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Sex

So geil ist es, in Deutschland arm zu sein.

Berliner Hartz-IV-Empfänger zahlen für Sex in der Öffentlichkeit weniger Bußgeld als Leute mit Job. Wir wissen ja schon lange, dass Berlin ein Paradies für triebgesteuerte Menschen mit wenig Kohle ist. Aber dass man hier Klaus Wowereits Slogan „arm...

Foto von SpY

Berliner Hartz-IV-Empfänger zahlen für Sex in der Öffentlichkeit weniger Bußgeld als Leute mit Job. Genau genommen 34 Euro im Vergleich zu 150 Euro. Wir wissen ja schon lange, dass Berlin ein Paradies für triebgesteuerte Menschen mit wenig Kohle ist. Aber dass man hier Klaus Wowereits Slogan „arm, aber sexy“ so wörtlich nimmt, überrascht doch. Genau genommen gibt es die Regelung schon länger. Doch erst seit Londons Bürgermeister Boris Johnson Berlin für seinen Sex-Rabatt gelobt hat, hat die Öffentlichkeit diesen Sachverhalt überhaupt erst auf dem Schirm. 2012 wurden 234 Berliner auf frischer Tat bei der sogenannten „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ ertappt. Für 2013 können wir dank Boris Johnsons Fick-Propaganda mit einem drastischen Anstieg rechnen. Was sollte man an einem warmen Juliabend auch anderes tun als im Tiergarten eine Nummer zu schieben?

Foto von Maggie Lee Aber halt mal: Wenn man für Sex im Freien weniger Bußgeld zahlen muss, funktioniert das auch mit anderen Delikten? Die Berliner Senatsverwaltung für Inneres bestätigt: „Die Reduzierung für ‚Hartz IV‘-Empfänger ist Ausfluss des § 17 OWiG und bezieht sich auf alle Ordnungswidrigkeitenverfahren“. Was im Behördensprech „Ausfluss“ aus einem Paragraphen heißt, bedeutet auf der Straße: Ihr dürft an Autos pissen, eure Geschlechtsteile präsentieren oder Hauserwände mit Geschlechtsteilen beschmieren und könnt mit einem reduzierten Bußgeld rechnen, solange ihr Hartz IV bezieht. Ein paar weitere Anregungen bietet Wikipedia unter Beispielen für „groben Unfug“ bzw. „Belästigung der Allgemeinheit“: Zum konkreten Bußgeld heißt es von der Senatsverwaltung: „Die Reduzierung auf 50 € zuzüglich Auslagen (rund 20 €) für ‚Hartz IV‘-Empfänger ist der ‚Normalbetrag‘, der sich – im konkreten – Einzelfall auch erhöhen oder ermäßigen kann.“ Es kann also auch ein bisschen teurer werden.
Aber im Bewusstsein, für Sex im Freien am Ende weniger Strafe zu zahlen, kopuliert es sich doch wesentlich angenehmer. So geil ist es, in Berlin arm zu sein. Nicht umsonst heißt die Berliner Arbeitslosenzentrale abgekürzt BALZ. Für eine Auskunft zu weiteren ungewöhnlichen Rabattmöglichkeiten für Hartz-IV-Empfänger war sie nicht zu erreichen. Dafür habe ich im Internet drei besonders schöne Sex-Spartipps herausgesucht: 1. Puff-Rabatt in Wuppertal
Sex in der Öffentlichkeit ist ja eine feine Sache, wenn zwei mitmachen. Aber auch als Single-Arbeitsloser kommt man günstig auf seine Kosten. Nur einen Euro mehr als das Bußgeld in Berlin kostet die halbe Stunde in einem Wuppertaler Bordell, der „Lust Oase“. Gegen Vorlage des Hartz-IV-Ausweises reduziert sich der Preis von 50 Euro auf 35 Euro. 2. Kostenlose Verhütungsmittel in Hamburg
Bei all dem günstigen Sex sollte man an die Verhütung denken. Die Hamburger Grünen-Chefin Katharina Fegebank hat daher kostenlose Verhütungsmittel für Hartz-IV-Empfänger gefordert. Mit den 16,50 Euro, die der Satz für Arztbesuche vorsieht, sei Verhütung nicht abgedeckt. Wir wünschen Frau Fegebank viel Erfolg bei diesem Vorhaben! 3. Kinder-Rabatt bei Burger King Weimar
Wenn bei soviel Geschlechtsverkehr doch mal was danebengeht, muss man natürlich die Folgekosten reduzieren. Burger King Weimar bietet deshalb für Kinder von Hartz-IV-Empfängern einen Rabatt für die „King Box“ an – 1,99 Euro statt 2,99 Euro (Quelle: Städte- und Gemeindebund). Doch Geld ist immer noch Geld und vor allem ein Problem, wenn man auf jeden Euro achten muss. Selbst 34 Euro für Sex im Park ist eine stolze Summe, die man in der Tasche haben sollte, denn sonst endet der Spaß schlimmstenfalls im Gefängnis. Gut, dass das Jobcenter Pinneberg kürzlich eine absurde Broschüre) veröffentlicht hat, in der die Antwort auf diese Frage steht. Am Beispiel der fiktiven Familie Fischer führt sie vor, wie man unter Hartz-IV-Bedingungen sparen kann.

Herr Fischer hat mit 50 noch alle Haare und trägt Hemden, alle weiblichen Mitglieder sehen blond, schlank und glücklich aus. Nicht gerade repräsentativ für eine deutsche Familie am Existenzminimum. Über die Spartipps der Broschüre hat sich die Presse schon vor einiger Zeit mokiert: Es wird empfohlen, zum Wassersparen Steine in den Toilettenkasten zu legen, Möbel zu verkaufen oder weniger Fleisch zu essen. Zitat: „Beim Essen überlegt die Familie, wie sie das schaffen können. Erster Beschluss des Familienrats: eine Woche auf Fleisch zu verzichten. ‚Ich will sowieso Vegetarier werden‘, erklärt Lara schon wieder bester Laune.“ Nach einem Monat Fleischverzicht können sich Papa und Mama dann einen romantischen Abend im Park gönnen, ohne befürchten zu müssen, dass wegen eines Sex-Bußgelds der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht. Man sieht: Es ist so herrlich, in Deutschland arbeitslos zu sein!