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Musik

Die Selektion haben keine Angst

Wusstest du, dass Stuttgart die Stadt Roland Emmerichs war? Wen interessiert’s. Das ist die Stadt, aus der Die Selektion kommen und sie sind bereit für 2012.

Wusstest du, dass Stuttgart die Stadt Roland Emmerichs war? Wen interessiert’s. Das ist die Stadt, aus de

Die Selektion

kommen und sie sind bereit für 2012. Sie sorgen derzeit innerhalb der düsteren elektronischen Szene für einiges Aufsehen und lassen mit ihrer homo-sado-Ästhetik Gabi Delgado noch älter aussehen als er es mittlerweile ohnehin schon tut. Sie haben sogar etwas Unmöglich Scheinendes geschafft und den Sound der Trompete in der Szene rehabilitiert. In Kürze gehen Sie auf Europa-Tour, also mach’ Push-Ups, sei fit und bereite dich auf eine Hormon-rauschende Performance aus Muskeln & Kunst vor. Wie der gebürtige Stuttgarter Industrielle Robert Bosch schon sagte: Arbeiten wie die Profis.

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VICE: Was macht ihr außerhalb von Die Selektion?

Max:

Rumhängen, an Tankstellen arbeiten, zur Schule gehen.

War es eine bewusste Entscheidung, auf Deutsch zu singen?

Ja. Der einfachste Weg, einen Text zum Leben zu bringen, ist, in deiner Muttersprache zu schreiben. Es war von Anfang an klar, dass wir deutsche Texte machen würden. Außerdem ist Deutsch eine sehr harte Sprache und passt perfekt zu all den anderen Musikinstrumenten.

Die Selektion

würde mit französischen Texten nicht funktionieren. Das ist zu weich. Ein wichtiger Aspekt ist auch, dass wir Vocals als zusätzliches Instrument betrachten. Viele Leute unterscheiden zwischen Musikern und Sängern, was total bescheuert ist.

Ich selber lebe gerade in Frankreich. Hier singen viele neuere Bands häufig in schlechtem Englisch. Mir ist aufgefallen, dass das in Deutschland selten vorkommt. Wie erklärt ihr euch das?

Die Leute haben Angst, in ihrer eigenen Sprache zu singen, weil sie sich dafür schämen, verstanden zu werden. Das klingt komisch, aber es ist die Wahrheit. Auf Englisch „I love you“ zu singen, ist einfach. Aber „Ich liebe dich“ zu singen ist viel schwerer. All diese Typen haben Angst. Aber wir haben keine Angst.

Wie ist das Stuttgarter Leben für junge Männer?

Das hängt davon ab, was für ein Typ junger Mann du bist. Viele fühlen sich hier sehr wohl. Sie gehen zur Schule, zur Uni, verlieben sich, machen Kinder, kaufen ein Haus und sterben. Es ist eine unendliche Geschichte. Für Kulturschaffende ist es inStuttgart schwer, weil es keine Szene gibt.

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Was ist euer musikalischer Hintergrund?

Hannes ist der Orchesterjunge. Er tourt mit seinem Orchester durch die ganze Welt und bespielt all die großen Städte. Max hat einen Techno-Hintergrund und hat auch in verschiedenen Noise Punk/ Shoegaze Bands gespielt. Luca beschäftigt sich eher mit New Wave, Neo-Folk und solchem Zeug.

Viele Bands imitieren die alte EBM, Industrial oder Cold Wave Musik, aber ihr geht anders an das Ganze heran. Wart ihr davon gelangweilt? Wer hatte die Idee für die Trompete?

Nein, wir sind nicht langweilt. Es war einfach nur die Mischung aus uns dreien, die aus ganz anderen musikalischen Richtungen kamen. Also schien das die einzige Möglichkeit zu sein, diesen Sound zu erschaffen. Nach unserem ersten Lied wussten wir, in welche Richtung unser Sound gehen wird. Er klingt vielleicht außergewöhnlich, für uns ist er aber normal. Bevor wir

Die Selektion

gründeten, spielte Hannes in Lucas’ Band Trompete. Wir dachten nicht wirklich darüber nach. Es passierte einfach.

Was wollt ihr mit euren Texten sagen?
Dass jedes menschliche Wesen fähig ist, zu lieben, zu betrügen und zu hassen und dass man vor all diesen Dingen keine Angst zu haben braucht. Und was hat es mit diesem Mantel auf sich, den euer Sänger immer auf der Bühne trägt?
Das ist der Mantel des Glücks und der Liebe. Hält warm und ist perfekt zum verstecken, falls man im Backstage-Raum schmutzige Dinge tun will. Ihr habt einige Shows im Ausland gespielt, wie waren die Reaktionen dort?
Es war toll, die Konzerte in Italien und der Schweiz zu spielen, die Leute haben unsere Live-Performances wirklich genossen. Unsere größte Fangemeinde ist immer noch in Berlin. Wir haben inzwischen schon fünf Mal dort gespielt und hatten immer eine wunderbare Zeit und viel Spaß. In welchem Maß beschäftigt ihr euch mit Kunst und Mode?
Wir kümmern uns nicht wirklich darum, wir sehen einfach gut aus. Laibach sagten in den 80ern, dass Politik die vollendete Kunstform sei. Was denkt ihr darüber? Kümmert euch das?
Das hat in den 80ern funktioniert. Damals gab es genug Probleme und die Leute waren angepisst. Heute geben die Leute einen Scheiß drauf. Laibach hatten Recht. Aber das würde heute nicht funktionieren. Wir haben nicht vor, eine politische Band zu werden. Interessiert ihr euch für euer Publikum? Was für Leute kommen zu euren Konzerten?
Ein Haufen von Verrückten, Schwulen, Gothics und unschuldigen Schulmädchen. Heute zieht jede „kühle“ Band, die einen eigenen Look und ihre eigene Identität hat, viel Aufmerksamkeit aus dem Internet auf sich. Diese vermeintliche Hipness hält manchmal nur ein paar Monate an. Habt ihr Angst vor dieser Schnelllebigkeit?
Nein, weil wir nichts imitieren und wir selbst sind. Wir werden all den trendigen Scheiß überleben. Wie sieht die Zukunft eurer Musik aus?
Wir arbeiten gerade an unserem zweiten Album, das übrigens verdammt geil wird. Vielleicht ein paar mehr Melodien und ein paar mehr Synthesizer, die miteinander Sex haben. Aber vor allem Muskeln und Hass. Letzte Worte?
Wir sehn uns auf Tour, Bitches. 19.05. - HEILBRONN (DE) / Mobilat
26.05. - GRONINGEN (NL) / Vera @ Downstage
27.05. - AACHEN (DE) / AZ
28.05. - BOCHUM (DE) Theater Rott-Str.
30.05. - LILLE (FR)/ Centre Culturel Libertaire
01.06. - PARIS (FR) / La Mécanique Ondulatoire
02.06. - LONDON (UK) / Bethnal Green Working Men's Club @ Brave Exhibitions
05.06. - LUZERN (CH) / Sedel Club
06.06. - WIEN (AT) / Viper Room
07.06. - PRAG (CZ) / K4
08.06. - BERLIN (DE) - Death#Disco
03.08. - SALZBURG (AT) - Stuck! Festival
17.08. - VÄXJÖ (SWE) - Kalabalik Festival Die Selektions s/t CD ist bei Aufnahme + Wiedergabe erschienen.

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