Atemberaubende Bilder zeigen Umweltverschmutzung durch verlassene Militärbasis
Bild: Ken Bower

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Atemberaubende Bilder zeigen Umweltverschmutzung durch verlassene Militärbasis

Seit fast 70 Jahren verschmutzen die Überreste des US-Militärstützpunkts eines der unberührtesten Gebiete der Welt. Der New Yorker Fotograf Ken Bower ist an den verlassenen Ort gereist, um die Zerstörung der Natur zu dokumentieren.

Es gibt weltweit so einige verlassene ehemalige US-Militärstützpunkte, doch Bluie East Two in Grönland ist wohl das eindrucksvollste Camp, das je inmitten der Wildnis zurückgelassen wurde.

„Bluie" (der Codename für Grönland) East Two wurde 1941 von den USA als Luftwaffenstützpunkt errichtet, um Grönland während des Zweiten Weltkriegs vor einer möglichen deutschen Invasion verteidigen zu können. Doch bereits 1947 verwarf man es als strategisch wichtigen Punkt und ließ alles stehen und liegen. Zurück blieben Tausende voller Benzinfässer und etliche Gebäude mit giftigen Asbestdächern und -rohrleitungen.

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Seit nunmehr fast 70 Jahren verschmutzen die Überreste des Stützpunkts eines der unberührtesten und abgelegensten Gebiete der Welt. Der New Yorker Fotograf Ken Bower ist im vergangenen Jahr an den verlassenen Ort gereist, um die Zerstörung der Natur zu dokumentieren. Die Regierung der USA habe bis heute keinerlei Anstrengungen unternommen, den Stützpunkt aufzuräumen, so Bower, obwohl die US-amerikanische Küstenwache sich 2013 in der Region auf die Suche nach einem Flugzeug begeben hatte, das während des Kriegs von den Radaren verschwunden war. Motherboard hat sich mit dem Fotografen über seine Reisen auf die abgelegene Insel unterhalten:

Motherboard: Wie bist du auf Bluie East Two aufmerksam geworden? Bist du davor schon mal in Grönland gewesen?

Ken Bower: Ich bin durch meine Forschung über den arktischen und subarktischen Raum auf Bluie East Two gestossen. In diesen Regionen suche ich immer nach Schauplätzen für neue Projekte. Ich bin nur zwei Mal in Grönland gewesen; einmal 2014 und dann nochmal 2015. Auf jeder Reise habe ich jeweils drei bis vier Wochen in Grönland verbracht.

Bild: Ken Bower

Wie hast du von dem Spitznamen des Stützpunktes, „American Flowers", erfahren?

Einer der Einheimischen aus dem Dorf [Kulusuk] hat mir davon erzählt. Aus einer gewissen Entfernung sehen die verrosteten Fässer tatsächlich wie Blumenbeete aus, wenn die Sonne darauf scheint. Nähert man sich dem Stützpunkt jedoch, wird einem schnell klar, dass das hier absolut nichts mit Blumen zu tun hat.

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Bild: Ken Bower

Wie war es dort? Wie abgelegen ist der Ort? Wer hat dir geholfen?

Das Lager ist ein bizarrer, trauriger Ort. Grönland hat ansonsten eine so unberührte Umwelt, dass es wirklich erschütternd ist, so schöne Landschaften zu sehen, die mit etwa 10.000 Benzinfässern und anderen verrosteten Überbleibseln übersät sind.

Der Stützpunkt ist extrem abgelegen. Einer meiner Freunde, der in Kulusuk wohnt, hat mich auf seinem Boot dorthin gebracht. 2015 kam ich dann schon zu Beginn des Jahres nach Grönland zurück, um noch im Schnee fotografieren zu können.

Ich wollte den Schnee als Kontrast zwischen dem Land und den verrosteten Überresten des Stützpunktes. In den Fjorden war auch noch sehr viel Eis, und ich war mir zu Beginn nicht sicher, ob ich überhaupt zum Stützpunkt gelangen würde. Wir haben es in drei Tagen sechs Mal versucht, und beim zweiten Mal haben wir fast acht Stunden damit verbracht, nach einem Weg zu suchen. Manchmal haben wir sogar das Boot aus 55-Zentimeter dickem, glasfaserverstärktem Kunststoff über das Eis auf die andere Seite geschoben, um auf offenes Wasser zu gelangen.

Bild: Ken Bower

Wie lange hast du dort gezeltet?

2014 habe ich zwei Tage lang gezeltet. 2015 wollte ich eigentlich fünf Tage an dem Stützpunkt bleiben, doch wegen der eisigen Wetterbedingungen konnte ich erst am achten Tag wieder abgeholt werden. Der Fjord war am fünften Tag total mit Eis verstopft und ich wusste, dass mich niemand abholen könnte. Ich packte also nicht mal meine Sachen zusammen. Mir war klar, dass es wahrscheinlich noch einige Tage dauern würde.

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Ich hatte aber Essensvorräte für ungefähr zwei Wochen dabei und war darauf vorbereitet, im Notfall länger zu bleiben. Man findet dort recht leicht etwas zu essen; bei Ebbe kann man Muscheln sammeln und fischen. Trinkwasser habe ich mir immer aus einem Gletscherfluss in der Nähe geholt.

Am achten Tag hörte ich dann zwei Boote, die sich aus dem Norden näherten. Eins ging vor Anker, doch der Fahrer sprach kein Englisch. Er kannte aber meinen Namen und winkte mich zu sich herüber. Auf seinem Handy zeigte er mir folgende Nachricht von meinem Freund: „Ken, wir versuchen seit mehreren Tagen, dich abzuholen, aber es ist zu viel Eis im Fjord. Fahr mit meinem Onkel mit, er wird dich in den Süden bringen." So sprang ich also ins Boot und er fuhr mich Richtung Süden, wo wir auf halber Strecke des verstopften Fjords meinen Freund trafen. Ich fuhr mit ihm. mit und schließlich schafften wir es zurück nach Kulusuk.

Bild: Ken Bower

Hat dich etwas in der Region erstaunt?

Kurz nachdem ich eines der Bilder aufgenommen hatte, klärte sich der Himmel auf und die Temperatur stieg schnell um 15-20 Grad an. Der Tag wurde zu einem der wärmsten meiner Reise, es war knapp 15 Grad warm. Nach 30-45 Minuten hörte ich dann eine Art Trommelschlag, der sich alle paar Minuten wiederholte. Das Benzin in den Fässern hatte sich aufgrund der Wärme ausgedehnt und die Deckel beulten sich aus, daher die lauten Töne. Da wurde mir klar, dass es wahrscheinlich doch einige Fässer mehr gibt, als ich zunächst angenommen hatte. Ich war außerdem entsetzt, so viele Asbest-Schindeln und Rohrisolierungen aus Asbest zu sehen. Damals war Asbest ein sehr beliebtes Baumaterial gewesen—jetzt häuft sich das zerbröckelte Material zusammen mit dem Schutt der eingestürzten Gebäude, in denen einst die Soldaten gewohnt haben, und vergiftet die Umwelt.

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Bild: Ken Bower

Hat der Klimawandel einen Einfluss auf den Stützpunkt gehabt?Sind wegen der Umweltveränderungen jetzt mehr Fässer zu sehen als früher?

Der Klimawandel hat auf den Stützpunkt selbst keinen Einfluss. Die Einheimischen haben aber davon berichtet, dass sie Veränderungen in ihrer Region wahrnehmen. Die Jagdsaison auf dem Eis hat sich wegen des Klimawandels verkürzt. Es werden auch nur wenige Waren importiert und sie sind sehr teuer. Die Menschen vor Ort sind also in großen Teilen von der Jagd und dem Fischen abhängig.

Bild: Ken Bower

Warum wolltest du ausgerechnet in diesem Ort fotografieren? Wo hast du bisher schon fotografiert?

Ich habe mich schon immer für Orte im fernen Norden interessiert, wo Licht, Land und Meer aufeinander treffen. Ich wollte aber ein Projekt machen, das ein richtiges Ziel verfolgt. Als ich auf Bluie East Two gestossen bin, war ich ziemlich überrascht, dass noch niemand über den Stützpunkt berichtet hat. Je mehr ich darüber nachforschte, desto klarer wurde mir, dass ich dorthin wollte. Die meisten meiner bisherigen Foto-Projekte haben in arktischen, subarktischen und nordischen Regionen stattgefunden. Im September werde ich fünf Wochen in einer Künstlerresidenz verbringen und weiter an meinem Projekt über die nordische Kultur arbeiten.