FYI.

This story is over 5 years old.

Stuff

In diesem Dorf in Panama hatten Hitler und Lenin eine Beziehung

Die Bewohner von La Villa de Los Santos geben ihren Kindern die Namen von Diktatoren, damit sie deren Macht erben. Ein Mann namens Hitler hat uns diese grenzwertige Tradition erklärt.

Hitler in Washington

Hitler Cigarruista ist der Geschäftsführer von The Capital, der größten Finanzzeitung von Panama. Außerdem heißt er Hitler, was unter anderem damit zu tun hat, dass er in einem Dorf namens La Villa de Los Santos geboren wurde, wo Eltern ihren Kindern gerne die Namen von grausamen Diktatoren geben.

Früher waren eher die Klassiker wie Caesar Augustus oder Julius Caesar beliebt, aber irgendwann wurden sie von den modernen Galeonsfiguren von Krieg und Zerstörung verdrängt, und die Leute fingen an, ihren Kindern Namen wie Hitler, Lenin, Fidel oder Stalin zu geben.

Anzeige

Ich habe Hitler in seinem Büro besucht, um über diese Tradition zu sprechen.

VICE: Hallo Hitler. Also, wie hat diese Namensgebung in deinem Heimatdorf angefangen?
Hitler: Ich weiß es nicht wirklich. Traditionell wurden die Leute nach dem Heiligen benannt, an dessen Tag sie geboren wurden. Ich glaube die Idee war, wenn man nach diesen großen Menschen benannt wird, wird man irgendwie ihre Eigenschaften erben und Erfolg haben. Und ich schätze, man konnte so auch seine politische oder ideologische Neigung demonstrieren.

In Los Santos gibt es ein gewisses Maß an Rassismus—obwohl viele unserer Traditionen und Volkstänze afrikanische Wurzeln haben—und der wird durch Namen wie Hitler ausgedrückt. Der beste Freund meines Vaters zum Beispiel war Mitglied der Kommunistischen Partei, der hat seine Tochter Lenia [Lenin] genannt—wir waren sogar mal zusammen. Unsere Beziehung hat nicht funktioniert, aber wir sind immer noch gute Freunde.

Hitler mit ein paar Bananen

Hat es Auswirkungen auf dein Leben, dass du Hitler heißt?
Es war nicht einfach, Hitler zu heißen. Jeder, der mich zum ersten Mal trifft, sagt mir dasselbe: „Hoffentlich bist du nicht so schlimm wie der deutsche Hitler!“

Ich kann mich nicht erinnern, als Kind irgendwelche Probleme gehabt zu haben. Die Leute haben Witze darüber gemacht oder meinen Vater kritisiert, aber ich habe das erst gemerkt, als ich acht Jahre alt war und getauft wurde. Der Priester weigerte sich, mich auf Hitler zu taufen und verlangte, dass davor ein christlicher Name stehen solle. Weil mein Vater das nicht akzeptiert hat, hat der Priester den Namen José gewählt, also ist mein Taufname José Hitler Cigarruista.

Anzeige

In der Grundschule war meine Hauptbeschäftigung neben der Schule Sport—ich habe Gymnastik gemacht und wurde nationaler Champion in der Kinderkategorie, dann Junior-Nationaltrainer und Nationaltrainer. Namen waren in dieser Welt nicht wichtig. Aber die ideologische Sicht meines Vaters wurde deutlich, als ich ein Sport-Stipendium für Gymnastik auf Kuba bekam und mein Vater es ablehnte—er meinte, wenn ich nach Kuba reise, könnte ich am Ende Kommunist werden.

Also war dein Vater ein Faschist?
Mein Vater sagte immer, er hätte den Namen gewählt, um den Leuten zu zeigen, dass es jemanden mit dem Namen Hitler geben könne, der ein guter Mensch ist. Ich habe ihn oft sagen hören, dass die Welt ein besserer Ort wäre, wenn die Deutschen den Krieg gewonnen hätten, weil es dann „Ordnung und Disziplin“ gäbe.

Der Ärger fing an, als ich begann, mich für Politik zu interessieren. Ich habe an Panamas Nationalinstitut studiert, das „Adlerhorst“ genannt wurde, weil es pausenlos für die nationale Souveränität kämpfte. Aus Protest dagegen wurde ich Mitglied einer ziemlich radikalen linken Studentenorganisation. Meine Bildung und mein Denken entwickelten sich schnell, und ich wurde bald ein Führer. Die Organisation hieß Movimiento Estudiantil Revolucionario (Revolutionäre Studentenbewegung).

Du hast erwähnt, dass die meisten digitalen Plattformen dich nicht deinen echten Namen benutzen lassen. Hast du jemals versucht, dagegen Beschwerde einzulegen, oder hast du einfach aufgegeben?
Das stimmt. Auf Google zum Beispiel kann ich meinen richtigen Namen nicht schreiben, ich muss da José oder Carlos benutzen, die ich auch normalerweise nutze, wenn ich mich vorstelle. In meiner Zeitung steht aber mein richtiger Namen—Hitler Cigarruista.

Es gibt noch ein paar andere Leute aus deinem Dorf, die Hitler heissen, und andere heissen Stalin. Verstehen die sich gut?
Sie sind die besten Freunde. Es gibt keinen Konflikt zwischen Coca-Cola und Pepsi oder Nero und Caligula in La Villa de Los Santos—alle kommen miteinander aus.

Wissen die Leute, was ihre Namen bedeuten? Oder halten sie das einfach für normal?Sie wissen es schon, aber sie halten es mittlerweile auch für normal. Sie machen sich nicht wirklich Sorgen oder schämen sich deswegen.

Großartig. Danke, Hitler!