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Essen

Eine Tour durch Berlins am schlechtesten bewertete Restaurants

Wir haben in Berlins Restaurants mit den schlechtesten Bewertungen gegessen, damit ihr das nicht tun müsst.

Essengehen macht ja normalerweise Spaß. Nicht zuletzt, weil man sich bedienen lassen kann und sein Abendessen zur Abwechslung mal nicht aus fragwürdigen Kühlschrankresten zusammenbauen muss. Wenn aber die Bedienung im Restaurant so sehr in Privatgespräche vertieft ist, dass sie genauso gut nach Hause gegangen sein könnte, und das Essen ungefähr so aussieht, als hättest du es aus deinem Tiefkühlfach herausgefischt und aufgetaut, dann macht das Ganze schon weniger spaß.

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Ich machte mich also mithilfe von Yelp, TripAdvisor und Qype auf die Suche nach den schlimmsten Restaurants Berlins, um zu schauen, ob es dort genauso abläuft. Das ist gar nicht so einfach, wenn man bedenkt, dass auch die aller schlechtesten Bewertungen meist von vereinzelten Lobliedern relativiert werden. Ich orientierte mich also jeweils an der Anzahl und der Aktualität jener schlechten Bewertungen und stellte eine kurze Liste zusammen. Nach einem verwirrten, „warum zum Teufel tust du das?", erklärten sich mein Freund und mein Bruder bereit, mich zu begleiten. Und dann ging es los.

Tunas (mexikanisch)

Seit Juni letzten Jahres gibt es das mexikanische Steakhaus Tunas in Neukölln. Als wir reingehen, bemerke ich zunächst einen leicht muffigen Geruch, aber der freundliche Kellner lenkt uns schnell zu einem Tisch am Fenster, bevor ich mir weitere Gedanken darüber machen kann. Sobald wir uns hinsetzen, habe ich das Gefühl, wir seien im mexikanischen Nationalmuseum gelandet: Überall mexikanische Flaggen, Retro Maya Wandbemalung und Reggaeton-Musik. Für das Tropical-Island-Flair sorgen Plastikpalmen mit Lichterketten.

Die Speisekarte bietet das übliche TexMex Angebot: Burritos, Fajitas, Nachos, usw. Wir entscheiden uns für ein ausgefalleneres Gericht: Hühnchen mit „Mole" Soße—eine typisch mexikanische Chilisoße mit Schokolade.

Handgestoppte sieben Minuten später ist das Essen auch schon da. Die Beilagen (Minisalat mit Mayonnaise-Dressing und verkochter Reis) sind unspektakulär und die Konsistenz des Hühnchens fast gummiartig. Der wirkliche Star ist aber die Soße, die für mich nach Kondensmilch mit Erdnussbutter und für meinen Freund nach „ranzigem, ein-jahr-stehengelassenen Kakao" schmeckt. Dafür sind die Cocktails gut. Während wir im Essen rumstochern, beobachte ich die Kellner, die hinter der Bar stehen und auf einer Sprache, die garantiert nicht Spanisch ist, plaudern. Zuletzt mache ich noch den obligatorischen Toilettencheck, wo beim Öffnen der Tür gleich der Verriegelungshaken von der Türe fällt.

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Lin's Mandarin 2 (chinesisch)

Als nächstes geht es zu Lin's Mandarin 2—dem Ableger des (laut Yelp-Bewertungen) besseren Originalrestaurants am Spandauer Damm. Unweit vom Kurfürstendamm entfernt liegt Lin's Mandarin 2 leicht versteckt in einem Hinterhof. Es ist schon 20 Uhr und damit Abendessen-Prime-Time, aber die Anzahl an Gästen entspricht ungefähr der Anzahl des Personals. Mit einer unglaublichen Lässigkeit führt uns der Kellner an einen Tisch und geht wieder. Erklärt wird uns das System des Ladens nicht: Ein China-Buffet mit den Optionen „Dinner-Buffet" (9,90 Euro) und „Grill-Buffet" (15,90 Euro).

Ich nehme das Grill-Buffet und habe somit Zugang zum allgemeinen Buffet und zum Live-Cooking-Grill, was sich spektakulärer anhört, als es ist. Dort stelle ich mir einen Teller aus verschiedenen rohen Gemüse- und Fleischsorten zusammen, die dann von einem Koch, der scheinbar schon am Ende seiner Kräfte ist, gegrillt werden. Nicht an alle Fleischsorten traue ich mich ran. Vor allem die Meeresfrüchte sehen aus, als lägen sie schon eine sehr lange Weile da. Neben dem Rohbuffet ist eine Reihe kleiner Glasschalen mit bräunlicher Flüssigkeit aufgestellt, die ich natürlich prompt für die dazugehörige Soße halte, bis der Kellner mir das Schälchen aus der Hand reist und sagt, dass es sich hier nicht um Soße, sondern um Pudding handelt. Er murmelt verlegen, dass er vergessen hat, den Pudding in den Kühlschrank zu stellen und bringt das Tablett mit den Schälchen schnell weg.

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Mein gegrilltes Gericht schmeckt schließlich ganz gut. Die Speisen aus dem Dinner-Buffet hingegen sind ein einheitlicher Matsch und schmecken alle gleich. Alles erinnert mehr an eine Kantine als an ein Restaurant—genau richtig für die Schulklasse, die hereinströmt und sich über das Buffet hermacht, als wir gerade aufstehen, um zu gehen.

Romiosini (griechisch)

Romiosini gibt es dreimal in Berlin. Wir gehen zu dem mit den schlechtesten Bewertungen (in Spandau). Wir haben das „Glück", pünktlich zur 30-jährigen Jubiläumsaktion (die übrigens noch bis zum 15.11 geht, falls jemand Interesse hat) essen zu gehen. Das bedeutet: 50 Prozent Rabatt auf fast alle Gerichte. Leider schlägt sich der Preis im Essen nieder. Wir bestellen und bekommen zunächst die falsche Vorspeise.

Die müde aussehende Kellnerin entschuldigt sich, wonach wir uns entscheiden, die falsche Vorspeise einfach zu behalten—wir sind ja neugierig, was das für eine neon-pinke Creme ist. Sie erklärt uns, dass es sich um Tarama-Creme handelt—eine Mayonnaise aus Fischrogen. Die Creme, die mit einem vertrockneten Stück Gurke garniert ist, kann ich nicht beurteilen, da ich keinen Vergleich habe, aber hier der O-Ton meines Bruders: „Das sieht aus und schmeckt wie etwas, das vor Kurzem noch am Leben gewesen ist und dann in einem Mixer püriert wurde."

Die Hauptspeisen sind nicht viel besser: verkochte Rigatoni, die in Sahnesoße schwimmen und Pizza mit ein Paar ausgetrockneten, faserigen Gyrosfleischstücken drauf. Während mein Bruder auf die Rechnung wartet und sich mithilfe der mit Vokabeln bedruckten Servietten ein paar Brocken Griechisch beibringt, gehe ich aufs Klo. Dort steht direkt ein weit offener, kotzgrüner Putzschrank … falls man selber nochmal nachputzen möchte.

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Ferri's Ristorante Trattoria (italienisch)

Beim letzten Stopp unserer kleinen Tour sind wir schon ziemlich entnervt. Ferri's ist für uns ein klarer Fall: Eine überteuerte Touristenfalle, die ihre Preise durch die Lage rechtfertigt (am Ku'Damm). Die Inneneinrichtung ist bei Weitem die hochwertigste von allen Restaurants, bei denen wir bisher waren. Der Kellner ist dafür kompromisslos unaufmerksam und führt die gesamte Zeit ein Privatgespräch mit einem Typen, der ihn anscheinend auf der Arbeit besuchen gekommen ist.

Mein Essen, das nach gefühlten 30 Sekunden schon da ist, besteht aus der salzigsten Suppe, die ich je gegessen habe, und einer Bruschetta, bei der die Brotscheiben innerhalb kürzester Zeit so durchnässt sind, dass sie den Tomaten nicht mehr standhalten.

Auf den zweiten Blick ist das Dekor doch nicht so elegant. Hinter uns an der Wand hängt ein Bilderrahmen, bei dem man sich offensichtlich nicht mal die Mühe gemacht hat, das Vorschaubild durch ein richtiges zu ersetzen. Am Ende ist das Erstklassigste an diesem Restaurant wohl der Dyson-Händetrockner in der Toilette.

Fazit: Alles in allem meckert man in Berlins kulinarischer Landschaft auf hohem Niveau, aber nach dieser Erfahrung stehe ich den Resten in meinem Kühlschrank schon viel positiver gegenüber.