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CDU-Werbung im Berliner Wahlkampf, nach Peinlichkeit sortiert

Nilpferde, der unterirdischste Wahlsong der Welt und Onkel Henkel, den kleine Jungs glücklich machen.

Warum ist der CDU-Kandidat Frank Henkel so glücklich? | Foto: Privat

Guckt man die Wahlplakate an, die gerade in Berlin hängen, fragt man sich, ob sich Mitarbeiter von Satiremagazinen in die Werbeteams der Parteien geschleust haben. So ziemlich jede Partei hat Steilvorlagen für Häme im Netz geliefert. Die FDP scheiterte mit Drogenhumor vor dem Berghain ("Chemieunterricht darf nicht erst nach 24 Uhr stattfinden"), die Piraten warben in Anlehnung an die Netflix-Serie Better Call Saul mit "Better call Jan" und seiner echten Handynummer. Das könnte ein richtig spannendes Experiment in Sachen Datenschutz werden. Dummerweise sieht Jan nicht aus wie einer, den man unbedingt nach seiner Handynummer fragen würde.

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Aber keine Partei hat sich so mit dem Gesicht voraus ins Fettnäpfchen geworfen wie die CDU. Hier die Hit-Parade der peinlichen Aktionen.

Platz 1: Onkel Henkel im Glück

Zuerst schämt man sich angesichts des Plakats der eigenen versauten Gedanken. Ein älterer Mann lacht sehr selig, auf seiner Genitalhöhe ein Jungenkopf. Ein Schelm, wer da was Böses sieht, richtig? Aber dann unterhalten sich auch zwei ältere britische Touristinnen kopfschüttelnd über das Plakat: "Was macht dieser Mann mit dem Kind?", sagt die eine. Das fragen wir uns auch: Was macht Frank Henkel da?

Platz 2: Der unterirdischste Berlin-song der Welt

Ohne Ton sieht das Ganze aus wie eine schlechte Kampagne der Berliner Tourismusbranche: pompöse Luftaufnahmen, Kamerafahrten vor Sehenswürdigkeiten, jubelnde Menschen mit Deutschlandfahnen. Macht man den Ton an, wird es noch schlimmer: "Wir sind die Hauptstadt, die Metropoooole an der Spree" geht der Refrain, gesungen vom wohlfrisierten Schlagerstar Tobias de Borg. Und weiter: "Brauchst Herz und Sachverstand, Weltstadt und Bundesland." So würde höchstens eine Durchsage auf den Touribooten den "Gästen der Stadt" Berlin erklären. Menschen, die hier leben—und die CDU ja wählen sollen—, schlägt dieses Berlinbild eher in die Flucht. Lebt diese Partei eigentlich in derselben Stadt wie wir? Im Klunkerkranich, dem berlinigsten Ort aller aufgeführten, hat die CDU auch noch peinlicherweise ohne Genehmigung gedreht. Und die Betreiber sind jetzt ziemlich sauer.

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Platz 3: Wasserbüffel für CDU

Die Berliner CDU hat ein Kandidatenproblem pic.twitter.com/6MjQhVfXZl
— Markus Feldenkirchen (@MFeldenkirchen) 22. August 2016

Man muss keinen MBA in Marketing von St. Gallen haben, um zu wissen, was Wahlplakate leisten sollen: in der kürzesten Zeit dem potentiellen Wähler die eigenen politischen Ziele präsentieren und im Idealfall schmackhaft machen. Sobald der eilige Passant zu viele Transferleistungen aufwenden muss, um sich überhaupt einen Reim auf ein Plakat zu machen, hat man verkackt. Was bedeutet dieser Büffel? Reinickendorf als Großstadtdschungel? Die CDU-Politiker als starke Bullen für ein "starkes Berlin" (so der Slogan der CDU-Wahlkampagne)? Erst eine eingehende Recherche ergibt, dass Wasserbüffel die Wiesen am Tegeler Fließ (in Reinickendorf) kurz halten. Ein Funfact. Aber warum sollen wir nochmal CDU wählen?

Platz 4: Happy Hippos

Starkes Motiv! Henkel mit Sohn auf einem Wahlplakat. Oder hab ich das missverstanden? #agh16 @starkesberlin pic.twitter.com/JI2WSNadJC
— Sven Kohlmeier (@KohlmeierSPD) 30. Juli 2016

Ähnliches Spiel bei den niedlichen Nilpferden. Zugegeben: Ihr Anblick ist schöner als die Visage manch eines Politikers. Es sind ja schon majestätische Tiere. Was aber noch mehr aufheitern würde, wären bessere Kitas, kleine Klassen, halbwegs saubere Schulen und Berliner Straßen, auf denen im Winter gestreut wird, sodass Renter sich weniger Knochen brechen.

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Platz 5: Dustin Hoffmann tritt für die CDU an

Dass Clint Eastwood Trump wählt, fand ich schon krass, aber das hier verschlägt mir echt die Sprache. #AGH16 pic.twitter.com/dlH73JcgSr
— Jan Jansen (@jaja_berlin) 7. August 2016

Die CDU kann mit großen Namen auffahren. Zum Beispiel mit Dustin Hoffmann—dem genialen, weisen Schauspieler aus Rainman und Midnight Cowboy. Ach nee, ist doch ein 22-jähriger Kaufmann.

Platz 6: Feiern unter sich

Und was genau ist "sicher feiern", @cduberlin? pic.twitter.com/QDdulMfehz
— Caspar C. Mierau (@leitmedium) 20. August 2016

Die Welt liebt Berlin und seine Clubs, weil hier Menschen aus aller Welt zusammenkommen: Urberliner, viele von ihnen türkischer Abstammung, Spanier, Brasilianer, Israelis, Skandinavier und so weiter. Wie sich allerdings die CDU das Nachtleben vorstellt, sehen wir auf dem Plakat "Sicher feiern": fünf weiße, hell- bis dunkelblonde junge Menschen in der Abendsonne. Auf Facebook schreiben sie zu dem Bild: "Die CDU will, dass sich die Berlinerinnen und Berliner sowie Gäste unserer Stadt sicher fühlen und frei in unserer Stadt bewegen können – jederzeit und überall." Sicher vor was? Vor all den nicht-blonden, nicht-weißen Menschen? Das Statement der Partei auf deren Seite macht es nicht besser: "Das wollen wir vor allem mit mehr Polizeipräsenz erreichen. Aber auch der Einsatz von Video-Technik soll dazu beitragen. Mehr Sicherheit durch moderne Videotechnik wird es nur mit einer starken CDU in Berlin geben." Wer also in Clubs beim Ausrasten und Exzess gefilmt werden will, wähle CDU.

So richtig Sinn ergibt die geradezu selbstmörderische Kampagne der CDU nicht. Denn eigentlich könnte die Union mit etwas Glück zum ersten Mal seit 15 Jahren in Berlin wieder den regierenden Bürgermeister stellen. Nicht, weil Henkel und die CDU so beliebt wären. Sondern schlicht und einfach weil die SPD mit ihrem Bürgermeister Michael Müller so abschmiert. (Und wenn ihr nicht in Berlin wohnt und denkt: "Michael wer?" Keine Sorge, das ist völlig verständlich.)