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Österreichs UFOs und ihre Forscher

Wir haben Mario Rank, Österreichs bekanntesten UFOlogen, getroffen und mit ihm ein UFO-Symposium in Wien besucht. Über Drohnen, die Kornkreise überwachen und geheime Botschaften auf dem Goldenen Dachl.
Foto vom Reinhard Habeck

Nein, ich werde diesen Artikel nicht mit einem Akte X-Zitat beginnen. Ich glaube sowieso, dass sich Agent Mulder keine Neuauflage der Serie verdient hat und es ihm als kiffenden, vögelnden, saufenden Poeten in Californication viel besser ging. Aber egal.

Ich stand der ganzen UFO-Thematik schon immer kritisch gegenüber. Immer wenn ich den Begriff „UFO-Forschung" hörte, kamen mir unweigerlich Bilder von fetten, Pizza in sich hineinstopfenden Videothekenbesitzern in den Kopf, die sich im Blickwinkel ihres "I Want to Believe"-Posters auf Agent Scully von Akte X einen runterholen (wozu es übrigens eine sehr schöne Akte X-Folge namens „Jose Chungs From Outer Space" gibt).

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Damit ihr mich nicht falsch versteht: Im Grunde mag ich Science-Fiction. Die Vorstellung, dass da draußen vielleicht doch etwas ist, finde ich aufregend, aber das ist, wie das Wort schon sagt, wissenschaftliche Fiktion. Dem gegenüber steht eine relativ breite Masse von Menschen, die fest an die Existenz von außerirdischen Lebensformen (und noch dazu in der Form, wie wir sie in Serien und Filmen serviert bekommen) glauben. Einige gehen so weit, ernsthaft UFO-Forschung zu betreiben—oder das zumindest zu behaupten, denn eine anerkannte Wissenschaft ist UFO-Forschung nicht.

Ein derartiger Verein ist die DEGUFO, die deutschsprachige Gesellschaft für UFO-Forschung in Wien. Der Verein beschäftigt sich mit allem, was irgendwie paranormal oder übernatürlich daherkommt. Das bekannteste Gesicht und Aushängeschild der DEGUFO ist Mario Rank. Der Gründer und Regionalleiter des UFO-Vereins geistert immer wieder durch die regionalen und überregionalen Medien. Im gespräch erklärt er mir, dass er mittlerweile er an mehreren Fernsehsendungen arbeiten würde, die er aktuell für einen großen österreichischen Sender produziert.

Es ist ein schöner, sonniger Wiener Dienstagmorgen, als ich mich mit Mario Rank treffe. Der freundliche Herr mit Bart ist der bekannteste UFO-Forscher Wiens, wenn nicht sogar Österreichs. Wir treffen uns in einem Wiener Café im 5. Bezirk. Rank entschuldigt sein Auftreten—er sei die ganze Nacht bei einem Meeting mit einem Experten aus Deutschland gewesen.

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Was seine Arbeit angeht, so würde er immer streng wissenschaftlich vorgehen, erzählt er. Dass nur eine DEGUFO-Mitarbeiterin über einen akademischen Titel verfügt, stört ihn dabei nicht. Er betont immer wieder, dass es bei seiner UFO-Forschung nicht um kleine, grüne Männchen gehe. Dieses Bild wäre uns von den Medien über den letzten Jahrzehnten indoktriniert worden. Die meisten Phänomene seien terrestrischen Ursprungs. 98 Prozent der Sichtungen seien Wettererscheinungen oder Flugzeuge. Es sind aber die anderen 2 Prozent, für die sich die DEGUFO interessieren würde.

Rank bietet sogar eine Hotline an, wo sich Menschen 24 Stunden am Tag melden können, die ein UFO gesehen haben wollen. Dabei kommt es nicht selten zu Scherzanrufen und Missverständnissen. Er lächelt mich an und sagt: „Dieses Café habe ich ganz bewusst gewählt. Ich wurde einmal hierher gerufen, weil ein Anwohner angeblich ein UFO gesehen hatte. Nach einiger Zeit hat sich aber herausgestellt, dass es eine Lichterkette und der Rauch vom Abzug einer Brauerei war. Solche Sachen kommen nun mal vor." Daran sei auch nichts Verwerfliches—Missverständnisse passieren nun mal.

Immer wieder macht sich Rank selbst über seine Arbeit lustig und reist damit seine eigene, seriöse Fassade ein, die er so hart versucht aufrechtzuerhalten. In einem Moment erzählt er mir von der Seriosität seiner Arbeit und im nächsten meint er: „Die Thematik zieht schon wirklich auch viele Verrückte an."

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Nichtsdestotrotz sei es ihm ein Anliegen, dass sich die Menschen bewusst werden, was um sie herum und in ihrer Umwelt wirklich geschieht. Sein nächstes großes Projekt ist das Lüften des Kornkreise-Phänomens. Seine Pläne gehen dabei von Satelliten bis hin zu Drohnen, die über mehrere Kilometer dauerhaft Getreidefelder im Auge behalten sollen. Finanzieren will er das Vorhaben über Crowdfunding. Dass das Geheimnis der Kornkreise—genau wie jenes rund um das Monster von Loch Ness—von den ersten Machern selbst längst als Scherz aufgelöst wurde , spielt für ihn anscheinend keine Rolle.

Ich frage ihn, ob er die Arbeit des Geldes wegen macht. „Nein, meine Arbeit bei der DEGUFO ist rein ehrenamtlich", sagt er. Es sei sogar sehr schwer, das Ganze zu finanzieren. Wirkliche Einkommensquellen bieten da nur Bücher und Veranstaltungen, die sofort wieder in die DEGUFO fließen würden.

Um mir die Ergebnisse seiner Arbeit selbst anzusehen, besuchte ich im Rahmen der Recherche das UFO-Symposium im Wiener Ateliertheater mit dem Namen „Rätselhaftes Österreich", das Mario Rank mit organisiert. Ich wollte mich in Vorträgen von eindeutigen Beweisen und schlüssigen Argumenten überzeugen lassen. Verschiedene Experten präsentierten ihre Bücher und Thesen vor fast völlig geneigtem und nicht besonders kritischem Publikum (sofern man Kritik gegenüber den Verschwörungen meint—Kritik gegenüber den „Massenmedien" gab es natürlich zuhauf).

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Ein Vortrag vom angekündigten „Bestseller-Autor" Reinhard Habeck fasste die Stimmung und Richtung der Veranstaltung ganz gut zusammen. Habeck stellte seine Buchreihe „… die es nicht geben dürfte" aus dem KOPP-Verlag vor—jenem Haus, bei dem seit 2008 Udo Ulfkotte über „gekaufte Journalisten" schreibt und das sich gegen Zwangsimpfungen, Klimawandel und muslimische Flüchtlinge, aber für den Gold-Standard, Chemtrails und Russland ausspricht.

Der alte Kinosaal war gefüllt mit Menschen aller Altersgruppen und Herkunftsländer. Habeck berichtete detailliert von Botschaften, die es auf dem Goldenen Dachl in Innsbruck geben soll und spirituellen Steinzeitgraffitis, die man angeblich auf irgendwelchen Steinwenden in Österreich findet. Belege dafür gab es—wie für fast alles, was der KOPP-Verlag im Tonfall klassischer Medien, aber ohne ihre Quellenüberprüfung bei sich veröffentlicht—keine, außer man lässt auf sich selbst verweisende Anekdoten und nichtbeweisbare Aussagen durchgehen, an die man schon wirklich glauben muss.

Was mich auch wieder zu Akte X und Mulders „I want to believe"-Poster bringt. Genau wie die Serie wirkt auch die Botschaft und vieles von dem, was die Kongresse und Symposien zum Thema UFO-Forschung hergeben, irgendwie nicht mehr zeitgemäß. Im Internet-Zeitalter sind viele der Thesen, die in den 90ern noch unhinterfragt als halbernstgemeinte Glaubensbekenntnisse von UFOlogen durchgegangen sind, viel zu leicht zu überprüfen und zu entkräften. Nicht umsonst sind viele der Leute, die immer noch die Artikel des KOPP-Verlags und ähnlicher Verschwörungsseiten teilen, entweder zu alt oder auf andere Art zu weit weg von der heute üblichen Medienkompetenz, mit der man in wenigen Klicks vereinfachte Weltbilder wie die der Verschwörungsgläubigen anhand konkreter Fakten zerlegen kann.

Trotzdem boomt die Branche. Möglicherweise steckt neben dem Kitzel, verbotenes Wissen zu entdecken, und der Bedeutung, die man selbst auf einmal bekommt, wenn man zu den wenigen Eingeweihten zählt, auch die Hoffnung auf eine bessere Welt dahinter. Insofern ist die Faszination für derartige Themen auch mehr als verständlich. Trotzdem konnte ich den „UFO-Forschern" das reine Interesse an der Sache nicht abnehmen. Der ökonomische Aspekt solcher Veranstaltungen, bei denen Bücher gegen vermeintlich instabile Währung getauscht werden, lässt sich jedenfalls nicht ignorieren.


Fotos vom Autor. Titelbild mit freundlicher Genehmigung von Reinhard Habeck.