versprach ein Festgehalt und Beiträge zur Rentenversicherung. 

Nichts davon war wahr. Wade Phillips existiert nicht.

Das CryptoEats-Token launchte am 17. Oktober – das heißt, ab diesem Zeitpunkt konnte jeder sein Geld darin investieren. Das CryptoEats-Entwickler-Wallet transferierte jedoch kurz darauf Binance Coin im Wert von rund 500.000 US-Dollar in verschiedene andere Wallets, und das Unternehmen verschwand komplett aus dem Internet. Seine Instagram-Seite, sein Telegram-Kanal und die Website waren plötzlich alle weg. Eine E-Mail, die wir an die Adresse aus der CryptoEats-Pressemitteilung schickten, kam sofort zurück. Die Entwickler hatten einen sogenannten Rug Pull abgezogen – so nennt man Scams, bei denen sich Entwickler mit dem Geld der Investoren aus dem Staub machen und das Projekt liegen lassen. 

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Was CryptoEats so spannend macht, ist die ausgeklügelte Vorbereitung des Scams sowie die Geschwindigkeit, mit der das Projekt wieder von der Bildfläche verschwand. Mehrere Menschen, die die Aktion in Echtzeit verfolgten, sagen, dass sich die Firma nur wenige Minuten nach dem Token-Launch in Luft aufgelöst habe. Davor hatte sie rund eine Woche lang ein koordiniertes Hypefest mit Influencer-Support abgefackelt. Der YouTuber Scarcity Studios hat alles in einem Video archiviert und zusammengefasst.

"Der Coin startet am 17. Oktober. Alles, was ich sage, ist: Benutzt eure Gehirne. Die haben mehr Geld, als sie ausgeben können", sagte der Personal-Trainer und TikToker hstikkytokky zu seinen 393.000 Followern. "Und wenn du mehr Geld hast, als du ausgeben kannst, und etwas Neues machst, das besser als anderes Zeug ist, dann wir das gut laufen."

"In einer Woche, in einem Monat, in zwei Monaten könnte dieses Geschäft die größte Liefer-App in Großbritannien sein – und es ist noch nicht mal gelistet", so hstikkytokky weiter. 

Der Rapper Bouncer und der DJ Charlie Sloth, der selbst eine Million Instagram-Follower hat, warben für das Unternehmen und seine App. Bouncer trat sogar in einem Video in voller CryptoEats-Montur auf, komplett mit CryptoEats-Shirt, -Cap und -Liefertüte. Laut dem Rapper soll das Unternehmen am Launch-Wochenende auch eine Party in London veranstaltet haben. Dort sollen CryptoEats-Fahrräder geparkt gewesen sein. Bouncer beteuert, dass er selbst nichts von dem Betrug gewusst habe.

"OMG, CryptoEats hat sich als riesiger Scam entpuppt", postete der Rapper am Montag in seiner Instagram-Story. "Sie haben mich dafür bezahlt, ein Promovideo für ihre App zu machen, NICHT FÜR DEN COIN. Ich wurde zu ihrer Veranstaltung eingeladen, bei der sie die ganzen Lieferräder draußen stehen hatten […] Das ist widerlich, dass Menschen andere um ihr hartverdientes Geld betrügen."

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