FYI.

This story is over 5 years old.

Features

Warum deine Party-Freundschaften doch für die Ewigkeit sein können

Sie: "Afterhour?" und ich war sofort verliebt. Platonisch versteht sich.

Ob aus deiner Party-Freundschaft mehr wird, hast du eigentlich selbst in der Hand. Alle Fotos von der Autorin.

Meine wichtigsten Freundschaften habe ich beim Feiern kennengelernt. Und wenn ich eine Bekanntschaft wo anders her hatte, sagen wir mal dem Arbeitsplatz, dann wurde diese auch nur durchs Fortgehen intensiviert. Also waren diese vorerst auch nur Party-Freundschaften. Sogar meine Mitbewohner kenne ich durchs Ausgehen. Mit all den "Freunden" aus meiner Jugend und Kindheit habe ich eigentlich gar nichts mehr zu tun. Und auch wenn das jetzt komisch klingt: Es ist einfach hauptsächlich deswegen, weil sie nicht mehr feiern gehen.

Es ist jetzt nicht unbedingt so, dass das Nachtleben meine einzig wahre Religion ist oder man mich nur dort findet, aber das Leben an sich ist es schon. Und die derzeitige Unabhängigkeit. Ich meine, die größte Verantwortung in meinem Leben zurzeit ist es, dass ich es rechtzeitig aufs Klo schaffe. Da ist es dann eigentlich relativ plausibel, dass sich mein Lifestyle nicht mit dem eines Workaholics oder einer Nonne vereinbaren lässt. Wobei das mit der Nonne eventuell noch ginge—es würde mir nicht schaden, ich könnte mich dafür interessieren. Aber eine Nonne werd ich wohl auch nie in einer Disko kennenlernen.

Anzeige

Trotzdem: Sogar in den Fällen von gegengleichen Lebenszielen lassen sich Freundschaften noch vereinen. Ich bin jetzt sogar so frei und sage: am besten sogar beim Fortgehen. Denn: Warum gehen wir fort? Weil wir abschalten wollen und weil wir Bock auf Gesellschaft haben. Ein paar halt, weil sie sich nach einer (random) Reproduktion sehnen. Mit wem gehen wir also am liebsten aus? Genau, mit unseren Freunden. Mindblowing, oder?

Meine längste und authentischste Party-Freundschaft hält mittlerweile schon seit 14 Jahren. Authentisch deshalb, weil ich die Gute beim Partymachen kennengelernt hab—genauer gesagt auf einer SJ-Party. Beide waren wir in der Pre-Emo-Phase, beide waren wir narrisch auf Boys. Gemeinsames Interesse ist ja an und für sich das A und O, bitte. Der erste echte Kontakt kam zustande, als sie mir die Nummer von einen Typen gecheckt hat, in den ich mich kurzzeitig verschossen hatte. Aus der Sache mit dem Typen wurde nichts, aber aus der Freundschaft zu ihr definitiv. Natürlich hatten auch wir unsere On- and Off-Phasen. Meistens war es auch meine Schuld. Trotzdem, sie ist eine echte und sehr gute Freundin geworden und geblieben. Unsere Fortgehvorlieben haben sich zwar auseinander gelebt, die Essenz—also die Liebe dazu—aber nicht. Schon der erste Beweis dafür, dass eine Party-Freundschaft auch eine Freundschaft bleiben kann, selbst wenn die Party mal ausfällt.

Ich hab dann auch noch eine andere beste Freundin, die ich ebenso durch das Fortgehen und wegen—beziehungsweise dadurch kennen gelernt hab. Es hat lediglich diesen einen Dialog irgendwann in einem Club zwischen uns gebraucht und unser Schicksal war besiegelt.

Anzeige

Sie: "Musst du morgen arbeiten?"
Ich: "Nein, du?"
Sie: "Nein."
Kurzes funkeln in unser beiden Augen.
Sie: "Afterhour?"
Und ich? War sofort verliebt. Platonisch versteht sich.

Manchmal bedarf es einfach nicht mehr. Es sind die einfachen Dinge, die verbinden und vereinen. Der Rest zwischen uns kam dann auch von ganz alleine und auf natürliche Weise. Irgendwann haben wir uns auch bei Tageslicht freiwillig getroffen, ohne vorher schon durchgemacht zu haben. Sie hat es sogar geschafft, dass ich eine Woche lang Sport gemacht habe, mit echter Motivation dahinter. Ich bin mir sicher, dass unsere Freundschaft wichtig und vor allem real ist. Auch ganz ohne Party. Aber genauso mit.

Party-Freundschaft - Party = Freundschaft

​Denk darüber nach: Eine Person, die du beim Fortgehen kennenlernst, bekommst du quasi in all ihrer Herrlichkeit präsentiert. Wenn man sich vornimmt, die Nacht unsicher zu machen, tut man dies meistens frisiert und motiviert. Der fortgehende Mensch ist also guter Dinge und lässt seine besten Seiten locker. Außerdem habt ihr dann auch schon etwas gemeinsam. Ihr habt euch beide am gleichen Tag dazu entschlossen, feiern zu gehen. Zufall oder Chemtrails? Oder um es platonisch-romantisch auszudrücken: Schicksal? Im Nachtleben lernst du also den Menschen in seiner wahrlich ehrlichen Natur kennen. Das Fortgehen ist ja eigentlich auch ein Freund, der für uns da ist, wenn es uns gut geht. Wenn wir etwas zu feiern haben. Aber auch, wenn es uns mal nicht gut geht und wir lieber etwas vergessen wollen. Deswegen sind wir bei nächtlichen Unternehmungen viel offener. Party machen ist wie eine Freikarte zu deinem "Real You".

Natürlich kann auch nicht jede Bekanntschaft das volle BFF-Paket werden. Ich hatte auch schon reine Fortgehliebschaften, die man mit einer lieblos zusammengewürfelten Sportmannschaft vergleichen kann: Um zu gewinnen, muss man zusammenhalten. Aber deswegen sich gegenseitig die Haare flechten gehen nach dem Match? Dazu braucht es nicht nur eine gewisse Haarlänge, sondern auch gegenseitiges Interesse aneinander und dafür reichte es bei mir manchmal nicht.

Ich kann auch wahre Freundschaften aufzählen, die ebenso ihren Ursprung im Schnaps hatten, bei denen trotzdem die Zeit und Distanz zugeschlagen haben. Aber zu sagen, es hätte nicht gehalten, wäre eine Entwertung. Gefährten kommen und gehen, aber die Erinnerungen bleiben. Es können Tage, Monate oder Jahre vergehen—das gemeinsam Erlebte wird nie alt oder dadurch ungeschehen. Die Anekdoten währen ewig. Die Dauer solcher Party-Formationen variiert so wie das Leben selbst, doch die getragenen Früchte davon haben einfach kein Ablaufdatum.

**

Folgt Noisey bei Facebook, Instagram und Twitter.