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Böser Bulle, böser Bulle

„Der mit dem Pfefferspray“ vs. „Der mit den Handschellen“

Wer ist der bösere Polizist: der, der einen völlig Unbeteiligten am 1. Mai aus dem Hinterhalt eine volle Ladung Pfefferspray ins Gesicht schoß? Oder der, der einen farbigen Rechtsanwalt getackelt hat, weil er einen Brief einwarf?

Polizisten sind auch nur Menschen. Manchmal sind sie sogar ziemlich schlechte Menschen. Das wird zum Problem, wenn man bedenkt, wieviel mehr Macht so ein Polizist als der Normalbürger hat. Wenn er seiner schlechten Laune mal freien Lauf lässt, kann das für Umstehende gefährtlich werden. Hier stellen wir euch ein paar Eurer Freunde und Helfer vor, die diese Woche bei ziemlich schlechtem Benehmen erwischt wurden:

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1. Der heimliche Pfeffersprayer vom Ersten Mai 

Der diesjährige 1. Mai verlief in Berlin so friedlich, dass ein paar der Polizisten sich anscheinend bohrend gelangweilt haben. Den ganzen Tag lang auf einem Straßenfest herumzustehen, bei dem man nicht mitmachen darf, nervt. Wenn man dann auch noch keine Randalierer verhaften darf, ist das sicher ganz schön frustrierend. Da kann man es fast verstehen, dass der ein oder andere dem Abend noch etwas Würze geben will. Aber nur fast.

Man weiß gar nicht, was das schönste an diesem Video ist. Die Eleganz der einen Bewegung, in der der Polizist sein Pfefferspray zückt, dem unbeteiligten Zuschauer neben sich einen Strahl direkt in die Augen sprüht, und es dann wieder im Holster verschwinden lässt? Wie man aus jeder Bewegung lesen kann, dass er genau weiss, dass er es nicht darf—aber glaubt, dass er damit durchkommt? Oder der Moment, in dem er die Kamera bemerkt, stutzt, und dann auf den Filmenden losrennt? Genau solche Bilder braucht die Polizei, um das Vertrauen der Bürger zu gewinnen. Immerhin: der Beamte, dem Rang nach ein stellvertretender Gruppenführer, wurde von einem seiner Kollegen wegen des scheinbar grundlosen Angriffs angezeigt.

2. Der wildgewordene Briefkastenbewacher vorm Verfassungsgericht

Um ausgerechnet vor dem Bundesverfassungsgericht von einem Polizisten auf den Boden geschleudert zu werden, nur weil man einen Brief eingeworfen hat, muss man ordentlich Pech haben. Oder man ist einfach ein bisschen dunkler als der Normaldeutsche, das erhöhrt die Chancen anscheinend ganz erheblich.

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Zumindest könnte das eine Erklärung für das sein, was David Schneider-Addae-Mensah seiner Aussage nach passiert ist: als der Münchner Menschenrechtsanwalt mit ghanaischem Vater eine Vollmacht in den Briefkasten des Bundesverfassungsgericht in Karslruhe einwarf und dann wieder gehen wollte, rief ihn ein in der Nähe stehender Polizist zurück und wollte wissen, was er dort eingeworfen habe. Der Anwalt sagte ihm, dass ihn das nichts anginge, worauf der Polizist seinen Ausweis verlangte. Als er trotzdem gehen wollte, zog der Polizist ihm zum Wachhäuschen, drehte ihm den Arm auf den Rücken, warf ihn auf den Boden und legte ihm Handschellen an.

Nach einer Viertelstunde durfte der Anwalt dann wieder gehen—allerdings hat die Polizei noch Anzeige gegen ihn erstattet, wegen wegen „Beleidigung“ und „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ (er habe „Drecksbullen“ gerufen). Schneider-Addae-Mensah hat selber Anzeige gegen den Polizisten erstattet: wegen „falscher Verdächtigung, Verfolgung Unschuldiger, Freiheitsberaubung, Körperverletzung im Amt, Nötigung und Verleumdung.“ Einen Rassismusvorwurf will der Anwalt dem Polizisten nicht machen, gab aber an, den Beamten „psychisch auffällig“ gefunden zu haben. Zumindest muss er an dem Tag ziemlich schlechte Laune gehabt haben. Oder er dachte vielleicht, dass er nur seine Pflicht tut. Wo kämen wir denn da hin, wenn jeder Dahergelaufene dem Bundesverfassungsgericht Briefe einschmeissen darf?

Hier könnt ihr abstimmen:

Welcher Bulle ist der bösere?

Zum Abschluss (und zur Versöhnung) noch der gute Polizist der Woche: im bayerischen Sauerlach hat ein Polizist ein 22 Monate altes Kleinkind vorm Ersticken gerettet.