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Menschenrechte eine Frage des Lebensstils? Watzkes unsinnige Dubai-Logik

Das Trainingslager in Dubai ist für Watzke eine reine „Geschäftsbeziehung". Der BVB will sich damit aus politischen Debatten heraushalten. Dabei ist die Wischiwaschi-Taktik des Vereins eine politische Aussage.
Foto: imago

Während Borussia Dortmund im Trainingslager in Dubai verweilt, sieht sich der Verein immer wieder Kritik wegen der dortigen Menschenrechtslage ausgesetzt. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke verteidigte die Entscheidung heute in der WAZ erneut: „Wir haben keine bestehenden Machtverhältnisse hofiert und müssen aufpassen, nicht den Fehler zu machen, unseren Lebensstil als Maßstab für alle anderen zu setzen." Sind Menschenrechte jedoch eine Frage des Lebensstils? Nein.

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#Watzke: "Unseren Lebensstil nicht als Maßstab für alle anderensetzen." Achtung der Menschenrechte ist jetzt also Lifestyle? #BVB #Dubai
— Melanie Meyer (@itsmemeyer) 12. Januar 2016

Watzke ist ein Pragmatiker, der sagt, was er denkt. Die Vereinsinteressen stehen für ihn an oberster Stelle. Ein Trainingslager in Dubai macht für den BVB sowohl sportlich als auch finanziell absolut Sinn. Laut Dortmunds Geschäftsführer seien die Trainingsbedingungen auf dem „NAS Sports Complex" von Scheich Hamdan bin Muhammad Al Maktum, dem Erbprinzen des Emirats, wesentlich besser als zum Beispiel im spanischen La Manga, wo der Klub in den vergangenen Jahren im Winter trainierte. Die Vereinskasse scheint auch bessere Bedingungen vorzufinden: Das Trainingslager, das laut BVB „mit freundlicher Unterstützung von Dubai Tourism zustande kam", ist wohl so gut gesponsert, dass sich der BVB auch sicherlich für den finanziell lukrativeren Standort entschied. In Dubai gibt es wesentlich potentere Geschäftspartner und mögliche Sponsoren als etwa in Portugal oder Spanien. Nicht umsonst investieren der deutsche Staat und hiesige Unternehmen seit Jahren im Wüstenstaat und halten enge wirtschaftliche Kontakte nach Dubai.

Watzke wusste aber auch: Ein Testspiel in Staaten wie Saudi Arabien würde einen Shitstorm geben. So hieß es auf der BVB-Website:

Trotz lukrativer Angebote hat der BVB übrigens mehrere Testspiel-Offerten aus Ländern ausgeschlagen, in denen die Menschenrechts-Situation nicht mit den Maßstäben von Borussia Dortmund in Einklang zu bringen bzw. eine offene Diskussion über das Thema Menschenrechte nicht möglich ist.

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Dubai hingegen schien ein perfekter Ort für das Winter-Trainingslager von Borussia Dortmund zu sein. Dabei hätte ihm klar sein müssen—und war es bestimmt auch—, dass eine Entscheidung pro Dubai viele Kritiker auf den Plan rufen würde. In dem Wüstenstaat werden unter anderem die Rechte von Frauen massiv eingeschränkt, Homosexualität ist gesetzlich verboten und trotz jeder Menge Geld wurden keine Kriegsflüchtlinge aus Syrien oder dem Irak aufgenommen. „Ich kann verstehen, dass die Reise von der Politik hinterfragt wird. Wir wissen, dass das Land keine lupenreine Demokratie ist. Für uns ist es eine reine Geschäftsbeziehung, wir bezahlen das und dann hauen wir wieder ab", erklärte der 56-Jährige, der mit seinem Verein seit Sonntag in Dubai weilt. Das ist aber zu einfach gedacht. Nur, weil in Dubai andere Vorstellungen zu Menschenrechten herrschen, kann der BVB diese nicht so einfach ausblenden. Der Verein ist Vorbild für Millionen von Fans und wie Grünen-Politikerin Claudia Roth schon sagte, „sind die Menschenrechte universelle Rechte, die in jeder Kultur gelten".

"Wir wollten keine politische Aussage treffen" ist übrigens eine politische Aussage, @BVB. #Watzke
— Stefan (@Surfin_Bird) 12. Januar 2016

Mit seinen Aussagen wollte sich der BVB-Boss aber eigentlich von politischen Debatten distanzieren. „Wir wollten keine politische Aussage treffen. Natürlich können wir krasse Fälle ausschließen, wir würden nie nach Nordkorea reisen", erklärte er. Den Kritikern aus Fanszene und Politik gab er dabei auch einen mit. „Wir sollten nicht zu viel heucheln", erklärte Watzke etwa den Ruhrnachrichten. Dabei heuchelt der BVB selbst munter mit und ist eben doch politisch.

Auch wenn manche BVB-Fans das Schweigen des Vereins begrüßen, muss der Klub seine Scheinheiligkeit überdenken. Statt eine Wischiwaschi-Taktik zu verfolgen, sollte der Verein nach dem Ganz-oder-gar-nicht-Prinzip handeln. Entweder der Verein trainiert in Dubai und gibt—trotz möglichem Imageschaden—offen zu, dass er sich für die dortige politische Lage nicht interessiert und nur die eigenen sportlichen und finanziellen Interessen verfolgt. Oder: Der BVB fährt wieder in Länder wie Spanien, Portugal oder die USA, wo auch andere deutsche Teams verweilen. Dann kann der Verein die Menschenrechte am ehesten mit den eigenen Maßstäben in Einklang bringen. Ganz ohne Heuchelei.

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